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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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ohnehin nur scherzte.
    »Tja«, nickte er, »fast ein ganzes Schuljahr erlassen zu bekommen wäre vermutlich wirklich ein bisschen zu viel verlangt, auch wenn es definitiv ein ziemlicher Schreck gewesen ist, nicht wahr? Aber dank dir wird es ja zumindest in Deutsch bald ein paar sehr nützliche Hilfestellungen geben.« Sein Blick glitt anzüglich über ihr Gesicht, und Jessica Mahler hätte ihm am liebsten mitten in seine selbstzufriedene Fresse gespuckt. »Hast du übrigens schon das mit dem Lehrerzimmer gehört?«
    »Was meinst du?«
    »Dass Nik explizit nach deiner Tante gefragt haben soll, bevor er zu euch in den dritten Stock raufgekommen ist.«
    »Sie ist nicht meine Tante.«
    »Okay, dann eben nach der Freundin von deiner Mum, wenn dir das lieber ist.« Er machte einen Schritt rückwärts und ließ sich auf die lederne Couch fallen. Jetzt, da er sein Ziel erreicht hatte, stand ihm der Sinn ganz offenbar nach ein wenig unverfänglicher Konversation. »Hast du irgendeine Ahnung, warum sie nicht da war?«
    »Wo?«
    »Im Lehrerzimmer.« Er verdrehte die Augen. »Wo sie immer war.«
    Jessica Mahler stöhnte. Sie hatte keine Lust, sich mit diesem Idioten zu unterhalten. Sie wollte nur weg hier. Nach Hause. An einen Ort, an dem sie in Ruhe nachdenken konnte. Pläne schmieden. Einen Ausweg aus diesem Dilemma finden. »Woher willst du wissen, dass sie immer im Lehrerzimmer gewesen ist?«
    »Wo sollte sie denn sonst sein, in ihrer Freistunde?« Steven Höhmann grinste. »Ich meine, diese Lehrer sind doch alle komplett phantasielos, oder? Und dienstags hat sie doch auch anschließend noch die Theater-AG.«
    Himmel, dieser Kerl wusste verdammt gut Bescheid! Weit besser als sie selbst.
    »Also noch mal: Wieso war Tante Karen nicht im Lehrerzimmer, als Nikolas dort aufgekreuzt ist, um seine Rache zu vollziehen?« Er sah sie an, und bei aller Beiläufigkeit, mit der er vor sich hin plauderte, hatte Jessica Mahler auf einmal das Gefühl, dass er auch ein konkretes Ziel verfolgte. Dass er sie nicht ohne Grund aushorchte. Dass er etwas wissen wollte, etwas, das ihn ganz offenbar brennend interessierte. Aber warum? Warum, verdammt? »Komm schon, du musst doch irgendwas wissen«, drängte er. »Die Ringstorff hat doch bestimmt schon mit deiner Mutter über diese ganze Sache gesprochen und …«
    Sie runzelte die Stirn. »Soweit ich weiß, gab’s irgendeinen Notfall, wegen dem sie wegmusste.«
    »Ein Notfall?«
    »Jemand hatte sich geschnitten oder so. Und die Wunde musste verbunden werden.«
    Ein Hauch von Skepsis lag auf seinem Gesicht, als er fragte: »Und wieso ist derjenige ausgerechnet zur Ringstorff damit?«
    »Ist er nicht«, entgegnete Jessica Mahler mechanisch. »Oder vielmehr sie. Ich glaube, es war ein Mädchen.«
    »Scheiß drauf!«, tat er ihren Einwand mit einer knappen Geste ab. »Aber mal ehrlich, die Ringstorff ist doch jetzt echt die Letzte, an die man sich wegen so was wenden würde, oder?«
    »Vielleicht war grad’ kein anderer greifbar.«
    »Und was ist mit dem Scherer?«, gab er zurück. »Oder mit der Naumann? Die hatten auch eine Freistunde und haben sie nicht überlebt, wie du weißt.«
    »Herrgott noch mal, ich habe keine Ahnung, okay?«, rief sie entnervt. Und überhaupt, was interessierte ihn dieser ganze Mist eigentlich so sehr? Warum kümmerte er sich darum, wer wo gewesen oder eben nicht gewesen war? Nach wem Nikolas Hrubesch gefragt hatte und … Hey, Augenblick mal! Jessica Mahler spürte, wie das, was langsam in ihren Gedanken Gestalt annahm, ihr buchstäblich den Atem raubte. Nikolas Hrubesch hatte seine Deutschlehrerin erschießen wollen, weil sie ihn angeblich so oft ungerecht benotet hatte, aber sie war nicht dort gewesen, wo er sie erwartet hatte. Und anschließend war Nikolas Hrubesch geradewegs in den dritten Stock spaziert und hatte Lukas Wertheim erschossen. Jessica Mahler begann leise zu zittern, als ihre verloren geglaubten Erinnerungen Stück für Stück zurückkehrten. Raum 304. Die flackernde Neonröhre über ihrem Kopf. Die u-förmig angeordneten Tische. Der Maskenmann in der Tür. Frau Malgorias’ Schrei, der ihn für den Bruchteil eines Augenblicks von etwas anderem abzulenken scheint. Von etwas Wichtigerem. Von der Sache, wegen der er gekommen ist. Der Schuss, die Schrecksekunde, das Blut der Lehrerin, das gegen die Wand spritzt, und dann … Das kalte Glitzern seiner Augen, als er die Waffe direkt auf Lukas Wertheims Kopf richtet. Er hat es mit Absicht getan! Die Erkenntnis

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