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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Schwierigkeiten mit ihrem letzten Vorgesetzten gehabt, aber das wollte nicht allzu viel besagen. Paul Cartier galt im ganzen Präsidium als Angeber und notorischer Frauenheld, und wenn Verhoeven ehrlich war, stellte er es sich schon allein aus letzterem Grund ausgesprochen unangenehm vor, als Frau mit ihm zusammenarbeiten zu müssen. »Es gibt keinerlei Probleme«, sagte er. »Weder mit mir noch mit den anderen Kollegen.«
    »Und diese Sache mit ihrer Schwester?« Hinnrichs ließ nicht locker. Vielleicht, weil es ihm guttat, sich wieder einmal für ein paar Minuten mit etwas Alltäglichem zu beschäftigen. »Wie verkraftet sie die?«
    Genau wie bereits vor ein paar Tagen, als seine Frau ihm annähernd dieselbe Frage gestellt hatte, empfand Verhoeven mit einem Mal eine tiefe Ratlosigkeit. Natürlich hatte er die scharfen Linien registriert, die sich seit November in das eigentlich noch recht kindliche Gesicht seiner Kollegin gegraben hatten, und er sah auch die Ringe unter ihren Augen, die darauf hindeuteten, dass Winnie Heller zumindest phasenweise zu viel grübelte und zu wenig schlief. Andererseits fand er, dass er nicht das Recht habe, sich in die Privatangelegenheiten seiner Mitarbeiter einzumischen. Nicht, solange diese ihren Job gewissenhaft erledigten.
    »Ich verstehe«, sagte Hinnrichs, obwohl Verhoeven seine Frage noch gar nicht beantwortet hatte. »Also steht ihrer Verbeamtung auf Lebenszeit nichts mehr im Weg?«
    »Nicht, wie ich die Sache sehe«, entgegnete Verhoeven.
    »Gut, gut«, nickte sein Vorgesetzter. »Dann schreiben Sie das so rein.«
    Verhoeven hob irritiert den Kopf. »Wo rein?«
    »In Ihre schriftliche Beurteilung.« Hinnrichs leerte seine Kaffeetasse in einem einzigen Zug und schenkte sich umgehend wieder nach. »Immerhin sind Sie Frau Hellers direkter Vorgesetzter und somit bis auf weiteres für den bewertenden Teil ihrer Personalakte zuständig.« Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und griff wieder nach dem Ordner, in dem er bei Verhoevens Eintreten geblättert hatte. Die Botschaft, die hinter dieser Geste steckte, war unmissverständlich: Verhoeven war entlassen.
    Er schaute kurz bei Bredeney vorbei, der am Computer saß und leise vor sich hin murmelte. »Und?«, fragte er.
    »Ich träume von meiner Pensionierung.«
    »Tust du nicht«, versetzte Verhoeven. »Du würdest rein gar nichts mit dir anzufangen wissen.«
    »Ich wollte schon immer Französisch lernen«, sagte Bredeney, der gern ins Kino ging und alte französische Filme liebte.
    »Das kannst du auch nach Dienstschluss«, sagte Verhoeven. »Gibt’s was Neues?«
    »Machst du Witze?«
    »So schlimm?«
    »Schlimm ist, dass man das Wichtige nicht vom Unwichtigen unterscheiden kann«, seufzte Bredeney.
    Verhoeven nickte ihm zu und ging in sein eigenes Büro hinüber.
    Dort hatte Winnie Heller gerade ein Telefonat beendet. »Unsere Verdächtigen waren allesamt noch im Schulhaus, als das SEK stürmte«, berichtete sie, indem sie hastig ein paar Brötchenkrümel vom Pulli klopfte. »Die Auswertung des Bildmaterials und der Einsatzprotokolle hat ergeben, dass keine der für uns interessanten Personen die Schule während des Amoklaufs verlassen hat.«
    Verhoeven nahm sich einen Kaffee aus der Maschine neben dem Waschbecken, während seine Kollegin an den omnipräsenten Gebäudeplan an der Wand trat.
    »Sven Strohte befand sich, wie wir hinlänglich wissen, hinter dem Warmwasserboiler im Hausmeisterzimmer. Miranda Kerr kniete bei Angela Lukoschs Leiche, als die Sanitäter eintrafen.« Winnie Heller rammte bunte Pins an die entsprechenden Stellen, während sie sprach. »Sander Laurin war hier oben im Zeichensaal, wo sich seine Klasse auf sein Geheiß hin eingeschlossen und die Türen mit Stühlen und Tischen verbarrikadiert hatte. Werner Kröll befand sich hier, im Erdgeschoss des Altbaus, wo er sich – wie die Kollegen vom SEK lobend erwähnten – um ein paar verletzte Schüler gekümmert hat, und Steven Höhmann hat sich – genau wie Miranda Kerr – allein in einer Toilette versteckt.«
    Verhoeven nippte an seinem Kaffee. »Wo?«
    »Im Neubau.« Winnie Heller trat einen Schritt zurück und platzierte dann mit einer entschlossenen Bewegung den letzten Pin auf dem Raumplan. »Dritter Stock.«
    »Also dort, wo er einen funktionierenden Overheadprojektor besorgen sollte«, resümierte Verhoeven.
    Winnie Heller bejahte.
    »Was ist mit der Waffe?«, fragte Verhoeven.
    Sie blickte ihn verständnislos an.
    »Unser Mann kann schlecht mit

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