Quest
Koordinaten eintätowiert…?«
»Nicht man. Ich selbst.«
»Aber was…?«
Der Unsterbliche sah auf den Todkranken hinab. »Es ist das, was Ihr sucht, Eftalan Quest«, sagte er sanft. »Der Planet des Ursprungs.«
ZEHNTES BILD
PROTOLEBEN
1
QUEST HIELT DIE SCHREIBPLATTE in der Hand, sah die Zeichen darauf an, sah Smeeth an, sah wieder auf die fremden Zahlen. Sein Mund öffnete sich, als wollte er etwas sagen, dann pre ss te er die Lippen wieder zusammen und schü ttelte sachte den Kopf.
»Der Planet des Ursprungs«, sagte er.
Smeeth nickte nur.
Der Anflug eines seltsamen Lächelns schlich sich in Quests Gesicht. Er schüttelte immer noch den Kopf, langsam, fast unmerklich. »Ich kann das nicht glauben«, sagte er.
Der Unsterbliche sagte nichts. Niemand sagte etwas. Alle standen nur da und versuchten zu begreifen, was geschah.
Quest betrachtete die Schreibplatte erneut, mit gerunzelter Stirn, holte tief Luft und hielt sie Smeeth hin. »Oder vielleicht glaube ich es doch«, meinte er. »Ihr seid dort gewesen. Ich hatte von Anfang an recht.«
»Ich bin dort gewesen«, nickte der Unsterbliche. »Aber ich habe den Planeten des Ursprungs nicht betreten.«
Der Patriarch schien ihm nur mit halbem Ohr zuzuhören. Da ihm Smeeth die Schreibplatte nicht abnehmen wollte, legte er sie in seinen Scho ss , bedeckte sie mit seiner fleischigen Hand.
»Ihr habt zugesehen, wie wir uns abmühten, den Planeten des Ursprungs zu finden, und dabei habt Ihr die Koordinaten die ganze Zeit gekannt. Ihr habt einfach geschwiegen, habt nicht einmal versucht, ein Geschäft zu machen.« Er hob die Hand und lie ss sie matt auf die Schreibtafel zurückfallen. »Das ist schwer zu verstehen.«
Der Unsterbliche sa ss immer noch breitbeinig auf der Kante des Maschinenführersessels, ohne Überhemd, und zum ersten Mal, seit sie ihn kannten, wa r ihm so etwas wie Unsicherheit anzumerken. »La ss t mich«, sagte er zögernd, »die ganze Geschichte dazu erzählen. Nein, er hob abwehrend die Hand, als jemand etwas sagen wollte, »unterbrecht mich nicht. La ss t es mich tun, solange ich dazu imstande bin.«
Er rutschte in den Sessel und legte die Hände um die Armlehnen, als müsse er sich festhalten. In seinem Gesicht zuckte es, während er offenbar nachdachte, wie er beginnen sollte. »Ich habe diese Geschichte noch niemals erzählt«, sagte er endlich, mit ungewohnt leiser, weicher Stimme. »Sie hat sich vor langer Zeit zugetragen, vor sehr langer Zeit, ich bin versucht, zu sagen, ich sei damals noch jung gewesen, aber natürlich stimmt das nicht. Ich hatte schon länger gelebt als jeder Mensch vor mir, ich hatte meine Heimat verlassen und war ein Wanderer zwischen den Welten geworden. Aber das ist alles sehr lange her, wie gesagt.«
Man sah Smeeth förmlich an, wie er in den unerme ss lichen Ozean seiner Erinnerungen eintauchte, in Gedanken zurückkehrte in jene Zeit, von der er zu berichten hatte. »Ich lebte damals auf einer Welt namens Kahan, eine von Priesterinnen regierte Welt, in der die Wissenschaften und die Künste höchstes Ansehen genossen und die Menschen sich vorrangig der Arete widmeten, was ungefähr soviel bedeutet wie, die Kunst der persönlichen Vervollkommnung. Damals war ich weit davon entfernt, ein eigenes Raumschiff zu besitzen, aber ich lebte beim Tempel und war Berater jener Priester in, die die Handelsbeziehungen mit anderen Welten überwachte.« Er blickte schräg nach oben, als müsse er nachdenken, ob Berater das richtige Wort sei. »Es war eine eher inoffizielle Position, niedrig genug, um nicht zu Offenbarungen über mein Leben und meine Herkunft gezwungen zu sein, aber doch hoch genug, da ss ich über die entscheidenden Ereignisse auf Kahan informiert war. So bekam ich mit, wie eine Astronomin namens Shala, die Kometen erforschte, in einem irregulären Wanderer sogenanntes Protoleben entdeckte.«
Er hob die Hand in einer Geste der Ratlosigkeit. »Ich verstand damals nicht genau, was damit gemeint war, und wei ss es offen gestanden bis auf den heutigen Tag nicht. Sie glaubte wohl in dem betreffenden Kometen so etwas wie eine Urform jener inkubierenden Keime entdeckt zu haben, die vom Planeten des Ursprungs selbst stammte. Ich wei ss nicht, wodurch sich eine solche Urform vor allen anderen Formen auszeichnen soll, aber der Tempelrat der Biologen bestätigte ihre Auffassung, und da die Wissenschaften auf Kahan ein in der Geschichte der Menschheit seltenes Niveau erreicht hatten, nehme ich
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