Queste der Helden (Band 1 im Ring der Zauberei)
so endete. Der Soldat war bereits dabei, sich abzuwenden und wegzugehen—doch Thor konnte das nicht zulassen.
Thor trat vor und rief: „Hauptmann! Ihr macht einen Fehler!“
Ein entsetztes Raunen zog sich durch die Menge, als der Soldat stockte und sich langsam umdrehte.
Diesmal war sein Blick verärgert.
„Dummer Junge“, sagte sein Vater und packte Thor an der Schulter, „geh zurück ins Haus!“
„Das werde ich nicht!“, schrie Thor und schüttelte die Hand seines Vaters ab.
Der Soldat trat auf Thor zu, und sein Vater wich zurück.
„Weißt du, welche Strafe darauf steht, einen Silbernen zu beleidigen?“, fuhr ihn der Soldat an.
Thors Herz raste, aber er wusste, dass er jetzt nicht nachlassen konnte.
„Bitte verzeiht ihm, Hauptmann“, sagte sein Vater. „Er ist ein junges Kind, und—“
„Mit Euch rede ich nicht“, sagte der Soldat. Mit einem vernichtenden Blick zwang er Thors Vater, sich abzuwenden.
Der Soldat wandte sich zurück an Thor.
„Antworte mir!“, sagte er.
Thor schluckte, und brachte kein Wort heraus. So hatte er sich das in Gedanken nicht vorgestellt.
„Einen Silbernen zu beleidigen bedeutet, den König selbst zu beleidigen“, sagte Thor kleinlaut, brav die Passage aufsagend, die er auswendig gelernt hatte.
„Ja“, sagte der Soldat. „Was bedeutet, dass ich dir 40 Peitschenhiebe versetzen könnte, wenn ich wollte.“
„Ich wollte Euch keinesfalls beleidigen, Hauptmann“, sagte Thor. „Ich wollte bloß ausgewählt werden. Ich bitte Euch. Ich träume schon mein ganzes Leben davon. Bitte. Lasst mich zur Legion.“
Der Soldat stand da, und langsam wurde sein Blick sanfter. Nach einer langen Weile schüttelte er den Kopf.
„Du bist jung, Bursche. Du hast ein stolzes Herz. Aber du bist noch nicht soweit. Melde dich wieder, wenn du aus den Windeln bist.“
Mit diesen Worten wandte er sich um und stürmte davon, mit kaum einem Blick auf all die anderen Jungen. Schnell bestieg er sein Pferd.
Thor stand geknickt da und musste zusehen, wie der Zug sich in Bewegung setzte; so schnell sie gekommen waren, waren sie fort.
Das letzte, was Thor sah, waren seine Brüder, wie sie hinten in der letzten Kutsche saßen und zu ihm hinausblickten, missbilligend, spottend. Vor seinen Augen wurden sie davongekarrt, weg von hier, in ein besseres Leben.
Innen drin wollte Thor nur sterben.
Als sich um ihn herum die Aufregung langsam legte, zogen sich die Dorfbewohner in ihre Häuser zurück.
„Ist dir klar, wie dumm du da warst, närrischer Junge?“, fuhr Thors Vater ihn an und packte ihn an den Schultern. „Ist dir klar, dass du die Chancen deiner Brüder hättest zunichte machen können?“
Thor stieß seines Vaters Hände grob von sich weg, und sein Vater holte aus und schlug ihm den Handrücken quer übers Gesicht.
Thor fühlte den stechenden Schmerz und starrte seinen Vater wütend an. Zum allerersten Mal wollte ein Teil von ihm zurückschlagen. Aber er beherrschte sich.
„Und jetzt geh und hol mir meine Schafe zurück. Sofort! Und wenn du wieder da bist, erwarte bloß keine Mahlzeit von mir. Du wirst deine Mahlzeit heute Abend auslassen und darüber nachdenken, was du getan hast.“
„Vielleicht komme ich erst gar nicht zurück!“, schrie Thor, als er sich umdrehte und davonstürmte, weg von zuhause, in die Hügel.
„Thor!“, schrie sein Vater, und einige Dorfbewohner blieben stehen und schauten.
Thor fing zu laufen an, dann zu rennen—er wollte so weit wie es nur irgendwie ging von diesem Ort weg. Ihm fiel kaum auf, dass er weinte, sein Gesicht von Tränen überflutet wurde, nun, da jeder Traum, den er je gehabt hatte, in Scherben lag.
KAPITEL ZWEI
Thor wanderte stundenlang in den Hügeln herum, brodelnd vor Wut, bis er schließlich einen Hügel fand, auf dem er sich, Hände über den Beinen verschränkt, hinsetzte und auf den Horizont hinaus blickte. Er sah zu, wie die Kutschen verschwanden, während die Staubwolken noch stundenlang in der Luft hängen blieben.
Ein weiteres Mal würden sie nicht hierher kommen. Er war also dazu bestimmt, hier in diesem Dorf zu bleiben und noch viele Jahre auf eine neue Chance zu warten—falls sie überhaupt je wiederkommen würden. Falls sein Vater es je erlauben würde. Jetzt war er mit seinem Vater alleine im Haus, und sein Vater würde seinen Unmut mit Gewissheit in vollem Umfang an ihm auslassen. Er würde weiterhin der Lakai seines Vaters bleiben, die Jahre würden vergehen, und er würde genauso enden
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