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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Schwung gebracht habe -, wie kam John Churchill vom Regiment seines Papas in Dorset in das königliche Bett?«
    »Oh, John hat diesem Regiment nie angehört – hat ihm nur mit seinem Vater einen Besuch abgestattet. Die Familie lebte in London. John ging dort in irgendeine affige Schule. Sir Winston zog die wenigen ihm zur Verfügung stehenden Fäden – hat sicher herumgequengelt, wie loyal er sich während des Interregnums verhalten habe – und erwirkte für John eine Anstellung als Page bei James, Herzog von York, dem papistischen Bruder des Königs, der, als ich zuletzt von ihm hörte, oben in Edinburgh war, gerade den Verstand verlor und Schotten folterte. Aber damals, um 1670, war der Herzog von York natürlich in London und John Churchill als Mitglied seines Haushalts ebenfalls. Die Jahre vergingen. Bob und ich wurden von dem, was die Soldaten bei Tisch übrig ließen, so dick und fett wie Rinder für den Viehmarkt.«
    »Allerdings!«
    »Tu nicht so, als bewundertest du mich – du kennst meine Geheimnisse. Wir plackten uns mit dem Regimentsdienst ab. John Churchill ging für ein paar Jahre nach Tanger, um gegen die Barbarei-Piraten zu kämpfen.
    »Oh, warum hat er mich nicht retten können?«
    »Vielleicht wird er es eines Tages tun.Worauf ich hinauswill, ist allerdings die Belagerung von Maastricht – einer Stadt in Holland.«
    »Nicht gerade in der Nähe von Tanger.«
    »Versuch, mir weiter zu folgen: Er kam mit Ruhm bedeckt aus Tanger zurück. In der Zwischenzeit hatte Charles II. ausgerechnet mit diesem König Louie von Frankreich, dem Erzpapisten, der so reich war, dass er nicht nur die englische Opposition bestach, sondern auch die andere Seite, nur damit es nicht langweilig wurde, ein Abkommen geschlossen. So führten England und Frankreich gemeinsam zu Land und zu Wasser Krieg gegen Holland. König Louie kam in Begleitung einer fahrenden Stadt aus Höflingen, Mätressen, Generälen, Bischöfen, offiziellen Geschichtsschreibern, Dichtern, Porträtmalern, Küchenchefs, Musikanten, dem Gefolge dieser Leute und dem Gefolge des Gefolges hinauf nach Maastricht und organisierte eine Belagerung, wie normale Könige ein Fest organisieren. Sein Lager war nicht ganz so edel ausgestattet wie das des Großwesirs vor Wien, aber die Leute waren von höherem Stand. Die ganze feine Gesellschaft Europas musste da sein. Und John Churchill war ziemlich fein. Er kam. Und Bob und ich kamen mit ihm.«
    »Also hier habe ich Mühe, dir zu folgen. Weshalb sollte er zwei ungezogene Kerle einladen?«
    »Erstens: In letzter Zeit waren wir nicht ungezogen gewesen. Zweitens: Selbst bei der vornehmsten Zusammenkunft wird jemand gebraucht, der Pisspötte leert und (im Falle einer Schlacht) Musketenkugeln aufhält, bevor sie die besseren Leute erreichen.«
    »Drittens?«
    »Es gibt kein Drittens.«
    »Du lügst. Ich weiß genau, dass es ein Drittens gab. Deine Lippen gingen auseinander, dein Finger kam halb nach oben, und dann hast du es dir anders überlegt.«
    »Also gut. Das Dritte war, dass John Churchill – Höfling, manchmal Gigolo, schneidiger Herzensbrecher – der beste militärische Befehlshaber ist, den ich je gesehen habe.«
    »Oh.«
    »Obwohl dieser Johann Sobieski gar nicht übel war. Wie dem auch sei – tut mir weh, es zuzugeben.«
    »Offensichtlich.«
    »Aber es stimmt. Und als ausgezeichneter Befehlshaber, der kurz davor stand, in eine richtige Schlacht zu ziehen, war er so klug, ein paar Leute mitzubringen, die Dinge für ihn erledigen konnten. Es mag für dich schwer nachvollziehbar sein, aber merk dir meine Worte: Immer wenn ernst zu nehmende und kompetente Menschen in der realen Welt etwas zuwege bringen müssen, fliegen sämtliche Gedanken an Tradition und Protokoll zum Fenster hinaus.«
    »Was glaubte er denn, was du und Bob in der realen Welt erledigen konnten?«
    »Nachrichten über Schlachtfelder tragen.«
    »Und hatte er Recht?«
    »Zur Hälfte.«
    » Einer von euch hat es geschafft, und der andere -«
    »Ich hab nicht versagt . Habe nur intelligentere Arten gefunden, meine Zeit zu nutzen.«
    »John Churchill gab dir einen Befehl, und du hast ihn verweigert?«
    »Nein, nein, nein! Es hat sich folgendermaßen abgespielt. Also – hast du bei der Belagerung von Wien aufgepasst?«
    »Ich habe mit Adleraugen zugeschaut, schließlich stand meine Jungfräulichkeit auf Messers Schneide.«
    »Erzähl mir, wie der Großwesir es gemacht hat.«
    »Vor den Mauern einen Laufgraben nach dem anderen ausgehoben, jeden

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