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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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dem Herzog von Monmouth den Weg und bat ihn auf die galanteste und höflichste französische Art, nicht durch diese gefährliche Passage zu gehen. Monmouth bestand darauf. d’Artagnan willigte ein, aber nur unter der Bedingung, dass er, d’Artagnan, zuerst hindurchginge. Genau das tat er und wurde von einer Kugel in den Kopf getroffen. Die anderen rückten über ihn hinweg vor und liefen weiter, um lächerlichen Ruhm zu erringen, während ich zurückblieb, um nach d’Artagnan zu sehen.«
    »Lebte er noch?«
    »Teufel, nein. Sein Gehirn klebte überall an mir.«
    »Aber du bist bei ihm geblieben, um seinen Leichnam zu bewachen?«
    »Eigentlich lag mein Blick auf einigen massiven, mit Edelsteinen besetzten Ringen, die er trug.«
    Ungefähr eine halbe Minute lang nahm Eliza die Haltung eines Menschen an, der selbst gerade eine Gewehrkugel in den Kopf bekommen und eine Verletzung von bisher ungekanntem Ausmaß erlitten hatte. Jack beschloss, zu unbeschwerteren Teilen der Geschichte überzugehen, doch Eliza blieb hartnäckig. »Während dein Bruder alles aufs Spiel setzte, hast du d’Artagnans Leiche ausgeplündert ? So was Fürchterliches habe ich noch nie gehört.«
    »Warum?«
    »Es ist so … so feige.«
    »Du brauchst mich gar nicht als Memme hinstellen – ich war in größerer Gefahr als Bob. Die Gewehrkugel ging mitten durch meinen Hut.«
    »Trotzdem...«
    »Der Kampf war vorbei. Diese Ringe hatten die Größe von Türklopfern. Sie hätten den berühmten Musketier mit diesen Ringen an den Fingern begraben – wenn sie nicht zuvor jemand weggenommen hätte.«e
    »Hast du sie genommen, Jack?«
    »Er hatte sie angezogen, als er noch jünger und schlanker war. Sie ließen sich überhaupt nicht bewegen. Da stand ich mit meinem Fuß in seiner blöden Armbeuge – nicht die allerschlechteste Stelle, an der mein Fuß je war, aber auch nicht weit davon entfernt – und verbog meine Fingernägel bei dem Versuch, diesen Ring abzukriegen, über die Fettrollen hinweg, die in der Wein-und-Frauen-Phase seines Trägers um ihn herum entstanden waren, und fragte mich, ob ich den verdammten Finger nicht einfach abschneiden sollte.« Jetzt sah Eliza aus wie jemand, der eine faule Auster gegessen hat. Jack beschloss, unverzüglich fortzufahren. »Dann tauchte niemand Geringerer als Bruder Bob auf, im Gesicht einen Ausdruck von selbstgerechtem Entsetzen, wie ein Vikar, der gerade in der Sakristei einen Messdiener beim Masturbieren erwischt hat – oder wie du , was das betrifft -, in seiner Trommlerjungenmontur, in der Hand eine Nachricht, schrecklich dringend natürlich, von Churchill an einen von König Louies Generälen. Er bleibt stehen, um mich mit einem Vortrag über die Soldatenehre zu erfreuen. ›Aber den Mist glaubst du doch wohl nicht, oder?‹, frage ich. ›Bis heute hab ich ihn nicht geglaubt, Jack, aber wenn du sehen könntest, was ich gerade eben gesehen habe – die Großtaten, die diese Waffenbrüder, John Churchill, der Herzog von Monmouth und Louis Hector de Villars vollbracht haben – du würdest es glauben.‹«
    »Und dann eilte er weiter, um die Nachricht zu überbringen«, sagte Eliza und dabei schweifte ihr Blick in die Ferne, was für Jack ein bisschen unangenehm war, weil er wollte, dass sie bei ihm dort in der Hütte blieb. »Und John Churchill hat Bob seine Loyalität und Tapferkeit nie vergessen.«
    »Ja – aber dann, nur ein paar Monate später, ging Bob mit ihm nach Westfalen und kämpfte unter französischen Generälen als Söldner gegen unglückselige Protestanten, wobei zum hundertsten Mal die Pfalz ausgeplündert wurde. Was das mit Soldatenehre zu tun haben sollte, weiß ich auch nicht mehr genau.«
    » Du dagegen -«
    »Ich nahm ein paar Schluck Cognac aus d’Artagnans Flachmann und stahl mich zurück in den Graben.«
    Das brachte sie schließlich wieder ins Hier (Hütte in Böhmen) und Jetzt (Ende 1683 n.Chr.). Sie richtete die ganze Kraft ihres blauäugigen Blickes auf ihn. »Du stellst dich immer als richtiger Tunichtgut hin, Jack, sagst, du hättest d’Artagnan fast die Finger abgeschnitten, schlägst vor, den Palast des Heiligen Römischen Kaisers in die Luft zu sprengen, aber ich glaube nicht, dass du so schlecht bist, wie du von dir behauptest.«
    »Meine Missbildung gibt mir weniger Möglichkeiten, schlecht zu sein, als ich gerne hätte.«
    »Komisch, dass du das erwähnst, Jack. Wenn du ein Stück kräftigen, nicht beschädigten Hirsch- oder Schafdarm für mich findest

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