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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Leben, bis eine baufällige Hütte, die sie am Ufer des dampfenden Wasserlaufs gefunden hatten, wieder hergerichtet war. Jack schlug Holz und schleppte es zu Eliza, die es entsprechend anordnete. Das Dach wurde nie wasserdicht, hielt aber den Schnee ab. Jack hatte immer noch ein bisschen Silbergeld. Damit kaufte er Wildbret und Hasen von den Bergleuten, die dem Wild in den Wäldern geschickt Fallen stellten.
    Ihr erster Monat an den heißen Quellen bestand denn auch aus kleinen Kämpfen, die gewonnen wurden und am nächsten Tag vergessen waren, und zwischen ihnen passierte nichts außer den einfachen Dingen, die Bauern beschäftigten. Doch schließlich ging alles so weit seinen Gang, dass sie sich nicht mehr ununterbrochen plagen mussten. Jack war das eine so recht wie das andere. Doch Eliza machte kein Hehl daraus, dass bestimmte Dinge ihr die ganze Zeit durch den Kopf gegangen waren.
    »Das macht dir doch wohl nichts aus?«, platzte Jack eines Tages, vermutlich im Dezember, heraus.
    »Kümmere dich nicht darum«, schniefte Eliza. »Das Wetter ist ein bisschen düster.«
    »Wenn das Wetter düster ist, was bist dann du ?«
    »In Gedanken an … Dinge.«
    »Dann hör auf zu denken! Diese Bruchbude ist kaum groß genug um sich darin auszustrecken – nimm doch ein bisschen Rücksicht -, da läuft schon ein Tränenbach über den Boden. Haben wir uns nicht schon vor Monaten über weibliche Stimmungen unterhalten?«
    »Deine Anteilnahme ist wirklich rührend.Wie kann ich dir nur danken?«
    »Hör auf zu weinen!«
    Sie nahm ein paar tiefe bebende Atemzüge, die die Hütte erzittern ließen, und marterte Jack dann mit einem geheuchelten Lächeln. »Also, das Regiment -«
    »Was soll das?«, fragte Jack. »Ist es nicht genug, dich am Leben zu halten? Muss ich auch noch für Unterhaltung sorgen?«
    »Du scheinst nicht darüber sprechen zu wollen. Vielleicht bist du ja auch ein wenig melancholisch?«
    »Du hast so einen gescheiten kleinen Kopf, der nie aufhört zu arbeiten. Du wirst meine Geschichten zu unbedachten Zwecken nutzen. Es gibt gewisse, eigentlich unwichtige Einzelheiten, denen du ein ungesundes Interesse entgegenbringen wirst.«
    »Jack, wir leben wie Tiere mitten in der Wildnis – was könnte ich wohl in meinem Alter mit einer Geschichte anfangen? Und was um Gottes willen könnte ich ohne Nadel und Faden sonst noch tun?«
    »Jetzt fängst du schon wieder mit Nadel und Faden an. Woher, glaubst du, bekommt ein Tier in der Wildnis solche Sachen?«
    »Bitte doch die Bergleute, sie mitzubringen, wenn sie das nächste Mal in die Stadt gehen. Sie bringen uns schon die ganze Zeit Hafer für Türk mit – warum nicht auch Nadel und Faden?«
    »Wenn ich das tue, wissen sie, dass ich eine Frau hier habe.«
    »Das wird nicht mehr lange so sein, wenn du mir nicht eine Geschichte erzählst oder mir Nadel und Faden besorgst.«
    »Also gut. Der Teil der Geschichte, bei dem du mit größter Wahrscheinlichkeit hochgehen wirst, ist der, dass Sir Winston Churchill selbst zwar kein wirklich wichtiger Mann war, sein Sohn John für kurze Zeit aber schon. Jetzt ist er es nicht mehr. Wird es vermutlich nie wieder sein, außer in der Welt der Höflinge.«
    »Aber seinen Vater hast du als gerade mal eine Stufe über einem Vagabunden hingestellt.«
    »Ja – und deshalb hätte John die hohe Position, die er innehatte, nie erreicht, wenn er nicht gescheit, gut aussehend, tapfer, elegant und gut im Bett gewesen wäre.«
    »Wann kannst du mich ihm vorstellen?«
    »Ich weiß, dass du mich damit nur provozieren willst.«
    »In was für eine ›hohe Position‹ kam er denn genau?«
    »In das Bett der Lieblingsmätresse von König Charles II. von England.«
    Eine kurze Pause, in der sich der Druck aufbauen konnte, und dann vulkanartiges Gelächter von Eliza. Plötzlich war es April. »Du willst mir doch nicht weismachen, dass du – der ›Schuss-in-den-Ofen‹- ›Nenn-mich-nicht-Landstreicher‹-Jack – persönlich bekannt bist mit dem Liebhaber einer Mätresse des Königs?«
    »Beruhige dich – hier gibt’s nämlich keine Chirurgen für den Fall, dass du dir etwas brechen solltest. Und wenn du ein bisschen Ahnung von der Welt außerhalb asiatischer Harems hättest, würdest du dich gar nicht wundern – die andere Lieblingsmätresse des Königs ist Nell Gwyn – eine Schauspielerin .«
    »Ich habe ja die ganze Zeit über schon gespürt, dass du ein Mensch von Stand bist, Jack. Aber verrat mir bitte – jetzt wo ich endlich deine Zunge in

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