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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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mit Picknick an dieser ihnen ziemlich gleichgültig erscheinenden Kaulbars- oder Krähbiel-Frage scheitern zu sehen, und so war denn alles bewilligt und zwei Uhr als beste Stunde für den Ausflug nach Fort O'Brien festgesetzt worden.
    In zwei Wagen fuhr man rechtzeitig hinaus und fand die noch am Abend vorher benachrichtigten Kaulbarse bereits am Eingang in die Bergschlucht vor, an einer geschützten Stelle, von der aus eine links einbiegende Steintreppe fast unmittelbar bis nach Fort O'Brien hinaufführte. Man begrüßte sich ziemlich herzlich, denn selbst Nogat-Ehre kannte die Kunst der Verstellung, und als man, oben angelangt, an ein Auspacken der seitens der Kaulbarse mitgebrachten und aus Artigkeit gleich in erster Reihe mit hinaufgenommenen Körbe ging, überzeugte man sich, daß das Vorwerk den Hauptsitz um ein bedeutendes überflügelt habe. Topf- und Blechkuchen, Mohnstriezel und Marmeladentöpfe stiegen in solchen Mengen aus der Tiefe der beiden Körbe herauf, als ob es sich um eine Verproviantierung von Fort O'Brien oder, doch mindestens um einen unverlöschlichen Eindruck auf Maruschka gehandelt hätte. Diese wurde denn auch nicht müde, der guten Frau Kaulbars ihre Bewunderung auszudrücken und sie ein Mal über das andere als »my dear Mistress Kaulbars« anzusprechen.
    »Aber nun ein Feuer«, sagte Toby. »Wir können nicht die Verwegenheit haben, uns trocken durch diesen Kuchenberg hindurchessen zu wollen; daran würde selbst Maruschka scheitern. Also Kaffee,
viel
Kaffee, sonst sind wir verloren, und hier unter dieser Ahornplatane, die nicht bloß Schatten gibt, sondern auch warm und behaglich unterm Winde liegt, hier wollen wir das Feuer machen. Ich denke, wir holen uns alte Bretter aus dem Fort, das Jungholz hierherum ist noch zu naß, und wenn wir keine Bretter finden, nun, so brechen wir einen Pfahl heraus, sind ihrer ja die Menge vorhanden, und auf Vernichtung von Staatseigentum werden wir wohl nicht verklagt werden. Vater ist ja Obrigkeit und hat es in der Hand, gegen uns vorzugehen oder es niederzuschlagen.«
    Und so sprechend, trat er an die mit spitzen Pfählen dicht umstellte Brüstung des alten Wallganges heran und versuchte mit aller Anstrengung, eine der Palisaden herauszuwuchten; aber Bretter und dürres Holz aus den hier und da noch halbwegs geschützten Räumen des Forts waren rascher zur Hand, und ehe man noch die Nogat-Ehrener Picknickkörbe von den nach wie vor unten am Eingange der Schlucht haltenden Wagen treppauf geschafft hatte, brannte auch schon das Feuer, und drumherum standen ein paar umgestülpte Körbe, die nun als Sitz- und Ehrenplätze für Obadja und Maruschka dienten, während Krähbiel und Kaulbars und bald auch Lehnert und L'Hermite sich ihrerseits begnügten, etliche Steine heranzutragen und diese mit Plaids und Tüchern zu überdecken. Das war die Hauptgruppe. Mistress Kaulbars aber, unter beständigem Hin und Her die Wirtin machend, kam wie gewöhnlich auch heute nicht zur Ruhe – noch weniger freilich die Geschwister, die voll Jubel den Palisadenzaun hinabkletterten, um sich in den den Abhang überdeckenden Blumenfeldern zu vergnügen, von denen Ruth jetzt zugestehen mußte, daß sie noch viel, viel schöner seien, als Toby sie geschildert habe. Dabei bückten sie sich, um Sträuße zu pflücken, und erst als man sie zurückrief, stiegen sie den Abhang wieder hinauf und liefen nun auf Maruschka zu, der sie den ganzen Vorrat ihrer Blumen in den Schoß warfen.
    »Vierge aux fleurs«, sagte L'Hermite, was Krähbiel, der darin eine katholische Huldigung vermutete, mit sauersüßem Lächeln begleitete.
    Maruschka selbst aber war glücklich wie ein Kind, und in ihrem Übermut ihrem ihr gegenübersitzenden Freunde L'Hermite ein ganzes Narzissenbündel zuwerfend, verlor sie stolpernd das Gleichgewicht und verschüttete den Kaffee, den Mistress Kaulbars ihr eben erst in einer dicken Fayencetasse präsentiert hatte.
    »Tut nichts«, tröstete diese. »Bringe gleich eine andere. Ja, liebe Maruschka, wenn es nicht Sünde wäre, müßte man's immer so machen, und mit Absicht. Eigentlich schmeckt ja nur der erste Schluck, und auch nur, wenn er heiß ist, und außer dem alten Rüthnick in Schwante hab ich keinen Menschen gekannt, der für ›kalten‹ gewesen wäre. Gott, wenn ich daran denke! Die Leute sagten immer, ›er wolle noch schöner werden‹, und brauchen konnt er's. Denn all mein Lebtag hab ich solchen Flunsch und solche Lippe nich wiedergesehen wie Rüthnicken

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