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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gelesen hatte, hoffte Lehnert, daß nun das Wort, das über sein Leben entscheiden sollte, gesprochen werden würde. Aber das Wort blieb aus, und er verzehrte sich tagelang darüber, daß es ausblieb. Er wurde wie krank im Gemüt und mied es nach Möglichkeit, mit Ruth und mehr noch mit Obadja zusammenzutreffen. Als aber, ohne daß ein Wort laut geworden wäre, das neue Jahr angebrochen war, war er entschlossen, mit dem Elend ein Ende zu machen und sich wieder in sein altes Leben zurückzufinden.
    Das wär ihm nun freilich einfach unmöglich gewesen, wenn die Haltung Obadjas irgend etwas gezeigt hätte, was auf Mißstimmung oder gar auf Übelwollen und Ablehnung hätte gedeutet werden können. Aber eher das Gegenteil war der Fall. Keine Begegnung verging, ohne daß Lehnert wenigstens einen freundlichen Blick erhascht hätte, was noch wuchs, als Obadja sich überzeugte, daß in der Tat keine Heimlichkeiten zwischen den jungen Leuten existierten und Ruth ohne jede Ahnung von dem Schritte war, den Lehnert getan hatte. So kehrte denn ein gewisser Zustand der Ruhe, wenigstens äußerlich, zurück, und Lehnert, wenn er jetzt, was nur zu oft geschah, seines Weihnachtszwiegespräches mit Obadja gedachte, verzichtete darauf, diesem Zwiegespräch nur
das
zu entnehmen, was ihm paßte, sondern erinnerte sich daran, daß der Alte hinzugesetzt hatte: »Es ist
Rahel
, um die du wirbst.« Das war, das sah er jetzt ein, mit gutem Bedachte gesagt worden, und jedenfalls zu dem Zweck, ihn wissen zu lassen, daß es einer langen Probezeit bedürfe.
    Ja, der frühere Zustand der Ruhe kehrte zurück, und als der Winter auf die Neige ging und der Frühling anbrach, wurden die Feldarbeiten, sowohl von Nogat-Ehre wie vom Vorwerk aus, wohin Kaulbars und Frau zurückgekehrt waren, im ganzen Umfange wiederaufgenommen. Überall gab es ein Pflügen und Säen, und Lehnert, bei Beaufsichtigung der Arbeit, war oft bis halben Weges nach Darlington oder auch, nach der andern Seite hin, bis an den Abhang der Berge hin in Tätigkeit. Auch Toby war mit Uncas viel draußen, um auf Hühner zu jagen, welche Form der Jagd der Alte, trotz prinzipieller Bedenken, gelten ließ, ja geradezu begünstigte, da zu seinen kleinen Schwächen, ganz nach Patriarchen- und Kirchenfürstenart, auch
die
gehörte, den Freuden der Tafel nicht abgestorben und speziell in bezug auf Bekassinen ein Feinschmecker zu sein.
    Eine dieser Jagden auf Hühner hatte sich an einem schönen Märztage bis an eine fast schon zu Füßen von Fort O'Brien gelegene Sumpfstrecke gezogen, und Toby, gegen Abend mit reicher Ausbeute heimkehrend, zeigte sich entzückt von dem landschaftlichen Anblick, den er kurz vor Beendigung seines Jagdausfluges von dem Wallgange des halbverfallenen Forts aus gehabt habe; der ganze Hügelabhang habe ihm den Anblick eines großen Blumengartens gewährt, viel, viel schöner als irgend etwas der Art, was er je gesehen habe, denn in beinahe felderartigen Streifen sei die ganze Schrägung mit Frühlingsblumen überdeckt gewesen, mit Krokus und Konvallarien, mit Narzissen und Anemonen. Ruth, anfänglich ungläubig, war endlich doch von seiner Begeisterung mit hingerissen worden und hatte bei dem abschließenden Vorschlage, tags darauf eine Partie hinaus machen und auf der von Palisaden umstellten Bastion ein Picknick abhalten zu wollen, Maruschka wie selig am Arm genommen und war mit ihr durch die Stube getanzt. Zugleich aber hatte sie sich vorsorglich erboten, den Vater nicht bloß zur Zustimmung, sondern selbst zur Teilnahme bewegen zu wollen, was ihr, wie sie wohl wußte, nicht schwer werden konnte, da sie seine Pläne kannte, Pläne, die sich seit lange damit beschäftigten, das Fort von der Regierung in Kauf zu nehmen und nach erfolgtem Ausbau zum Mittelpunkt eines neuen Vorwerks zu machen. Ein solcher Ausflug aber, so rechnete sie, würd ihm erwünschte Gelegenheit bieten, die ganze Sache mit unbefangenem Auge nochmals zu prüfen.
    Und siehe da, Ruth hatte sich nicht verrechnet. Obadja war auf alles mit bemerkenswerter Freudigkeit eingegangen, nur immer das eine zur Bedingung stellend, daß beide Kaulbarse mit aufgefordert werden müßten, außerdem auch Bruder Krähbiel, welcher letztere seit zwei Tagen in Nogat-Ehre war, um die nach Gunpowder-Faces Tode noch immer in der Schwebe verbliebene Häuptlingserbfolgefrage endlich zum Abschluß zu bringen. Selbstverständlich hatte niemand Lust bezeigt, am wenigsten aber Ruth und Maruschka, das Vergnügen einer Landpartie

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