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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Hedwigen«, sagte der Vater der älteren, der jetzt als Cavaliere servente hinter dem Stuhl seiner Frau stand, »sieh bloß Hedwigen, wie sie die Augen schmeißt; ich glaube, die wird gut. Wahrhaftig, was ein guter Haken werden will...«
    »Ich bitte dich, Hermann, keine Unanständigkeiten...«
    »Aber, Ulrike, Haken ist doch nicht unanständig.«
    »Nein. Aber besser ist besser. Ich kenne deine Anfänge und deine Schlüsse.«
    Lehnert sah auf das Treiben, und mitunter konnt es fast den Anschein gewinnen, als freue er sich darüber, am meisten, wenn die jungen Dinger, von denen einige immer aus dem Takte heraus und andere noch gar nicht hinein waren, an ihm vorbeiwalzten. Dann aber schwand mit einemmal wieder alles, was um ihn her war, und er sah wieder Opitz um die Buschecke biegen und hörte, wie der Hahn aufschlug, und sah ihn zusammenbrechen. »Er hat es nicht anders gewollt... Ob er tot ist...? Er
muß
tot sein.. .« Und während er noch so sann und in sich hineinredete, trat er aus dem heißen Saal ins Freie hinaus und sah nach dem Gehänge hinüber und dann hinauf in den gestirnten Himmel. Da stand die Sichel in aller Klarheit über ihm, aber über dem Toten am Wege stand sie auch.
    Eine kalte Nachtluft ging, und Lehnert trat wieder in den Saal, der sich allmählich zu leeren anfing.
    Als die letzten fort waren, erschien Lissi, seine gute Freundin, auch eine Böhmin, in der Tür und sagte: »Nun, Lehnert, was meinst? wenn ich der Bertha zurede, spielt sie noch einen Ländler auf, einen Ländler oder einen Schott'schen.« Und die Harfenistin, die jedes Wort, das die beiden sprachen, gehört und guten Grund zur Freundschaft mit der Kellnerin hatte, fuhr auch gutwillig über die Saiten. Aber Lehnert wich aus und sagte, »daß er die fremden Herrschaften, die gewiß sehr müde seien, in ihrem Schlafe nicht stören wolle«.
    »Was du da nur redst, Lehnert! Du willst halt nit. Das is alles. Aber gib acht, wenn du willst, will ich nit.« Und damit griff sie nach einer ganzen Anzahl von Seideln, die leer auf den Tischen umherstanden, und ging spöttisch und hochmütig an Lehnert vorüber. Zuletzt kam auch der Wirt. »Nu, Lehnert, ich sehe, du willst zu Nacht bleiben. Schlimm; alles voll bis unters Dach. Aber komm nur, ich weiß schon, was du gern hast.« Und dabei ging er voran und stieg, während Lehnert folgte, draußen am Giebel eine Leiter hinauf, die zunächst bis an eine Lukentür und durch diese hindurch nach dem Heuboden führte.
    Lehnert machte sich's hier bequem und suchte zu schlafen. Aber es war zu schwül und der Heugeruch zu stark. So trat er denn wieder bis an die Lukentür heran und riß einen der beiden Flügel auf. Aber ebenso rasch schloß er ihn wieder. Schräg über ihm stand die Mondsichel und sah herab auf ihn und fragte.
     
    Bald nach Tagesanbruch war Lehnert auf. Alles schlief noch, und nur das hübsche böhmische Mädchen, das er am Abend zuvor durch sein »Nein« erzürnt hatte, stand im Hof und spaltete Holz. Sie schien ihn nicht sehen zu wollen. Er trat aber an sie heran und sagte: »Laß gut sein, Lissi. Du weißt, ich bin kein Spielverderber und weiß, was sich paßt. Und wenn einem ein hübsches Mädel, und nun gar eins wie du, einen Kuß oder einen Tanz anbietet, da soll man nicht nein sagen. Das weiß ich so gut wie einer. Und hab ich dir schon was abgeschlagen? Nun, siehst du, du lachst. Also laß gut sein. Ich konnte nicht, mir war so schwindlig, und ich hätte von dem Bier nicht trinken sollen. Am Ende hast du was hineingetan, was einen behext. Und nun mache mir einen Kaffee, hörst du? Und vergiß nicht, wer zuerst kommt, der mahlt zuerst. Für die Berliner ist das andere gut genug.«
    »Pst.«
    »Ach, die schlafen ja noch.« Und damit ging er auf einen Vorplatz zwischen Stall und Giebel und setzte sich in eine Gitterlaube, die an der windgeschützten Seite mit Convolvulus spärlich umwachsen war.
    Und nicht lange, so kam der Kaffee mit Brot und Butter und einem Cognac; denn Lissi kannte seine Gewohnheiten. »Auf dein Wohl, Lissi! Und das nächste Mal tanz ich, bis ich umfalle.« Und als er das sagte, streckte er die Hand nach ihr aus. Aber sie gab ihm einen Klaps und sagte: »Du denkst halt, jede Stund ist gut zum Brezelbacken. Aber da irrst, das is nit wahr. ›Wer nicht kommt zur rechten Zeit ...‹ Und jetzt ist nicht rechte Zeit, und morgens ist nicht abends... Aber mein Gott, da klingelt es schon und ruft auch schon. Ich wette, das ist die dicke Madame, die gestern tanzte,

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