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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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daß er um zehn in Trautenau sein könne. Da (das wußt er) fand er Freundschaft und Anhang und konnte leicht weiter, fort in die Welt, und war dann keine Not und Gefahr mehr. Aber mußt er denn fort? Um was war denn das alles geschehen? Doch nur, um
nicht
in die Welt hinaus zu müssen. Wenn er aber umgekehrt so ohne weiteres Platz machen wollte, dann konnte »der andere« auch bleiben und die Leute weiterquälen. Er
durfte
nicht gehen. Wenn er ging, war alles umsonst gewesen. So sann er auf seinem Wege hin und her, und als er bis Johannisbad gekommen war, war er entschlossen, den Weitermarsch bis Trautenau aufzugeben und in seine Wolfshauer Stellmacherei zurückzukehren. Es zog ihn mit einemmal wieder heim, und ein seltsames Verlangen regte sich in ihm, Zeuge zu sein, wie's nun wohl kommen werde.
     
    Der Abstieg war bequem gewesen, jetzt aber ging es wieder steil bergan, und von Bequemlichkeit war keine Rede mehr. Indessen, er war ein guter Steiger, und schon um vier war er wieder auf dem Koppenkamm und um sechs in Wolfshau.
    Die Mutter, die die Siebenhaarsche Predigt unten in Arnsdorf nicht versäumt hatte, stand am Herd und hielt just einen Bunzlauer Kaffeetopf und ein Stück Streuselkuchen in Händen, als Lehnert unter Kopfnicken eintrat.
    »Guten Tag, Mutter!«
    »Tag, Lehnert!«
    »Weiter nichts, Mutter? Du bist doch sonst nicht so kurz. Nichts Neues? Nichts vorgefallen? Keine Menschenseele dagewesen? Der Streusel da kann doch nicht durch den Schornstein gekommen sein wie der Klapperstorch oder der Gottseibeiuns.«
    »Ach, rede doch nicht von dem, der kommt doch, der kommt auch so.«
    »Durch die Tür, meinst du?«
    Sie nickte, tat einen Zug und starrte dann wieder schweigend vor sich hin, ohne Lehnert anzusehen. Der schwieg auch. Endlich sagte sie: »Opitz ist noch nicht da.«
    »So?«
    »Die Frau war hier und weinte.«
    »Warum?«
    »Weil sie glaubt, daß ihm was passiert sein könne.«
    Lehnert lachte. »Dann muß eine Förstersfrau jeden Tag weinen.«
    »Und dann fragte sie nach dir...«
    »So, so. Und was sagtest du?«
    »Daß du nach dem ›Waldhaus‹ gewollt hättest und vom Waldhaus nach Arnsdorf... vielleicht von wegen dem Has'... zum Grafen. Aber ich wüßt es nicht genau.«
    »Das ist recht, Mutter, daß du das gesagt hast, daß du gesagt hast, du wüßtest es nicht genau. Das ist immer das beste, das mußt du immer sagen. Und nun gib mir einen Schluck von dem Kaffee da. Nein, laß lieber, ein Teller Milch ist mir besser. Ich bin verhungert und verdurstet. Seit heute früh keinen Bissen und keinen Tropfen.«
    Beide standen auf, Lehnert, um sich umzuziehen und die Gamaschen abzutun, die Mutter, um ihm die Milch zu holen, die nach Landesbrauch in einer vom Ufer aus vorgebauten Steinhütte stand, durch die nun die Lomnitz hindurchschoß und Kühle gab.
    Als Lehnert wieder treppab kam, sah er, daß die Mutter ihm das Abendbrot vor dem Hause hergerichtet hatte, neben dem Rosenbusch, unter dessen überhängendem Gezweig er am liebsten saß. Drüben aber, in der Haustür der Försterei, stand die gute Frau Opitz und sah abwechselnd nach dem Gehänge hinauf und dann wieder in die tiefrot untergehende Sonne.
    »Nicht hier, Mutter.«
    »Aber es ist doch deine Lieblingsstelle.«
    »Ja, sonst. Aber heute nicht.«
    Und er hieß sie den Tisch mit anfassen, und beide trugen ihn mit leichter Mühe durch den Flur, bis vor die Küchentür. Da nahm er nun Platz und aß.
    Als er damit geendet hatte, stand er auf und ging wieder in die Vorderstube, in der jetzt völlige Dämmerung herrschte. Die Mutter war noch draußen, und so schritt er auf und ab und überlegte, was werden würde. Mit einemmal aber war es ihm, als würde die Klinke leis geöffnet und wieder ins Schloß gedrückt, und als er sich umsah, sah er, daß Christine vor ihm stand.
    »Da, Lehnert!« Und sie hielt ihm bei diesen Worten ein nach Art eines amtlichen Schreibens zweimal zusammengefaltetes Papier hin. Als er es auseinandergeschlagen und, ans Fenster tretend, einen Blick hineingeworfen hatte, sah er, daß es der Bericht war, in dem Opitz seinen Strafantrag gestellt hatte.
    »Zerreiß es!« sagte Christine. »Ich hab es gefunden. Es lag auf seinem Schreibtisch.«
    »Aber er wird es suchen, wenn er nach Hause ... wenn er wiederkommt«.
    »Er kommt nicht wieder«.
    Und damit war sie fort, und er sah nur, wie sie rasch über den Steg hinhuschte, wieder der Försterei zu.
     
Dreizehntes Kapitel
     
    »Er kommt nicht wieder«, hatte Christine gesagt;

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