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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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der Union, ganz besonders aber nach Kansas und Dakota ging. Als er hörte, daß wer eingetreten war, wandt er sich, indem er einfach den Stuhl drehte, der Tür zu, blieb aber sitzen.
    »Lieber Vater«, sagte Toby, »hier bring ich dir Mister Lehnert Menz.«
    »Lehnert Menz«, wiederholte ruhig und freundlich der Alte. »Hab ich recht verstanden?«
    »Zu Befehl«, sagte Lehnert.
    Obadja lächelte, weil er sich, aus lang zurückliegenden Zeiten her, dieser preußisch-militärischen Form der Bejahung erinnerte. »Nun, Mister Lehnert«, fuhr er fort, »Ihr wollt es also mit uns versuchen? Toby hat mir davon erzählt. Und hat mir auch erzählt, daß Ihr ein Zeichen darin sähet, daß sich unsere Wege vor Jahren schon einmal gekreuzt haben. Und darin habt Ihr recht, denn es gibt solche Zeichen, so gewiß es eine Vorbestimmung und eine Gnadenwahl gibt. Und das ist unser aller Hoffnung, ein solch Erwählter zu sein. Aber, Toby, nun sorge vor allem für einen Imbiß, und wenn du Maruschka nicht findest, die wohl schon ihre Vormittagsruhe halten wird – es ist unsere älteste Dienerin und Freundin, und wir müssen ihr etwas zugute halten –, so sag es der Mistress Kaulbars. Es wird ohnehin Zeit, daß wir ihr das Küchenwesen anvertrauen, auf das sie sich jedenfalls besser versteht, schon weil sie noch jung und noch bei Kräften ist. Aber nun, Mister Lehnert, nehmt einen Stuhl und rückt hier heran und setzt Euch ins Licht, daß ich Euch besser sehen kann. Es geht noch mit allem sonst, des Barmherzigen Gnade sei dafür gepriesen, aber mit dem Sehen will es nicht mehr recht. Und ich sehe doch jedem gern ins Auge. Das Auge sagt noch mehr als die Stimme.«
    Lehnert tat, wie ihm geheißen, und erwartete nun, daß ein Fragen und Katechisieren beginnen werde, ja mehr, es lag ihm daran, es war geradezu sein Wunsch. All die Zeit über hatte seine Tat auf seiner Seele gelastet, und er sehnte sich danach, alles herunterzubeichten und in dieser Beichte Trost und Erleichterung finden zu können. Aber von dieser Erwartung erfüllte sich nichts, und wenn ihm auch nicht entging, daß Obadja, wie zufällig, seine Hand nahm und ihn dann von der Seite her ansah, so konnt ihm doch noch weniger entgehen, daß jede direkte Frage nach Leben und Vergangenheit mit Absicht vermieden wurde.
    »Ich höre von meinem Sohne Toby«, nahm er nach einer Weile wieder das Wort, »daß Ihr ein Preuße seid, also, meiner Geburt nach, ein Landsmann von mir und jedenfalls ein Landsmann meiner zwei ältesten Söhne, die diesem neuen Lande wieder den Rücken gekehrt haben und lieber drüben sind als hier. Und vielleicht haben sie recht getan. Denn die Freiheit, deren wir uns hier rühmen und freuen, ist ein zweischneidig Schwert, und die Despotie der Massen und das ewige Schwanken in dem, was gilt, erfüllen uns, sosehr ich die Freiheit liebe, mit einer Unruhe, die man da nicht kennt, wo stabile Gewalten zu Hause sind.«
    Lehnerts Auge sagte, daß er dem eben Gehörten zustimme, während der Alte selbst in dem ihm eigenen lehrhaften Tone fortfuhr: »Aber das alles sind Fragen, die für mich zu spät kommen. Ich gehöre jetzt diesem Lande, dem ich für so vieles zu Danke verpflichtet bin, von ganzem Herzen an, und ich zahl ihm meinen Dank am besten, indem ich ihm nach meiner Kraft diene. Der aber macht sich am nützlichsten, der arbeitet und vordringt und aufschließt und den Wald und das Heidentum ausrodet und den Glauben an Jesum Christum, unsern Erlöser, an seine Stelle setzt. Ja, Lehnert Menz, der dient ihm am besten, der in der Arbeit steht und Ordnung hält. Und Ordnung und Arbeit, worauf es ankommt, die sind in dem Lande drüben, drin wir beide geboren wurden, recht eigentlich zu Haus, und um dieser Tugenden und vor allem auch um der Nüchternheit willen sind mir die Preußen die liebsten und sind mir die nutzbarsten Mitarbeiter am Werk. Das verdanken sie, von alter Zeit her, ihren Fürsten und Königen, die sich selbst immer mit Stolz die ersten Diener, das will sagen die fleißigsten Arbeiter, ihres Landes genannt haben, und verdanken es ihren Schulen und ihrer guten Zucht und Sitte.«
    Hier unterbrach sich Obadja, wie sich Prediger in ihrer Predigt unterbrechen, um nach einiger Zeit einen neuen Anlauf zu nehmen, und Lehnert schwieg, weil er fühlte, daß jetzt ein Übergang kommen müsse. Und der kam denn auch wirklich.
    »Ihrer guten Zucht und Sitte«, wiederholte Obadja. »Und diese gute Zucht und Sitte hat auch der gute Mister Kaulbars, der jetzt meiner

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