Quitt
ich werde dann zu Manito sagen: ›Retirez-vous!‹
Den
kenn ich,
den
hab ich wirbeln sehen. Und die Kesselpauke steht gut mit der Posaune. Basta. Nehmt ihn nach rechts, ihr, ihr Himmlischen! Und dann hat Camille L'Hermite ihn gerettet und nicht Krähbiel und nicht Obadja... Ja, ja, Monsieur Lehnert, die Machtfragen liegen wunderbar, und die Maus knabbert den Löwen frei.«
Achtundzwanzigstes Kapitel
Nach dem Begräbnis von Gunpowder-Face, das noch mehrere Tage lang ein bevorzugtes Gesprächsthema bildete, wurde die frühere Lebensweise wieder aufgenommen und durch den ganzen November hin fortgesetzt. Obadja fehlte selten an den nach wie vor stattfindenden Gesellschaftsabenden und war dabei von einer Freudigkeit und Frische, die jeden, am meisten aber die Kinder in Erstaunen setzte. Scherzworte wurden nicht nur gestattet, er erging sich sogar selber darin. Einmal sprach Toby von der verwundersamen Vorliebe, die Monsieur L'Hermite für Gunpowder-Face gehabt habe. »Nicht zu verwundern«, sagte Obadja, »sie waren wie Ordensbrüder, und ihr gemeinsames Gelübde war das Groteske.« Bald danach kam auch auf Kaulbars die Rede, der bei dem Begräbnis gefehlt habe. »Wir wollen ihn zum Häuptling vorschlagen«, sagte Obadja. »Mistress Kaulbars gibt eine gute Squaw.«
So vergingen, wie herkömmlich, die Abende, bis mit der Adventszeit ein plötzlicher Wandel eintrat und Weihnachten auf die Tagesordnung kam. Nichts mehr von Musizieren, noch weniger von Lesen, denn mit »Gertrud und Lienhardt« hatte man längst geendet. Ja, Buch und Notenblatt verschwanden, und statt ihrer lagen große Flanellstücke durch die Stuben hin zerstreut, Flanellstücke, daraus Kappen und Kapuzen, und daneben bunte Lappen und Federn, aus denen Puppen für die Arapahokinder unter Bruder Krähbiels und für die Cherokeekinder unter Bruder Nickels Leitung angefertigt werden sollten. Alles war in Aufregung, am meisten L'Hermite, der jetzt jeden Abend kam und nicht bloß einen großen Eifer, sondern auch eine große Geschicklichkeit in Herstellung aller Arten von »German Toys«, also von Hampelmännern, Stehaufs und Sägebirnen an den Tag legte, nicht viel anders, als ob er jahrelang Obermeister in einer thüringischen Spielwarenfabrik gewesen wäre. Nicht minder gab er, weil er als Franzose dergleichen wissen mußte, für die Puppen die Moden an, und wenn Maruschka eben erst eine à l'Empire gekleidete Puppe bewundert hatte, erschienen auch schon andere mit Krinolinen à la Eugénie oder mit Tournuren à la Zouave. Eine besonders hübsche, mit einer Kasawaika und einer viereckigen polnischen Mütze, führte natürlich die Bezeichnung à la Maruschka, bei deren feierlicher Überreichung der miteingeweihte Toby das Klavier aufschlagen und den Anfang von »Noch ist Polen nicht verloren« zum besten geben mußte.
Das ging so bis zum elften Dezember. An diesem Tage trafen die beiden Kaulbarse vom Vorwerk her ein, und wiewohl ihr Kommen im ersten Augenblick eine Störung und fast einen Schreck verursachte, denn sie waren um ihrer Neunmalweisheit willen bei niemand recht beliebt, so fand man sich doch schnell ins Unvermeidliche und zog sie wohl oder übel mit in die kleine Tafelrunde hinein. Ihr Erscheinen, das eigentlich außer aller Berechnung gelegen hatte, hatte seinen Grund in einem zufälligen Ereignis, und zwar in einem Briefe, der am zehnten Dezember vormittags bei Martin Kaulbars eingetroffen war und von seiner in Berlin an einen Pantoffelmacher Hecht verheirateten Schwester Ida herrührte, bei deren Verheiratung es beiläufig auf gut berlinisch geheißen hatte: die Kaulbars, nunmehrige Hecht, habe sich über ihren Stand verheiratet. Das alles lag jetzt dreizehn Jahre zurück, aus dem Pantoffelmacher von damals war – übrigens ohne irgendwelche Veränderung des Lokals, eines multrigen Berliner Kellers – eine sogenannte »Puppenschuhfabrik« geworden, und aus eben dieser »Fabrik« schrieb Schwester Ida unterm siebenundzwanzigsten November einen längeren Brief an ihren Bruder Martin, darin es gegen den Schluß hin wörtlich lautete: »Beinah, mein lieber Martin, hätt ich vergessen, Dir von den Kindern zu schreiben. Alle sind gut; es ist so was Kaulbarsiges drin, so was, ja, wie sag ich, so was Eigentümliches und Apartiges, was wir ja alle haben und beinah auch Deine Frau. Ulrike, unsere Älteste, ist so gut wie erwachsen und kann jeden Tag heiraten; in Amerika soll es ja schon mit zwölfe passieren, so sagt wenigstens Hecht, was
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