Quitt
wiederholentlich und mit einiger Anzüglichkeit vorkamen.
So ging es denn wirklich weiter, schräg über die Lichtung hin, und einige Minuten später, so hatte man den Waldrand erreicht, um den sich's handelte. Aber es waren lauter starke Stämme, Stämme wie Masten, alles Jungholz fehlte, und so blieb nichts übrig, als ein Stückchen weiter waldeinwärts nach etwas Paßlicherem Umschau zu halten. Richtig, da stand eine, wie man sie brauchte, schlank und nur zweimannshoch und doch schon ein Baum, doch schon eine wirkliche Tanne. Toby, der gern einen lebendigen Baum mit heimbringen wollte, begann emsig zu graben, aber die großen Wurzeln umherstehender älterer Bäume ließen ihn nicht recht von der Stelle kommen, so daß Lehnert, der wohl wußte, daß das eigentliche Schneetreiben in jedem Augenblick beginnen könne, heftig und fast gewaltsam dazwischenfuhr.
»Darauf können wir nicht warten, Toby. Wir müssen den Baum umhauen; das spart Zeit. Von uns will ich nicht sprechen. Aber Ruth.«
Und dabei hieb er auch schon mit der Axt auf den Baum ein, während er dem verdutzten und deshalb plötzlich zu Gehorsam geneigten Kaulbars zuschrie, den Strick um das untere Gezweig zu legen und den Stamm mit aller Kraft niederzuwuchten, was auch gelang. Schon beim fünften Axtschlage brach der Baum dicht über der Wurzel ab, und nun griff Lehnert zu, legte den Stamm über die Schulter und setzte sich, während Kaulbars und Toby folgten, auf die Waldwiese hin in Bewegung, über die man den Rückweg nehmen wollte, wie vorher den Hinweg. Aber von der Waldwiese war nichts mehr zu sehen, und nur an dem bis dahin durch die dichten Baumwipfel gehinderten, jetzt aber massenhaften und undurchdringlichen Flockentanze ließ sich erkennen, daß man an der schräg zu passierenden Lichtung angekommen sein müsse.
»Vorwärts«, kommandierte Lehnert. »Solange wir die Flocken um uns her haben, sind wir im Freien, und haben wir erst drüben die Bäume wieder, so finden wir uns schon zurecht. Wo der Schnee durch den Wald hin am tiefsten liegt, da läuft der Weg. Vorwärts!«
Und die Tanne, die für einen Augenblick zu Boden geglitten war, wieder auf die linke Schulter nehmend, begann er aufs neue seinen Laufschritt und zog das grüne Gezweig durch den Schnee hin nach. Die Furcht war nur, in dem Flockentanze die Richtung über die Wiese hin zu verlieren; aber die Findigkeit, die Lehnert von Jugend auf in derlei Dingen gelernt und geübt hatte, sorgte dafür, daß der Waldrand drüben glücklich erreicht und bald auch die bergab steigende, durch ihre Schneemasse leicht erkennbare Straße gefunden wurde. Hier freilich brach er, erschöpft vor Anstrengung und Aufregung, auf einen Augenblick wie ohnmächtig zusammen. Aber schon im nächsten Momente stand er wieder da, rieb sich die Stirne mit Schnee und ließ nun Kaulbars und Toby gemeinschaftlich anfassen, die jetzt nach dem Beispiel, das er ihnen gegeben, die Baumspitze nachschleiften. An dem immer steileren Abfall merkten sie mit einer Art Sicherheit, daß sie nicht fehlgingen und in einer Viertelstunde, vielleicht noch schneller, wieder unten am Abhang sein mußten. Und wirklich, nicht lange mehr, so sahen sie's lichter werden (das Unwetter hatte nachgelassen) und hörten, trotzdem der Schnee den Ton dämpfte, wie Uncas mit immer lauter werdendem Gebläff ihre Hoihorufe beantwortete.
»Gott sei Dank!« so klang es jetzt von ihrer aller Lippen, und zwei Minuten später, so war man aus dem Schluchtwege heraus und erblickte Ruth und das Gefährt, ohne daß man lange danach gesucht hätte. Denn es fielen jetzt keine Flocken mehr, die Luft war klar geworden, und nur an der Schneemasse, die bis hoch über die Radachsen lag, sah man, wie mächtig eine halbe Stunde lang der von der Ebene kommende Wind den Schnee gegen das Gebirge getrieben hatte.
»Gott sei Dank!« wiederholte Toby, während er die Schwester umarmte. »Das wär uns beinahe ein teurer Baum geworden – ein teurer Baum und ein teures Fest. Und welch ein Glück, daß du tapfer ausgehalten hast! Wie hätt ich vor den Vater hintreten sollen! Aber das soll nicht wieder vorkommen, daß ich dich so allein lasse. Hast du dich geängstigt?«
»Nein! Wenigstens nicht um mich. Wir hätten den Weg gefunden, nicht wahr, Uncas? Aber ihr, du! Nun, Gott sei Dank, es ist vorüber.«
Inzwischen waren auch Kaulbars und Lehnert herangetreten und luden den so mühsam eroberten Baum auf den Wagen. Es war aber noch zu früh dazu, ja, man mußte den Baum
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