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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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seine Füße, umfaßte sie krampfhaft und rief, während Totenblässe sein Gesicht bedeckte:
    „O Herr, o Herr! Ich bin alt. Fünfzig, nicht dreihundert Streiche. Fünfzig sind genug! Hundert, nicht dreihundert Streiche! O Barmherzigkeit, Barmherzigkeit!“
    Vinicius stieß ihn mit dem Fuße von sich und gab den Befehl. Zwei kräftige Kerkersklaven folgten dem Hausmeister, ergriffen Chilon bei den Haaren, banden ihn mit seinen eigenen Lumpen am Halse fest und schleppten ihn in das Ergastulum.
    „Im Namen Christi!“ rief der Grieche am Ausgang des Korridors.
    Vinicius war allein. Der eben erteilte Befehl kräftigte und belebte ihn wieder, und er suchte seine zerstreuten Gedanken zu sammeln und zu ordnen. Er fühlte sich erleichtert, und der Sieg, den er über sich selber errungen, erfüllte ihn mit Befriedigung. Es schien ihm, er wäre Lygia um vieles näher gekommen und ein großes Los erwarte ihn. Im ersten Augenblick ward er sich nicht bewußt, daß er Chilon unrecht tue und ihn peitschen lasse für das, wofür er ihn ehedem belohnt hatte. Er war zu sehr Römer, um von fremdem Schmerz sich berühren zu lassen und sein Mitleid einem nichtswürdigen Griechen zu schenken. Hätte er selbst an Chilons Leiden gedacht, er hätte geglaubt, mit der Bestrafung eines solchen Schurken gut getan zu haben. Sein Geist weilte bei Lygia, er sagte zu ihr: „Ich will dir nicht Gutes mit Bösem vergelten. Wenn du erfährst, was ich dem getan, der mich überreden wollte, die Hand gegen dich zu erheben, dann wirst du mir dankbar sein.“ Da fiel ihm ein: „Kann Lygia diese Behandlung Chilons loben? Ihre Religion gebietet Verzeihung; die Christen vergaben dem Schurken, obwohl sie mehr Gründe zur Rache hatten als ich.“ Dann klang in seiner Seele der Ruf: „Im Namen Christi!“ Er erinnerte sich, daß sich Chilon damit aus den Händen des Ursus befreit hatte, und er beschloß, ihm den Rest der Strafe zu erlassen. Eben wollte er den Hausmeister rufen, als dieser bereits vor ihm stand und sagte:
    „Herr, der alte Mann wurde ohnmächtig und ist vielleicht schon tot. Soll ich ihn noch weiter peitschen lassen?“
    „Belebe ihn wieder und bringe ihn zu mir!“
    Der Hausmeister verschwand hinter dem Vorhang. Die Wiederbelebung ging langsam vonstatten. Vinicius wartete ziemlich lange und wurde ungeduldig, als endlich die Sklaven Chilon brachten und auf ein Zeichen wieder verschwanden.
    Chilon war weiß wie eine Leiche, das Blut floß von seinen Beinen auf das Mosaikpflaster des Atriums. Doch war er bei Bewußtsein, fiel auf die Knie und sprach mit ausgebreiteten Armen:
    „Dank dir, Herr, du bist groß und barmherzig.“
    „Hund“, sagte Vinicius, „wisse, daß ich dir vergab um jenes Christus willen, dem auch ich mein Leben schulde.“
    „O Herr, ich will ihm und dir dienen.“
    „Schweige und höre: Steh auf! Du wirst gehen und mir das Haus zeigen, wo Lygia wohnt.“
    Chilon sprang auf; aber kaum war er auf den Füßen, als er blasser wurde als zuvor und mit schwacher Stimme sprach:
    „Herr, ich bin wirklich hungrig – ich will gehen, Herr, ich will gehen! Aber ich habe nicht die Kraft. Laß mir nur den Rest vom Teller deiner Hunde reichen, und ich werde gehen.“
    Vinicius ließ ihm Speise, ein Goldstück und einen Mantel geben. Aber durch Peitschenhiebe und Hunger geschwächt, konnte Chilon keine Nahrung zu sich nehmen. Die Angst, Vinicius möchte seine Schwäche als Widerspenstigkeit auslegen und ihn aufs neue peitschen lassen, ließ ihm die Haare zu Berge stehen.
    „Nur etwas warmen Wein“, wiederholte er zähneklappernd, „ich werde dann gehen können bis nach Magna Graecia.“
    Nach einiger Zeit erholte er sich etwas, und sie gingen. Der Weg war lang; denn wie die meisten Christen wohnte Linus jenseits des Tibers, nicht weit von Miriam. Endlich zeigte Chilon Vinicius ein kleines alleinstehendes Haus, umgeben mit einer von Efeu bewachsenen Mauer, und sagte:
    „Hier wohnt sie, Herr!“
    „Gut“, sagte Vinicius, „gehe jetzt deiner Wege, aber höre erst, was ich dir sage: Vergiß, daß du mir gedient, vergiß, wo Miriam, Petrus und Glaukos wohnen, vergiß auch dieses Haus und alle Christen! Du wirst jeden Monat in mein Haus kommen, und Demas, mein Freigelassener, wird dir zwei Goldstücke geben. Aber solltest du weiter nach Christen spionieren, so werde ich dich wieder peitschen lassen oder dem Präfekten der Stadt überliefern.“
    Chilon machte eine tiefe Verbeugung und sagte:
    „Ich will vergessen.“
    Aber als

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