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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Vinicius um die Straßenecke bog, drohte er hinter ihm her mit den Fäusten und rief aus:
    „Bei Ate und den Furien! Ich will nicht vergessen.“
    Dann fiel er wieder in Ohnmacht.

XXXIII
    Vinicius schritt dem Hause zu, worin Miriam wohnte. Vor der Tür stand Nazarius, erstaunt, ihn kommen zu sehen. Vinicius grüßte herzlich und bat, in Miriams Wohnung geführt zu werden.
    Außer Miriam fand er dort Petrus, Glaukos, Crispus und Paulus von Tarsus, der erst kürzlich aus Fregellae zurückgekehrt war. Erstaunen malte sich auf aller Angesicht beim Anblick des jungen Kriegers. Er sprach:
    „Ich grüße euch im Namen Christi, den ihr anbetet“
    „Sein Name sei ewig gepriesen“, antworteten sie einstimmig.
    „Ich habe eure Tugend erkannt und eure Güte erfahren; darum komme ich als euer Freund.“
    „Wir begrüßen dich als einen Freund“, antwortete Petrus. „Setze dich, Herr, und nimm als Gast an unserem Mahle teil.“
    „Ich will mich setzen und euer Mahl teilen. Zuvor aber hört mich an, du, Petrus, und du, Paulus von Tarsus, damit ihr meine Offenheit erkennt. Ich weiß, wo Lygia sich befindet. Ich war vor dem Hause des Linus, nicht weit von hier. Sie gehört mir durch den Machtspruch des Cäsars. In meinem Hause in Rom sind gegen fünfhundert Sklaven, so daß ich ihr Versteck umzingeln und sie entführen könnte. Dennoch tat ich es nicht und tue es nicht.“
    „Dafür wird der Herr dich segnen und dein Herz rein machen“, erwiderte Petrus.
    „Ich danke dir. Doch höre weiter. Trotz meines Verlangens und meiner Traurigkeit unterließ ich es. Bevor ich euch kannte, würde ich sie unbedingt entführt und mit Gewalt festgehalten haben. Eure Tugend und eure Religion – obschon ich sie nicht bekenne – haben etwas in meiner Seele umgewandelt, so daß ich nicht mehr an Gewalttaten denken mag. Warum dies so ist, weiß ich nicht, doch es ist so. Darum bin ich zu euch gekommen, weil ihr an Lygia Vater- und Mutterstelle vertretet. Gebt sie mir zum Weibe, und ich schwöre euch, nicht bloß an der Verehrung Christi sie nicht zu hindern, sondern mich selber in ihrer Religion unterrichten zu lassen.“
    Erhobenen Hauptes und entschlossenen Tones hatte er gesprochen. Doch war er erregt, seine Knie bebten. Als niemand antwortete, fuhr er, wie um eine ungünstige Antwort zu verhindern, fort:
    „Ich kenne die Hindernisse, die mich von ihr trennen. Doch ich liebe sie wie meine Augen und bin, obschon noch kein Christ, weder euer noch Christi Feind. Ich will offen sein, damit ihr mir trauen könnt. In diesem Augenblick hängt vielleicht mein Leben davon ab, dennoch will ich die Wahrheit sagen. Ein anderer würde sagen: ‚Tauft mich‘; ich sage: ‚Erleuchtet mich‘.
    Ich glaube, daß Christus von den Toten auferstanden ist; denn Männer sagen es, die die Wahrheit lieben und ihn nach dem Tode gesehen haben. Ich glaube, denn ich sah es, daß eure Religion Tugend, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit erzeugt, nicht die Verbrechen, die man euch vorwirft. Bis jetzt kenne ich euren Glauben nur oberflächlich, ein wenig durch euch, ein wenig durch eure Werke, ein wenig durch Lygia und aus Gesprächen mit euch. Dennoch wiederhole ich, daß er eine Umwandlung in mir bewirkt hat. Früher hielt ich meine Sklaven mit eiserner Hand, nun vermag ich das nicht mehr. Erbarmen war mir fremd; jetzt kenne ich es. Einst jagte ich nach Genuß; vorletzte Nacht entfloh ich vom Teiche des Agrippa, weil ich vor Ekel zu ersticken meinte. Glaubt mir, daß ich mich gar nicht mehr kenne! Mir ekelt vor Wein, Festen, Gesang, Zithern, Kränzen, vor des Cäsars Hof, nackten Leibern und allen Lastern. Wenn ich denke, daß Lygia an Reinheit dem Schnee auf den Bergen gleicht, so liebe ich sie noch mehr, und wenn ich mir sage, daß sie durch eure Religion so ist, liebe ich auch diese Religion und wünsche sie anzunehmen. Allein ich fasse sie nicht; ich weiß nicht, ob ich ihr nachleben, ob meine Natur sich damit in Übereinstimmung setzen kann, und so lebe ich in beständiger Qual und Ungewißheit wie in einem Kerker.“
    Seine Brauen zogen sich schmerzlich zusammen. Mit wachsender Erregung schloß er:
    „Ihr seht, wie Liebe und Ungewißheit mich martern. Man sagt, euer Glaube schließe irdische Freude, Glück, Gesetz, Ordnung, Autorität und Römerherrschaft aus. Ist dem so? Man sagt mir, ihr seiet Narren; doch sagt ihr selber mir, was ihr bringt! Ist es Sünde, zu lieben, sich zu freuen, nach Glück zu verlangen? Seid ihr Feinde des Lebens? Muß ein Christ

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