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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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ringsherum Delphine erschienen, als hätte die Musik sie wirklich aus Amphitrites Höhlen herausgelockt. Errätst Du, was ich tat? Ich dachte voller Sehnsucht an Dich. Ich hätte dieses Meer mit seiner Ruhe und mit der Musik einfangen mögen, um alles Dir zu geben.
    Ist es wohl Dein Wunsch, daß wir fern von Rom am Meeresufer leben, meine Augusta? Ich besitze ein Gut in Sizilien. Ein Mandelwald ist dort, der im Frühling in rosenroten Blüten steht und sich so nahe am Ufer hinzieht, daß die Spitzen der Zweige beinahe das Wasser berühren. Dort möchte ich Dich lieben und Paulus’ Lehren Ehre erweisen; weiß ich doch jetzt, daß sie Liebesglück nicht ausschließen. Willst Du? Bevor Du antwortest, will ich erzählen, was weiter im Kahne geschah.
    Das Ufer lag bald weit hinter uns. In der Ferne tauchte ein Segel auf, und sofort erhob sich ein Streit darüber, ob es bloß einem Fischerboote oder einem großen Schiffe aus Ostia gehöre. Ich entdeckte zuerst das Richtige, worauf die Augusta bemerkte, meinen Augen sei offenbar nichts verborgen. Plötzlich den Schleier über das Gesicht fallen lassend, fragte sie, ob ich so sie erkennen würde. An meiner Statt antwortete Petronius schnell, es sei unmöglich, die Sonne hinter einer Wolke zu sehen; sie aber meinte in scherzendem Tone, nur Liebe vermöge einen so scharfen Blick wie meinen zu verdunkeln, und begann viele Frauen Roms aufzuzählen, um die zu erraten, die ich liebe. Auf jeden Namen antwortete ich ruhig; nein; sie entschleierte ihr Gesicht wieder und schaute mich fragenden, bösen Blickes an.
    Ich bin Petronius wirklich dankbar, daß er in diesem Augenblick den Kahn wandte, wodurch die allgemeine Aufmerksamkeit von mir abgelenkt wurde. Denn wären feindliche oder höhnische Worte über Dich gefallen, so wäre ich kaum imstande gewesen, meine Entrüstung zu verbergen, und hätte leicht der Versuchung unterliegen können, diesem boshaften, teuflischen Weibe mit dem Ruder das Haupt zu zerschmettern. Denkst Du noch an den Zwischenfall beim Teiche des Agrippa, wovon ich Dir in Linus’ Hause am Vorabend meiner Abreise erzählte? Petronius fürchtet deshalb sehr für mich; erst heute bat er mich wieder eindringlich, ja nicht die Eitelkeit der Augusta zu verletzen. Allein Petronius versteht mich nicht. Er begreift nicht, daß ich außer Dir weder Genuß noch Schönheit und Liebe kenne und für Poppäa nichts als Verachtung und Abscheu empfinde. Du hast mich mächtig umgewandelt – so sehr, daß ich um keinen Preis mein früheres Leben fortsetzen möchte. Doch fürchte nicht, daß mich hier ein Unglück treffen könnte. Poppäa liebt mich nicht, wie sie überhaupt niemand lieben kann. Ihr Tun ist nur die Folge ihres Zornes gegen den Cäsar, der doch immer noch unter ihrem Einfluß steht und sie sogar noch lieben kann. Trotzdem nimmt er keine Rücksicht auf sie und gibt sich keine Mühe, seine schamlosen Ausschweifungen vor ihr geheimzuhalten.
    Ich will Dir etwas sagen, das Dich beruhigen wird. Petrus sagte mir bei der Abreise, ich solle mich nicht vor dem Cäsar fürchten, da kein Haar von meinem Haupte fallen werde. Ihm glaube ich. Eine Stimme im Innern sagt mir, jedes seiner Worte müsse in Erfüllung gehen; seitdem er unsere Liebe gesegnet hat, könne weder der Cäsar noch irgendeine Macht der Unterwelt, selbst das ewige Fatum nicht, Dich von mir reißen, meine Lygia! Dieser Gedanke macht mich so selig, als ob ich in dem Himmel wäre, der allein der Inbegriff der Glückseligkeit ist. Doch was ich da vom Fatum sagte, möchte Dich als Christin verletzen. Christus hat mich noch nicht gereinigt; meine Seele gleicht einem leeren Kelche, den Paulus allmählich mit der süßen Lehre füllt, die Du bekennst und die mir um so teurer ist, weil sie die Deine ist. Du, meine Göttin, magst mir das zum Verdienste anrechnen, daß ich ihn seines früheren Inhaltes entleerte und nun einem Dürstenden gleich unter den klaren Born halte. Laß mich Gnade finden vor Dir.
    In Antium will ich Tag und Nacht Paulus hören. Gleich am ersten Tage erwarb er sich unter meinen Leuten solches Ansehen, daß sie nun beständig um ihn sind und in ihm nicht bloß einen Wundertäter, sondern geradezu ein überirdisches Wesen erblicken. Gestern sah ich Freude auf seinem Antlitz. Auf meine Frage, was er tue, gab er zur Antwort: ‚Ich werfe Samen aus.‘ Petronius weiß, daß er sich unter meinen Leuten befindet, und wünscht ihn zu sehen, ebenso Seneca, der durch Gallo von ihm vernommen hat.
    Die Sterne

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