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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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gekrönt werden wird, eine gewisse Trauer von deinem Angesichte nicht weicht. Auch Pomponia Graecina ist nie ohne solche Traurigkeit. Seitdem du Christ geworden, hast du zu lachen aufgehört. Suche mich nicht zu überreden, daß diese Religion freundlich sei. Du bist trauriger als je von Rom zurückgekehrt. Wenn Christen in dieser traurigen Weise lieben, bei den schönen Locken des Bacchus, ich werde sie nicht nachahmen.“
    „Das ist etwas anderes“, antwortete Vinicius. „Ich schwöre nicht bei den Locken des Bacchus, sondern bei der Seele meines Vaters, daß ich nie in der Vergangenheit auch nur einen Vorgeschmack des Glückes genoß, das ich heute empfinde. Aber ein sehnendes Verlangen erfüllt meine Seele; eigentümlicherweise fürchte ich, fern von Lygia, es möchte ihr Gefahr drohen. Ich weiß nicht, welche Gefahr und woher sie kommen mag; doch ich fühle es wie das Nahen eines Gewitters.“
    „In zwei Tagen werde ich dir die Erlaubnis zu verschaffen suchen, Antium zu verlassen, solange es dir beliebt. Poppäa ist etwas gleichgültiger, und soviel ich weiß, droht Lygia von ihrer Seite keine Gefahr.“
    „Aber gerade heute fragte Poppäa mich, was ich in Rom zu tun hätte; und dies, obwohl meine Abreise ein Geheimnis ist.“
    „Vielleicht läßt sie dich im geheimen überwachen; nun aber hat sie mit mir zu rechnen.“
    „Paulus lehrte mich“, sagte Vinicius, „daß Gott uns zuweilen warnt; doch sei es nicht erlaubt, an Vorzeichen zu glauben. Darum suche ich zwar diesen Glauben in mir zu unterdrücken, vermag ihm aber doch nicht ganz zu widerstehen. Laß dir erzählen, was mir begegnete, damit es mir leichter ums Herz wird. Lygia und ich saßen beisammen in einer Nacht, so ruhig wie diese, und entwarfen Zukunftspläne. Wir waren unsagbar glücklich und zufrieden. Plötzlich begannen die Löwen zu brüllen. Wohl ist das nichts Besonderes in Rom; dessenungeachtet habe ich seit jener Zeit keine Ruhe mehr. Mir schien, als ob jenes Brüllen Unglück bedeutete. Du weißt, daß ich nicht furchtsam bin; aber der Vorfall jener Nacht erfüllte mich in der Dunkelheit mit Schrecken. Das Brüllen kam so befremdend und unerwartet, daß ich die Töne noch jetzt zu vernehmen meine und mein Herz in beständiger Furcht ist, als müßte ich Lygia vor irgend etwas Schrecklichem, sogar vor jenen Löwen, schützen. Meine Seele ist gequält. Erwirke mir die Erlaubnis, Antium zu verlassen, oder ich gehe ohne Erlaubnis. Ich kann nicht länger bleiben, ich wiederhole es, ich kann nicht.“
    „Söhne der Konsuln oder deren Frauen werden den Löwen in der Arena nicht vorgeworfen“, sagte Petronius lachend. „Ein anderer Tod mag deiner warten. Wer weiß indes, ob es Löwen waren? Germanische Auerochsen brüllen nicht schlechter. Was mich betrifft, so verachte ich Vorzeichen und Schicksalsankündigungen. Die letzte Nacht war warm, und ich sah Sterne fallen wie Regen. Mancher sieht darin ein schlimmes Vorzeichen; ich aber dachte: Wenn unter diesen Sternen der meine ist, so werde ich wenigstens der Gesellschaft nicht entbehren!“
    Er schwieg und fügte dann nach einigem Nachdenken hinzu:
    „Wenn dein Christus von den Toten auferstanden ist, so wird er vielleicht euch beide vor dem Tode bewahren.“
    „Möge er es tun“, antwortete Vinicius und wendete den Blick nach dem sternenbesäten Himmel.

XLI
    Nero spielte und sang zu Ehren der „Herrin auf Kypros“ eine Hymne eigener Dichtung und Komposition. Diesmal war er bei Stimme und nahm wahr, daß sein Vortrag die Zuhörer wirklich fesselte. Dieses Bewußtsein schwellte seine Seele so, daß er gleichsam inspiriert schien und endlich vor Ergriffenheit bleich wurde. Es war gewiß das erstemal, daß ihn nicht nach Lob verlangte. Er setzte sich hin und blieb lange schweigend, die Hand auf die Zither gestützt, das Haupt vornübergebeugt. Plötzlich erhob er sich und sagte:
    „Ich bin ermüdet und sehne mich nach Luft. Inzwischen sollen die Zithern gestimmt werden.“
    Dann legte er ein seidenes Tuch um seinen Hals.
    „Ihr begleitet mich“, befahl er Petronius und Vinicius, die in einer Ecke der Halle saßen.
    „Gib mir den Arm, Vinicius; ich fühle mich schwach. Petronius wird mich über Musik unterhalten.“
    Sie traten auf die mit Alabaster gepflasterte und mit Safran bestreute Terrasse hinaus.
    „Hier atmet es sich leichter“, sagte Nero. „Meine Seele ist bewegt und traurig, obgleich ich weiß, daß ich mit dem Gesang, den ich dir soeben zur Probe vorgetragen habe,

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