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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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vernichtest du Musik in deinem Reiche. Töte niemals Kunst um der Kunst willen, Gottheit!“
    „Wie ganz anders bist du als Tigellinus!“ war Neros Antwort. „Siehst du, ich bin in allem Künstler. Ich kann nicht leben wie andere, da doch die Musik Welten vor mir erschließt, deren Dasein ich niemals ahnte, Regionen, die mir nicht Untertan sind, Wonne, die unerfaßlich ist. Die Musik sagt mir, daß es etwas Ungewöhnliches gibt, und so jage ich danach mit all der Macht, die die Götter in meine Hände gelegt haben. Oft denke ich, um jene olympischen Welten zu erreichen, müßte ich etwas vollbringen, was noch keiner je vollbrachte, müßte ich in Gutem oder Bösem menschliches Maß übersteigen. Ich weiß, man hält mich für wahnsinnig. Aber ich bin nicht wahnsinnig, ich bin nur auf der Suche nach etwas. Wenn ich wirklich verrückt werde, so geschieht es aus Verzweiflung, daß ich nichts Außerordentliches finde. Ich suche! Verstehst du? Ich will mehr sein als Mensch; denn nur so kann ich als Künstler der größte sein.“
    Hierauf dämpfte er die Stimme so, daß Vinicius nichts hörte, legte den Mund an Petronius’ Ohr und flüsterte:
    „Weißt du, daß ich Mutter und Gattin nur darum verurteilte, um an der Pforte einer unbekannten Welt das größte Opfer niederzulegen? Ich hoffte, diese Pforten würden sich öffnen und meinen Augen nie Gesehenes zeigen. Mag es nun Herrliches oder Furchtbares, jeden menschlichen Begriff Übersteigendes sein, wenn es nur groß und ungewöhnlich ist. Allein jenes Opfer genügte nicht. Um die empyreischen Pforten zu erschließen, bedarf es einer größeren Tat. Sie soll vollbracht werden.“
    „Was willst du tun?“
    „Das wirst du früher erfahren, als du glaubst. Inzwischen sei versichert, daß es zwei Nero gibt, einen, wie die meisten ihn kennen, und einen anderen, den Künstler, den du allein kennst. Wenn er tötet wie der Tod selbst, wenn er wie Bacchus toll ist, so liegt der Grund darin, daß die Plattheit und das Elend des gemeinen Lebens ihn zu ersticken drohen. Aber ich will sie vernichten mit Feuer und Schwert. Oh, wie fade wird die Welt sein, wenn ich einmal nicht mehr lebe! Keiner noch hat geahnt, selbst du nicht, welch ein Künstler ich bin. Deshalb muß ich leiden, deshalb ist meine Seele in Wahrheit so umdüstert wie jene Zypressen dort. Es ist schwer, zugleich die Last der höchsten Macht und der größten Begabung zu tragen.“
    „Ich fühle mit dir, Cäsar, und mit mir tun es Land und Meer, nicht zum wenigsten Vinicius, der dich vergöttert.“
    „Auch er war mir stets wert“, sagte Nero, „obschon er dem Mars, nicht den Musen dient.“
    „Er dient vor allem Aphrodite“, erwiderte Petronius, dem plötzlich einfiel, die Gelegenheit für seinen Neffen auszunutzen und jede Gefahr von ihm zu entfernen. „Er ist verliebt wie Troilus in Cressida. Gestatte ihm, nach Rom zu gehen; sonst stirbt er mir unter den Händen. Weißt du, daß die lygische Geisel, die du ihm zusprachst, gefunden ist und daß Vinicius bei der Abreise nach Antium sie unter Obhut eines gewissen Linus ließ? Ich sprach deshalb nicht früher davon, weil du mit der Hymne beschäftigt warst, was wichtiger ist als alles übrige. Vinicius wollte sie zu seiner Geliebten machen; als es sich aber zeigte, daß sie tugendhaft wie Lucretia ist, verliebte er sich in ihre Tugend und verlangt sie jetzt zum Weibe. Sie ist eine Königstochter, so daß er sich ihrer nicht zu schämen hat. Er ist aber ein echter Soldat, der zwar nicht seufzt und stöhnt und ächzt, jedoch die Erlaubnis seines Imperators abwartet.“
    „Der Imperator sucht seinen Soldaten nicht selber die Frauen aus. Zu was dient meine Erlaubnis Vinicius?“
    „Ich sagte dir bereits, daß er dich vergöttert.“
    „Um so sicherer darf er auf meine Erlaubnis zählen. Ein hübsches Mädchen, doch zu schmal in den Hüften. Poppäa hat sich beklagt, daß es im Garten des Palatins unser Kind behexte.“
    „Ich habe zu Tigellinus gesagt, Götter seien keinem bösen Zauber unterworfen. Du erinnerst dich doch, Gottheit, seiner Verlegenheit und deines Rufes: ‚Habet‘?“
    „Ja.“
    Darauf wandte er sich an Vinicius mit der Frage:
    „Liebst du sie wirklich so, wie Petronius behauptet?“
    „Ja, Gebieter.“
    „So befehle ich dir, morgen nach Rom zu eilen und dich mit ihr zu vermählen. Tritt nicht vor meine Augen, bevor du den Ehering trägst.“
    „Hab Dank, Gebieter, aus vollem Herzen.“
    „O wie süß ist es, Menschen zu

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