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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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öffentlich auftreten darf und einen Ruhm erlangen werde, wie er noch keinem Römer zuteil wurde.“
    „Du magst damit hier, in Rom oder in Achaia auftreten. Von ganzem Herzen bewundere ich dich, Gottheit“, erwiderte Petronius.
    „Ich weiß es. Du bist zu träge, als daß du dich zu einer Schmeichelei zwingen würdest. Du bist so aufrichtig wie Tullius Senecio, doch kenntnisreicher als er. Was hältst du von Musik?“
    „Wenn ich auf Poesie lausche, wenn ich dich im Zirkus die Quadriga lenken sehe, wenn ich schöne Tempel, Statuen, Gemälde betrachte, so fühle ich, daß mein Verstand dies alles vollkommen erfaßt, daß meiner Begeisterung nichts von all dieser Schönheit verlorengeht. Lausche ich jedoch der Musik, vor allem deiner, dann eröffnen sich neue Genüsse, neue Schönheiten jeden Augenblick vor meinem Geiste. Ich hasche danach, und bevor ich sie festhalten kann, wogen neue und abermals neue daher, gleich den Wogen des Meeres, die aus der Unendlichkeit heranrollen. Darum vergleiche ich die Musik mit dem Meere. Wir stehen an dem einen Ufer und starren in die Ferne. Doch das andere Ufer sehen wir nicht.“
    „Welch tiefe Kenntnis du besitzest!“ sagte Nero.
    Sie gingen auf und ab, und eine Zeitlang war nichts zu hören als das Rascheln der Safranblätter auf dem Alabaster.
    „Du hast meinen eigenen Gedanken ausgesprochen“, begann endlich Nero; „darum wiederhole ich: Du bist der einzige in ganz Rom, der mich versteht. Meine Ansicht über Musik fällt mit der deinigen zusammen. Wenn ich spiele und singe, so sehe ich Dinge, deren Dasein ich früher nicht geahnt habe. Ich bin der Cäsar; die Welt ist mein. Ich kann alles tun. Doch Musik öffnet vor mir neue Königreiche, neue Gebirge, neue Meere, neue ungeahnte Wonnen. Häufig finde ich keinen Namen für sie, kann sie nicht fassen; aber fühlen kann ich sie. Ich fühle die Götter, ich sehe den Olymp. Ein Hauch von überirdischer Herkunft weht mich an. Ich erschaue wie durch einen Nebel unermeßliche Hoheiten, ruhig und licht wie die Sonne. Die ganze Sphärenwelt um mich herum ist in Töne aufgelöst, und ich gestehe dir“ – seine Stimme zitterte vor ungeheucheltem Erstaunen –, „daß ich, der Cäsar und Gott, mir in solchen Augenblicken nicht größer als ein Staubkorn vorkomme. Wirst du es glauben?“
    „Ja. Nur große Künstler vermögen sich im Angesicht der Kunst klein zu fühlen.“
    „Diese Nacht gehört der Offenheit; darum öffne ich dir meine Seele als einem Freunde und will dir noch mehr anvertrauen. Hältst du mich für blind oder vernunftlos? Glaubst du, ich weiß nicht, daß man in Rom Schmähungen gegen mich an die Mauern schreibt, mich Muttermörder, Gattenmörder nennt, einen Tyrannen, ein Scheusal? Ich weiß es. Man hat mir so lange schon Grausamkeit vorgeworfen, daß ich mich bisweilen selber frage: ‚Bin ich nicht grausam?‘ Man sieht eben nicht ein, daß ein Mann zuzeiten grausam handeln muß, obschon er selber nicht grausam ist. Ah! Keiner wird glauben, vielleicht selbst du nicht, mein Freund, daß ich oft, wenn Musik meine Seele umschmeichelt, so harmlos bin wie ein Kind in der Wiege. Bei jenen Sternen über uns schwöre ich, daß dies die Wahrheit ist. Die Leute wissen nicht, wieviel Güte in meinem Herzen liegt und welche Schätze ich darin entdecke, sobald Musik den Zugang dazu aufschließt!“
    Petronius zweifelte nicht im geringsten, daß Nero in diesem Augenblick aufrichtig war und daß Musik edlere Empfindungen in ihm erweckte, die aber durch Berge von Selbstsucht, Ausschweifungen und Verbrechen erdrückt wurden.
    „Man sollte dich so kennen wie ich“, sagte er; „Rom war nie fähig, dich zu würdigen.“
    Der Cäsar lehnte sich schwer auf Vinicius’ Arm, als erdrücke ihn die Last ungerechter Beurteilung.
    „Tigellinus sagte mir, im Senat flüstere man sich zu, daß Terpnos und Diodoros besser Zither spielten als ich. Auch diesen Vorzug will man mir nicht gönnen! Doch sage du mir, der du stets die Wahrheit sprichst, spielen sie besser oder ebenso gut?“
    „Keineswegs. Dein Anschlag ist feiner und doch kräftiger. Bei dir erkennt man sofort den Künstler, bei ihnen nur Übung.
    Man muß zuerst ihr Spiel hören, um deines richtig würdigen zu können.“
    „Wenn dem so ist, so sollen sie am Leben bleiben. Sie werden niemals ahnen, welchen Dienst du ihnen jetzt erwiesen hast. Wenn ich sie verurteilt hätte, müßte ich zwei andere suchen.“
    „Zudem würden die Leute sagen, aus Liebe zur Musik

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