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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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strömte ihm in den Kopf, so daß jeder Gegenstand, sogar der Rauch, ihm rot erschien. Er dachte: „Das heißt lebendig verbrennen. Besser, ich werfe mich zu Boden und ersticke.“ Das Laufen schmerzte ihn mehr und mehr. Haupt, Hals und Schultern troffen von Schweiß, der wie siedendes Wasser brannte. Hätte er nicht in Gedanken Lygias Namen wiederholt, hätte er nicht ihr Capitium um den Mund geschlungen, so wäre er zugrunde gegangen. Bald wurde es ihm unmöglich, die Straßen zu erkennen, durch die er rannte. Das Bewußtsein verließ ihn nach und nach. Er wußte nur noch das eine Wort: fliehen, denn Lygia erwartete ihn, Lygia, die Petrus ihm versprochen hatte. Und mit einem Male empfand er, wie eine Offenbarung vor dem Tode, die Gewißheit, daß er Lygia sehen, sich mit ihr vermählen und dann sterben müsse.
    Und weiter rannte er, wie betrunken von einer Seite zur anderen taumelnd. Inzwischen hatte sich der Anblick des Riesenbrandes etwas verändert. Was bis jetzt bloß geglommen hatte, stand nun in hellen Flammen. Der Wind brachte keinen Rauch mehr. Ein Wirbel sengender Luft räumte den Rauch aus den Straßen, Millionen von Funken mit sich führend, so daß Vinicius durch eine Feuerwolke zu fliehen schien. Allein um so besser fand er seinen Weg, und als die letzte Kraft ihn verlassen wollte, sah er das Ende der Straße vor sich. Das gab ihm neuen Mut. Um die Ecke biegend, erkannte er den Weg zur Via Portuensis und zum Codetanischen Felde. Die Funken verfolgten ihn nicht länger. Wenn er die Via Portuensis erreichte, war er gerettet, und sollte er dort auch zusammenbrechen.
    Doch am Ende der Straße sah er wieder eine Wolke vor sich, die den Ausgang versperrte.
    „Wenn das Rauch ist“, dachte er, „so komme ich nicht hindurch.“
    Die letzte Kraft aufbietend, stürzte er vorwärts und warf zugleich die Tunika von sich, die mit den darin schwelenden Funken wie das Hemd des Nessus auf seinem Leibe brannte. Sein einziger Schutz war nun das Capitium. Näher kommend, erkannte er, daß die Wolke, die er für Rauch gehalten, eine Staubwolke war, woraus ein Gewirr von Stimmen ihm entgegendrang.
    „Der Pöbel plündert die Häuser“, dachte Vinicius, indem er in der Richtung, woher die Stimmen kamen, weiterrannte. Jedenfalls waren dort Menschen, die ihm helfen konnten. Von weitem schrie er um Hilfe. Das war die letzte Anstrengung, zu der er fähig war. Seine Augen wurden noch röter, der Atem ging ihm aus, die Füße versagten den Dienst, er fiel nieder.
    Doch war er gehört und gesehen worden. Zwei Männer eilten mit Wasserkrügen auf ihn zu. Vinicius war nur erschöpft, nicht bewußtlos. Gierig griff er nach einem der Gefäße und trank es halb leer.
    „Habt Dank“, sagte er. „Stellt mich auf die Füße, gehen kann ich allein.“
    Sie gossen ihm Wasser über den Kopf, erhoben ihn vom Boden und trugen den Geretteten zu den übrigen, die, ihn umringend, angelegentlich nach seinem Befinden sich erkundigten. Dieses Mitgefühl setzte Vinicius in Erstaunen.
    „Wer seid ihr?“ fragte er.
    „Wir brechen die Häuser ab, damit das Feuer nicht bis zur Via Portuensis dringt“, erwiderte einer der Arbeiter.
    „Ihr kamt mir zu Hilfe, als ich gefallen war. Habt Dank!“
    „Wir dürfen keinem die Hilfe versagen“, antworteten mehrere Stimmen.
    Vinicius, der seit dem frühen Morgen nichts als gewalttätige, mordende, raubende Banden oder verzweifelte Menschen gesehen hatte, blickte jetzt mit größerer Aufmerksamkeit in die ihn umgebenden Gesichter und sagte:
    „Christus belohne euch.“
    „Sein Name sei gepriesen!“ antwortete ein Chor von Stimmen.
    „Ist Linus …?“ fragte er. Er konnte die Frage nicht völlig aussprechen, denn eine Ohnmacht überkam ihn. Als er sich erholt hatte, befand er sich in einem Garten auf dem Codetanischen Felde, umringt von Männern und Frauen.
    „Wo ist Linus?“ waren seine ersten Worte.
    Er erhielt lange keine Antwort; endlich sagte eine ihm bekannte Stimme:
    „Er zog vor zwei Tagen durch das Nomentanische Tor nach dem Ostrianum. Friede sei mit dir, o Perserkönig.“
    Vinicius erhob sich in sitzende Stellung und erkannte Chilon.
    „Dein Haus ist wohl verbrannt, Herr“, fuhr der Grieche fort, „denn die Carinae stehen in Flammen; doch du wirst stets so reich wie Midas bleiben. O welch ein Unglück! Die Christen, o Sohn des Serapis, haben lange schon vorausverkündet, daß Rom durch Feuer untergehen werde. Linus ist mit Jupiters Tochter im Ostrianum. O welch ein Unglück für

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