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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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die Stadt!“
    Ein neuer Schwächeanfall erfaßte Vinicius.
    „Sahst du sie?“ fragte er.
    „Ich sah sie, Herr. Christus und alle Götter seien gepriesen, daß ich deine Wohltaten mit guter Nachricht bezahlen kann. Allein ich werde dir noch besser vergelten, o Cyrus; das schwöre ich bei diesem brennenden Rom!“
    Es war Abend geworden. Doch der Garten wurde von dem wachsenden Brande taghell erleuchtet. Nicht einzelne Teile, sondern die ganze Stadt schien der Länge und Breite nach in Flammen aufzugehen. So weit das Auge sah, war der Himmel hellrot, ein Feuermal der Weltgeschichte.

XLIV
    Das Feuer der brennenden Stadt rötete den Himmel, so weit das Auge blicken konnte. Der Mond stieg jetzt voll hinter den Bergen empor und nahm im Widerschein der Flammen die Farbe glühenden Kupfers an. Er schien mit Verwunderung auf die weltbeherrschende, nun dem Untergang verfallene Stadt zu blicken. An den rötlichen Weiten des Himmels glitzerten rosenfarbene Sterne, aber im Gegensatz zu den gewöhnlichen Nächten war diesmal die Erde heller als der Himmel. Rom beleuchtete gleich einer Riesenfackel die ganze Campania. In dem blutigen Rot konnte man die entfernten Berge, Städte, Villen, Tempel, Denkmäler und Aquädukte sehen, die sich von den benachbarten Hügeln nach der Stadt zogen; auf den Aquädukten hatten sich Scharen von Menschen gesammelt, um ihrer Sicherheit willen oder um den Brand zu betrachten.
    Inzwischen hatte das schreckliche Element neue Stadtteile ergriffen. Man konnte nicht mehr zweifeln, daß verbrecherische Hände das Feuer verbreiteten, da immerfort neue Brandstätten sichtbar wurden, und dies an Stellen, die vom Hauptfeuer entfernt lagen. Von den ältesten bewohnten Höhen Roms ergossen sich die Flammen wie Meeresfluten in die dicht mit Häusern besetzten Niederungen, erfaßten Gebäude mit fünf oder sechs Stockwerken, voll Läden, Buden, transportablen Amphitheatern aus Holz, so gebaut, daß sie verschiedenartigen Schaustellungen dienen konnten, entzündeten Lagerhäuser mit Holz, Oliven, Korn, Nüssen, Pinienzapfen, deren Kerne den ärmsten Teil der Bevölkerung nährten, und mit Kleidern, die des Cäsars Gunst zeitweise unter das in den engen Gassen wohnende Volk verteilen ließ. Wo das Feuer wie hier Überfluß an entzündlichen Stoffen fand, folgte ein Ausbruch dem anderen, mit unerhörter Geschwindigkeit ergriff es ganze Straßen. Die außerhalb der Stadt Lagernden und auf den Aquädukten Stehenden vermochten aus der Farbe der Flammen zu erraten, was brannte. Die entfesselte Windsbraut entführte Tausende und Millionen brennender Walnuß- und Mandelschalen, die, gleich einer Schar glänzender Schmetterlinge plötzlich in die Luft geschleudert, mit Geräusch zerstoben oder, vom Winde fortgetrieben, in anderen Stadtteilen, auf Aquädukte und Felder außerhalb Roms niederfielen. Jeder Gedanke an Rettung schien ausgeschlossen, die Verwirrung nahm beständig zu; während die einheimische Bevölkerung durch alle Tore ins Freie floh, lockte das Feuer Tausende aus der Umgebung, Bewohner der kleineren Orte, Bauern, halbwilde Hirten der Campania, nach Rom hinein in der Hoffnung auf Beute. Der Ausruf „Rom geht zugrunde!“ ertönte fort und fort von den Lippen der Menge, und mit dem Untergang der Stadt schien jedes Gesetz aufgehoben, jedes Band gelöst, das sonst das Volk als Ganzes zusammengehalten hatte. Die Niedrigen, der Mehrzahl nach Sklaven, kümmerten sich nicht mehr um die Vornehmen. Die Zerstörung der Stadt machte sie frei; daher nahmen sie auf manchen Plätzen eine drohende Haltung ein. Raub und Diebstahl häuften sich. Nur das Schauspiel der untergehenden Stadt schien noch die Aufmerksamkeit zu fesseln und den Ausbruch der Metzelei hintanzuhalten, sicherlich aber würde bald auf den Trümmern ein Blutbad beginnen. Zahlreiche Sklaven bedachten nicht, daß Rom außer seinen Tempeln und Mauern eine ansehnliche Kriegsmacht besaß, und warteten nur auf ein Losungswort und einen Führer. Der Name Spartacus wurde viel genannt, aber Spartacus lebte nicht mehr. Endlich bewaffneten sich auch die Bürger, und zwar mit dem, was sie eben fanden. Die ungeheuerlichsten Gerüchte kamen in Umlauf. Einige erklärten, daß Vulkan auf Befehl des Jupiter die Stadt durch unterirdisches Feuer zerstöre, daß Vesta sich wegen des Verhaltens der Rubria räche. Denen, die solches glaubten, fiel es nicht ein, etwas zu retten; sie belagerten die Tempel und riefen die Barmherzigkeit der Götter an. Doch wurde auch vielfach

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