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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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und Verzweiflung, versuchte, dies ihr so teure Leben zu erhalten, glaubte jedoch, daß sie, sollte dies gelingen, bald einen noch schrecklicheren Tod zu erdulden haben würde.
    Ausschließlich mit ihrem eigenen Leid beschäftigt, wollte sie nichts von Vinicius und Lygia hören; aber Petronius schüchterte sie ein.
    „Du hast“, sagte er zu ihr, „eine neue, unbekannte Gottheit beleidigt. Du, Augusta, bist, wie es scheint, eine Verehrerin des hebräischen Jehova; aber die Christen behaupten, Chrestos sei dessen Sohn. Überlege darum, ob der Zorn des Vaters dich nicht verfolgt! Wer weiß, ob es nicht seine Rache ist, die dich trifft? Wer weiß, ob das Leben des Rufius nicht von deiner Handlungsweise abhängt?“
    „Was verlangst du, daß ich tun soll?“ fragte Poppäa erschrocken.
    „Die beleidigte Gottheit versöhnen.“
    „Wie?“
    „Lygia ist krank, mache deinen Einfluß auf den Cäsar geltend, sie Vinicius zu geben.“
    „Glaubst du, daß mir dies gelingen könnte?“ meinte sie verzweifelt.
    „Du kannst noch etwas anderes tun. Wenn Lygia gesund wird, muß sie sterben. Gehe zum Tempel der Vesta und fordere von der Virgo magna, daß sie sich beim Tullianum gerade zu der Zeit einfindet, wenn die Gefangenen zum Tode geführt werden, und dann Befehl gibt, Lygia freizulassen. Die Oberpriesterin wird dich nicht abweisen.“
    „Wenn aber Lygia dem Fieber erliegt?“
    „Die Christen behaupten, daß Christus wohl Rache nimmt, aber gerecht ist. Daher mag es sein, daß du ihn durch deinen guten Willen allein schon besänftigst.“
    „Veranlasse ihn, mir ein Zeichen zu geben, daß er Rufius heilen will.“
    Petronius zuckte die Achseln.
    „Ich bin nicht als sein Gesandter gekommen, Göttliche; ich sage dir nur: Setze dich in besseres Einvernehmen mit den Göttern, den römischen und den fremden.“
    „Ich will gehen“, sagte Poppäa mit gebrochener Stimme.
    Petronius holte tief Atem. „Vielleicht habe ich etwas erreicht“, dachte er und sagte nach seiner Rückkehr zu Vinicius:
    „Bitte zu deinem Gott, daß Lygia nicht am Fieber stirbt; denn sollte sie am Leben bleiben, so wird die erste Vestalin befehlen, sie freizugeben. Die Augusta selbst wird es von ihr fordern.“
    „Christus wird sie frei machen“, antwortete Vinicius mit fieberglänzenden Augen.
    Poppäa, die für die Genesung des Rufius allen Göttern der Welt Hekatomben opfern wollte, ging noch denselben Abend über das Forum zu den Vestalinnen; die Pflege des kranken Kindes hatte sie ihrer getreuen Amme Silvia überlassen, die auch die Augusta selber schon erzogen hatte.
    Aber auf dem Palatin war das Urteil über das Kind schon gefällt.
    Kurze Zeit, nachdem Poppäas Sänfte hinter dem großen Tore verschwunden war, traten zwei Freigelassene in das Zimmer ihres Sohnes. Einer von ihnen stürzte sich auf die alte Silvia und hielt ihr den Mund zu; der andere ergriff eine Bronzestatue der Sphinx und tötete damit die Greisin auf den ersten Schlag.
    Dann näherten sie sich Rufius. Der kleine, fiebergequälte Knabe, der nicht wußte, was um ihn vorging, lächelte sie an und blinzelte mit seinen schönen Augen, als versuchte er, sie zu erkennen. Sie jedoch nahmen der Amme den Gürtel ab, wanden ihn um seinen Nacken und erdrosselten ihn. Das Kind rief noch einmal nach seiner Mutter und starb leicht. Sie wickelten es in ein Tuch, setzten sich auf die harrenden Pferde und eilten nach Ostia, wo sie den Leichnam ins Meer warfen.
    Poppäa hatte die Virgo magna nicht getroffen, weil diese mit den anderen Vestalinnen bei Vatinius war, und kehrte deshalb bald zurück. Beim Anblick des leeren Bettes und der totenstarren Silvia fiel sie in Ohnmacht, und als man sie ins Bewußtsein zurückgerufen hatte, begann sie laut zu schreien; ihre wilden Schmerzensrufe erschallten die ganze Nacht und den folgenden Tag.
    Der Cäsar befahl ihr jedoch, bei einem Feste zu erscheinen, das am dritten Tage darauf stattfand; sie kleidete sich in eine amethystfarbene Tunika, kam und saß da mit starren Zügen, goldhaarig, schweigend, schön und Unglück drohend, wie ein Engel des Todes.

LVI
    Bevor die Flavier das Kolosseum errichteten, waren die Amphitheater Roms aus Holz gebaut, weshalb alle im Brande zugrunde gingen. In Hinsicht auf die versprochenen Spiele ließ Nero neue und darunter ein ungeheuer großes bauen. Gleich nach dem Erlöschen des Brandes wurden Baumstämme von den Abhängen des Atlasgebirges übers Meer und den Tiber hinaufgeschifft. Die Spiele sollten alle früheren

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