Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
Vom Netzwerk:
den Armen getragen.“
    „Ich wollte ihn freigeben“, war Vinicius’ Antwort; „sprich nicht weiter von ihm, reden wir von Lygia. Rom ist ein Meer …“
    „Ein Meer ist gerade der Ort, wo man nach Perlen fischt. Freilich finden wir sie weder heute noch morgen, aber finden werden wir sie sicherlich. Vor kurzem warfst du mir den Weg vor, zu dem ich geraten hatte. Doch der Weg war an sich gut, er wurde erst dann schlecht, als die Sache schiefging. Du hörtest selber aus Aulus’ Munde, daß er samt seiner Familie nach Sizilien zu gehen vorhatte, in welchem Falle das Mädchen und du weit auseinander gekommen wären.“
    „Ich würde ihnen gefolgt sein. In jedem Falle wäre Lygia außer Gefahr. So aber wird Poppäa, wenn ihr Kind stirbt, selbst glauben und auch dem Cäsar einreden, es sei durch Lygia gestorben.“
    „Freilich ist das schlimm. Aber das Kind kann wieder genesen. Stirbt es, so müssen wir auf einen Ausweg sinnen.“
    Er dachte eine Weile nach und fuhr dann fort:
    „Poppäa, so sagt man, ist Anhängerin der jüdischen Religion und glaubt an böse Geister. Der Cäsar ist abergläubisch. Wenn wir das Gerücht in Umlauf setzen, böse Geister hätten Lygia entführt, so wird man ihm glauben, besonders da weder Nero noch Aulus Plautius das Mädchen raubten und ihr Entkommen wirklich geheimnisvoll ist. Der Lygier konnte die Tat nicht allein vollführen, er muß Gehilfen gehabt haben. Wo aber konnte ein Sklave an einem Tage so viele Helfer herbekommen?“
    „Die Sklaven in Rom helfen sich gegenseitig.“
    „Und bisweilen bezahlen manche von ihnen das mit ihrem Blute. Sie helfen sich gegenseitig, gewiß, aber nicht gegeneinander. Sie mußten wissen, daß Strafe deine Leute treffen würde. Sprichst du zu deinen Sklaven von bösen Geistern, so werden sie sogleich behaupten, mit eigenen Augen welche gesehen zu haben, weil dies sie vor dir rechtfertigt. Frage einen davon, ob er gesehen hat, wie ein Geist Lygia durch die Luft davontrug, und er wird dir bei der Ägis des Zeus schwören, er habe es gesehen.“
    Auch Vinicius war abergläubisch und blickte jetzt Petronius heftig erschrocken an.
    „Wenn Ursus keine Helfershelfer hatte und die Tat allein nicht ausführen konnte, wer war es dann?“
    Petronius lachte.
    „Siehst du“, sagte er, „sie werden es glauben, da sogar du es fast glaubst. So ist unsere Gesellschaft, obwohl sie die Götter verlacht. Man wird dem Gerüchte Glauben schenken und nicht nach Lygia forschen. Unterdessen entfernen wir sie aus Rom und stecken sie in eine meiner oder deiner Villen.“
    „Doch wer nur konnte sie befreien?“
    „Ihre Glaubensbrüder“, war die Antwort.
    „Wer sind sie? Welche Gottheit verehrt Lygia? Ich sollte das eher wissen als du.“
    „In Rom verehrt fast jede Frau eine andere Gottheit. Es steht außer Zweifel, daß sie in der Religion jener Gottheit erzogen wurde, die Pomponia bekennt, welche, weiß ich nicht. Das ist sicher: Niemand sah Pomponia je unseren Göttern in irgendeinem Tempel opfern. Man hat sie sogar verklagt, sie sei eine Christin; doch das ist unmöglich. Ein häuslicher Gerichtshof reinigte sie von der Anklage. Die Christen sollen nicht bloß einen Eselskopf anbeten, sondern sie sind Feinde des Menschengeschlechts und begehen die abscheulichsten Verbrechen. Pomponia kann keine Christin sein, weil ihre Tugendhaftigkeit bekannt ist und ein Feind der Menschheit Sklaven nicht so behandeln könnte, wie sie es tut.“
    „Nirgends werden sie so behandelt wie bei Aulus“, unterbrach Vinicius.
    „Ah! Pomponia erwähnte mir gegenüber einen gewissen gnädigen, allmächtigen Gott. Wohin sie all die andern Götter getan hat, das ist ihre Sache. Dieser ihr Gott müßte aber nicht sehr mächtig oder, besser gesagt, ein sehr schwacher Gott sein, wenn er nur zwei Bekenner hätte, Pomponia und Lygia, allenfalls noch Ursus. Es müssen mehrere solcher Gläubigen sein, und diese haben Lygia entführt.“
    „Ihr Glaube befiehlt zu verzeihen“, sagte Vinicius. „Bei Acte traf ich mit Pomponia zusammen; sie sagte zu mir: ‚Gott verzeihe dir das Unrecht, das du Lygia und uns zugefügt hast.‘ “
    „Offenbar ist ihr Gott ein überaus milder Gott. Laß ihn dir verzeihen und zum Zeichen dessen das Mädchen zurückbringen.“
    „Ich werde ihm morgen eine Hekatombe opfern. Mich gelüstet weder nach Speise noch nach Bad und Schlaf. Mit einer Blendlaterne will ich die Stadt durchsuchen. Vielleicht treffe ich sie verkleidet. Ich bin krank.“
    Mitleidig

Weitere Kostenlose Bücher