Quofum
zunahm, was durch die entsprechenden Programme aus der KI des Skimmers vereinfacht wurde, konnte sie ihre Vermutung bestätigen, dass die Dorfbewohner den Großteil ihrer Bedürfnisse aus dem Meer befriedigten.
Am aufregendsten war jedoch die Information, dass es entlang der Küste und auf mehreren Inseln weitere Seehunddörfer gab, mit denen ihre Gastgeber regelmäßig handelten und sozial interagierten. Aufgrund der Abwesenheit der unbekannten Spezies, die die jetzt verlassene Stadt im Landesinneren errichtet hatte, stellte dieses sympathische Volk den Höhepunkt der aktuellen quofumianischen Gesellschaft dar.
Gelegentlich wurden ihre Studien von einer routinemäßigen Frage aus dem Basislager unterbrochen. Um ihre Gastgeber nicht zu beunruhigen oder zu verwirren, reagierte sie darauf nur, wenn sie alleine war. Valnadireb informierte sie, dass er im Wald hart arbeiten und immer in der Nähe des Lagers bleiben würde. Mithilfe eines der vier kleineren aufladbaren Scooter hatte sich N'kosi hingegen etwas weiter hinausgewagt. Ihre jeweilige Arbeit ging voran. Jeder von ihnen machte erstaunliche Entdeckungen. Auch wenn ihren sporadischen Unterhaltungen der Hauch von Ruhe und Gefasstheit anzumerken war, den die Verdammten stets annahmen, klangen zumindest keine Verzweiflung oder Selbstmitleid mit. Der Trübsinn hatte schon längst der Resignation Platz gemacht. Haviti konnte zwar nicht für ihre Kollegen sprechen, aber sie fühlte sich wie jemand, der sich eine tödliche Krankheit zugezogen hatte, aber noch keinen körperlichen Schmerz spürte. Ihr Zustand war bedauernswert, aber nichts, worüber man lange nachdenken musste.
Für den Morgen eines Tages in der Mitte der fünften Woche hatte sie geplant, sich in eine der Schulstunden für die Älteren zu setzen, um mehr über die Geschichte der Stadt zu erfahren. Doch stattdessen stand sie, als sie aus ihrem Heim trat, das sie spöttisch Buchtklause genannt hatte, Ba-fel gegenüber. Das Männchen war für seine Art eher groß gewachsen und gehörte zu den Dorfbewohnern, die genug Zeit in ihrer Gegenwart verbracht hatten, um sich an sie zu gewöhnen. Haviti beherrschte die Sprache der Einheimischen zwar noch nicht völlig, doch sie konnte sich jetzt einigermaßen verständigen. Seehundisch zu sprechen war leichter als beispielsweise Hoch-Thranx zu erlernen. Letzteres erinnerte Haviti immer an das Gurgeln mit einer Flüssigkeit.
»Ti-ah-reh gut heute Morgen?«, erkundigte sich Ba-fel höflich.
»Ti-ah-reh gut, ja.« Es war besser, die Unterhaltung einfach und verständlich zu gestalten, als nach Eloquenz zu streben und linguistisch auf die Nase zu fallen, das war schon immer Havitis Ansicht gewesen. Außerdem war in der Sprache der Seehunde ohnehin wenig Platz für Ausschmückungen. Sie war einfach, direkt und funktional, was sehr gut zu ihrer Stimmung passte. Die hohe Literatur konnte dann später folgen.
Der Einheimische machte eine Geste, allerdings nicht in Richtung der Stadt und der Schule, wie es Haviti erwartet hatte, sondern er deutete auf die Bucht. »Ti-ah-reh hat oft nach anderen Völkern gefragt, Ba-fel sprach mit Freunden. Halten Ti-ah-reh für eine gute Person.« Die kleinen, nach hinten zeigenden Ohren wackelten träge vor und zurück, als wollten sie Geräusche auffangen und gleichzeitig den Körper des Sprechers kühlen. »Ba-fel und Freunde denken, Zeit jetzt gut, Ti-ah-reh Platz zu zeigen, den anderes Volk zurückließ.«
Havitis Herz setzte einen Schlag lang aus. Die Chronik der Stadt konnte warten. Was ihr der unschuldige Ba-fel da anbot, war eine Geschichtslektion einer ganz anderen Art.
Sie schloss die Tür des kleinen Häuschens hinter sich. Diese ließ sich nicht abschließen, aber das war auch nicht nötig. »Dieser Ort«, fragte sie ihren Freund und Führer, »liegt er in der Bucht?«
»Nicht in Bucht.« Ba-fels lange Beine schienen über die Pflastersteine zu gleiten und zu glitschen, als sie nebeneinander zum Pier hinuntergingen. »Dahinter.« Ein kurzer Arm zeigte gen Nordwesten. »Andere Seite Scharfpunkt. Müssen Boot nehmen.«
Das war etwas Neues, erkannte Haviti. Bisher hatte sie ihre gesamte Zeit im Dorf und seiner direkten Umgebung verbracht - mit Ausnahme der seltenen Gelegenheiten, da sie schwimmen gegangen war. Ihre sporadischen Badeausflüge zogen unausweichlich ein großes Publikum an, das ebenso neugierig ihre Fortbewegungsmethode im Wasser wie es auch ihre unbekleidete Gestalt betrachtete. Aber niemand hatte ihr bisher
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