R4ge Inside
genannt.
»Nein«, sagte sie wieder, dieses Mal energischer. Sie riss sich von Clementine los, rannte auf Daniel zu und schubste ihn. Immer wieder. Wie konnte er ihr das antun? Sie hatte ihm vertraut.
Plötzlich begann er zu schreien und auf sie einzuschlagen. Seine Finger schossen wie Klauen auf ihr Gesicht zu und rissen an ihren Haaren. Aries kippte nach hinten, Daniel auf sich, während seine Hände ihr Gesicht und ihren Hals suchten. Sie hörte, wie Clementine ihren Namen rief, hörte das Knurren, das aus seinem Mund kam. Finger legten sich um ihren Hals, drückten zu. Plötzlich sah sie Millionen weiÃer Sterne vor sich und seine schwarzen Augen bohrten Löcher in ihre Stirn.
Nichts in seinem Gesicht lieà darauf schlieÃen, dass er sie noch erkannte. Daniel wusste nicht mehr, wer sie war.
Ihre Finger tasteten suchend über den Boden und schlossen sich um die Maschinenpistole, die ihr beim Sturz von der Schulter gerutscht war. Sie rang nach Atem, bekam aber keine Luft. Clementine schrie immer noch, doch es klang, als wäre sie weit weg. Aries hörte ihr Herz schlagen, lauter und schneller, als sie es jemals für möglich gehalten hätte. Daniel versuchte, es ihr wegzunehmen. Er wollte ihr das Herz aus dem Leib reiÃen und sie als leere Hülle zurücklassen.
Nein.
Sie riss das Gewehr hoch und rammte ihm mit aller Kraft den Kolben ins Gesicht. Er stöhnte, die Hände um ihren Hals lockerten sich gerade so lange, dass sie sich befreien konnte. In ihrer Kehle brannte Feuer, sie hustete. Er stürzte sich wieder auf sie.
Aries hob noch einmal die Waffe und holte aus. Ein lautes Krachen ertönte, als das Metall auf seinen Schädel traf.
Daniel sackte zusammen. Er zuckte zweimal, ein Schauder lief durch seinen Körper. Seine Augen blieben geschlossen.
Sie schlug ihn, immer wieder. Bei jedem Schlag ging ein heftiger Ruck durch seinen Körper. Blut tropfte aus seinem Mund und malte kleine Kleckse auf den Asphalt unter ihm.
Sicherheitshalber schlug sie noch einmal zu.
Clementine gelang es, ihre Arme um sie zu schlingen, sie zurückzureiÃen, ihr ins Gesicht zu schlagen, um sie aus ihrer Starre zu lösen. Wieder flossen Tränen, wieder wischte sie sie weg.
»Ich hasse dich!«, schrie sie. »Ich hasse dich!«
Clementine versuchte erneut, sie wegzuziehen. Dieses Mal lieà sie es zu. Sie drehte sich zu ihrer Freundin, nickte und kniff ganz fest die Augen zusammen.
Aries bemerkte, dass sie immer noch das Maschinengewehr in den Händen hielt. So viel Schmerz. So viel Tod. Die Waffe war einzig dafür konstruiert worden, alles zu töten, was ihr vor den Lauf kam. Sie wollte nichts mehr damit zu tun haben. Angewidert schleuderte sie das Gewehr ins Wasser, wo es mit einem lauten Platschen versank.
»Komm, wir gehen«, sagte sie zu Clementine. In ihrer Stimme lag eine nie zuvor gehörte Härte.
Sie lieÃen ihn auf dem Asphalt zurück.
Aries blickte nicht zurück.
CLEMENTINE
Sie konnte Aries nicht ansehen.
Das Mädchen musste unfassbar leiden. So sehr, dass es schwer zu begreifen war.
Zum Glück warteten Raj und Joy an der Brücke auf sie. Es gab keine anderen Verluste. Clementine fragte sich, ob Aries unter der Schuld und dem Druck zusammengebrochen wäre, wenn einer von den anderen umgekommen wäre.
Doch sie wusste auch, dass ihre Freundin stärker war, als sie es je gedacht hatte.
»Das! War! Toll!«, kreischte Joy. Sie atmete schwer, vollgepumpt mit Adrenalin. Aus der Wunde an ihrem Arm tropfte Blut. Raj sah nicht viel besser aus. Offenbar hatte er einen heftigen Schlag ins Gesicht abbekommen. Die schwarzroten Flecken unter seinen Augen lieÃen vermuten, dass die geschwollene Nase gebrochen war.
Aber sie lebten.
»So was hab ich noch nie gesehen«, schnaufte Raj. »Das war ja wie das Stierrennen in Pamplona. Das reinste Chaos. GroÃartig!«
»Ãberall flogen Hetzer durch die Luft«, begeisterte sich Joy. »Ich habe gesehen, wie sie von ein paar Leuten mit Holzlöffeln und Bratpfannen gejagt wurden. Sensationell! Und wir haben damit angefangen!«
»Wie viele sie wohl wieder einfangen werden?«, fragte Raj.
»Wen interessiert das?« Joy schlug die Hand vor den Mund, als ihr klar wurde, wie laut und aufgeregt sie klang. »Dann gehen wir einfach zurück und retten sie noch mal, stimmtâs?« Inzwischen war ihr aufgefallen, dass Aries heftig zitterte.
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