R4ge Inside
den Dingen gehören, an die sich niemand mehr erinnert.«
Raj nickte.
Plötzlich hörten sie einen Schrei ganz in der Nähe. Der rothaarige Junge, der ihnen vorhin in der Cafeteria den Kaffee gebracht hatte, rannte in den Raum. Er taumelte an ihrem Versteck vorbei und versuchte, einem der Schaukästen auszuweichen, blieb aber mit der Hüfte daran hängen. Sein Körper wurde herumgeschleudert, dann stürzte er in eine Glasvitrine mit Keramiktöpfen.
Sein Hemd brannte.
Michael stürzte aus ihrem Versteck und riss im Laufen seine Jacke herunter. Dann fing er an, mit der Jacke auf den Rothaarigen einzuschlagen, um die Flammen zu ersticken. Clementine wartete mit erhobenem Speer. Ihr Blick wanderte zwischen Michael und dem Ausgang hin und her, von wo Schritte zu hören waren.
»Da kommt jemand!«, rief sie.
»Halt sie auf!«, keuchte Michael, der immer noch mit der Jacke auf die kleiner werdenden Flammen einschlug. Erleichtert bemerkte Clementine, dass der Rothaarige nicht mehr schrie und seine Augen geöffnet waren. Er würde nicht sterben.
Clementine und Raj machten sich bereit, als die Schritte lauter wurden. Genau in dem Moment, in dem es Michael gelang, die Flammen komplett zu löschen, drängten sich mindestens ein Dutzend Leute durch die Tür. Sie waren mit Baseballschlägern oder Küchenmessern bewaffnet. Und es waren keine Hetzer.
Die anfängliche Panik schien vorbei zu sein. Die Studenten begannen zurückzuschlagen.
»Raj!« Ein kleines zierliches Mädchen mit einer lauten Stimme trat vor. Sie reichte Clementine nicht mal bis zur Schulter und trug eine riesige Brille, die auf einer Seite leicht verbogen war. Das lieà ihr Gesicht irgendwie schief aussehen. In den Händen hielt sie eine Machete, die genauso lang wie ihr Arm war.
»Larisa«, sagte Raj, »was ist passiert?«
»Sie haben die Cafeteria und den Souvenirladen in Brand gesetzt«, berichtete das Mädchen atemlos. »Die Ausgänge sind alle blockiert.«
Michael bückte sich und half dem Rothaarigen beim Aufstehen. Der Student wirkte etwas benommen. Sein Rücken war mit Blasen übersät und blutverschmiert, aber ansonsten schien er nicht ernsthaft verwundet zu sein. Michael reichte ihm seine leicht rauchende Jacke. Er streifte sie über und verzog vor Schmerzen das Gesicht, als das Kunstleder seine Haut berührte. Seine Beine zitterten, aber es gelang ihm, stehen zu bleiben.
»Wir müssen die anderen zusammenrufen«, meinte Raj, während er in Richtung Haupteingang wies.
Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Sie sind alle tot. Alle. Vorhin sind vielleicht noch ein paar rausgekommen, aber der Rest ist tot. Wir sind die Einzigen, die übrig sind.«
Schuldgefühle. Clementine konnte es Michael und Raj ansehen.
Nein, das würde sie nicht zulassen. Man konnte keinen der beiden dafür verantwortlich machen, selbst wenn sie diejenigen gewesen sein sollten, die die Hetzer ins Museum geführt hatten. Die Hetzer waren schuld, sonst niemand.
Den Speer hoch in die Luft haltend, drehte sie sich zu dem Mädchen namens Larisa und musterte die Ãberlebenden. »Also gut. Es sind noch ganz schön viele von uns übrig. Sie können nicht alle gleichzeitig kriegen. Ich schlage vor, dass wir sie angreifen.«
Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie Michael den Kopf hob und sie anstarrte. Als sie seinen Blick erwiderte, hoffte sie, dass sie Zuversicht ausstrahlte. Er musste glauben, dass sie es schaffen konnten. Sie konnten diese Gruppe anführen und vielleicht die Hälfte von ihnen retten.
»Die Hetzer angreifen?«, fragte Raj. »Ja, ich glaube, eine andere Möglichkeit haben wir jetzt nicht mehr. Entweder das oder wir verbrennen hier. Darauf habe ich absolut keine Lust.«
Die anderen murmelten zustimmend, obwohl die meisten von ihnen nicht sehr optimistisch wirkten.
Sie liefen zum Haupteingang, wurden immer schneller. Es gab keinen Plan. Einfach losrennen. Und sich nicht erwischen lassen. Nicht getötet werden.
Später wollten sie sich im Wald treffen, am Wasser. Michael und Clementine sollten Raj folgen.
Nicht sterben.
Michael hielt ganz fest ihre Hand. Sie drückte seine, erstaunt darüber, dass sie sich immer noch warm anfühlte, während ihre Hand eiskalt vor Angst war.
Lieber Heath, ich kann nicht sterben, stimmtâs? Ich bin schon so weit gekommen, dass es jetzt nicht einfach vorbei sein
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