Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
sollte.«
Mana senkte den Kopf und sah auf das winzige Wesen in ihren Armen hinab. Bei seinem Anblick durchfluteten sie Wärme und eine bedingungslose Liebe, die sie so noch niemals zuvor gespürt hatte. Der Wunsch, den Jungen am Leben zu halten und gegen alle Gefahren zu beschützen, war übermächtig. So sehr sie Wegon liebte, dieses Kind brauchte sie mehr als er.
Mana blickte zu ihrem Ehemann auf und es war, als bräche ihr das Herz entzwei. »Dieses Kind ist das deine, so wahr mir die Göttin helfe«, erklärte sie. »Wenn du mich aber zwingst, zwischen Schuld und Lüge zu wählen, entscheide ich mich für die Lüge. Die kann ich besser ertragen als das Wissen, für den Tod meines Kindes verantwortlich zu sein.«
Wegons Mund wurde schmal und ein Schatten legte sich über sein Gesicht. »Du entscheidest dich für diese Kreatur und gegen mich?«, fragte er gepresst.
Tränen brannten in ihren Augen. »Ich entscheide mich für das Leben«, hauchte sie.
»Mana, das ist Wahnsinn!« Zärtlich strich er über ihr blondes Haar. »Du weißt, was du aufgeben müsstest. Ein solches Opfer ist dieses Kind nicht wert.« Beschwörend fügte er hinzu: »Was ist mit uns? Bin ich dir so gleichgültig?«
»Nein«, antwortete sie, kaum fähig zu sprechen. »Ich liebe dich. Aber stimmte ich dem Tod des Jungen zu, könnte ich nie wieder glücklich sein.«
Wegon schien zu zögern. Sein Blick schweifte aus dem Fenster, sein Antlitz war getrübt vor Sorge und Trauer. Mana folgte seinem Blick. Dort draußen lag das Fürstentum Sarwen, dessen stolzer Herrscher er war.
Schließlich räusperte er sich. »Da ich weder dich überzeugen noch dieses Kind als meinen Sohn annehmen kann, sei es, wie du es wünschst«, sagte er traurig. »Du bist nicht länger meine Frau, Mana. Morgen wirst du die Burg verlassen und niemals wieder betreten.« Immer noch in sich versunken starrte er geradeaus, als scheute er es, sie anzusehen. »Du warst eine gute Ehefrau und Fürstin, deshalb werde ich meinen einstigen Schwur, für deinen Schutz zu sorgen, nicht brechen«, erklärte er schleppend. »Du musst das Land der Sarwen nicht verlassen, sondern kannst bei den Arbeitern am Silberbergwerk wohnen. Deinen Lebensunterhalt wirst du dir dort als Näherin verdienen.«
Erst jetzt wandte er ihr den Kopf wieder zu. Mana erschrak über den Schmerz, der sich in seinen dunkelblauen Augen widerspiegelte. Dann trat eine seltsame Leere in Wegons Blick und sie wusste, sie hatte ihn für immer verloren.
»Morgen früh verkünde ich dem Volk deine Untreue und Verbannung«, erklärte er mit hohler Stimme. »Widersprechen du oder das Kind jemals dieser Darstellung, ist euer Tod besiegelt.«
Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf die Hebamme. »Du begleitest Mana zur Grubensiedlung, wo du ihr ein Jahr dienen wirst. Solltest du irgendwem gegenüber ein Wort über die Ereignisse dieses Abends verlieren, ist dein Leben nichts mehr wert.« Er drehte sich um und verließ das Zimmer.
Die Tür fiel hinter Wegon ins Schloss und Mana schluchzte leise auf. Tränen flossen über ihre Wangen und tropften auf das Gesicht des kleinen Jungen, der friedlich an ihrer Brust eingeschlafen war.
Rumpelnd rollten die Räder des Wagens durch das Burgtor hinaus auf die Dorfstraße. Mit kerzengeradem Rücken saß Mana auf dem Kutschbock und versuchte, das Getuschel der Menschen um sie herum zu überhören. Die Hebamme trieb das Pferd zur Eile an, aber die gehässigen Bemerkungen und die verachtenden Blicke der Dorfbewohner verfolgten sie bis zu den letzten Häusern.
Ehebrecherin! Verräterin! Fort mit dir und deinem Bastard!
Die Worte klangen noch in ihren Ohren, als sie längst das freie Feld erreicht hatten und auf die Grauen Berge zufuhren, an deren Ausläufern sich die Silberminen befanden. Mana zog die Decke vom Köpfchen ihres neugeborenen Sohnes, so dass sein heller Haarflaum zum Vorschein kam. Sie hatte ihn vor den neugierigen Blicken schützen wollen, doch hier draußen waren sie nun alleine. Durch ihre Berührung erwachte der Säugling. Er blinzelte sie mit blauen Augen schläfrig an und schürzte hungrig seine Lippen. Mana zog den Ausschnitt ihres Kleides herunter und legte das Kind an ihre Brust, das sogleich gierig zu trinken begann. Der Schmerz der ersten Züge schoss durch ihren Körper und sie hielt die Luft an.
»Atmet gleichmäßig weiter, Herrin.« Die Hebamme strich ihr beruhigend über den Rücken. »Sobald wir die Hütte erreicht haben, legt Ihr Euch hin. Eine frisch
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