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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Gänge und verbargen sich jetzt in einem halb verschütteten, unterirdischen Raum. Sie waren auf der Flucht vor Hochweltsoldaten, die Fragen stellen würden, auf die Legard vorerst keine Antwort wusste. Nicht solange Anbar schwieg und sich weigerte, die Wahrheit mit ihm festzulegen, bis ins kleinste Detail. Dass Anbar in unterirdischen Räumen, die muffig rochen, nach wie vor Panikattacken bekam, machte es auch nicht besser. Anbar lief der Schweiß über die erdbraune Stirn und es sah so aus, als sei ihm ordentlich übel. Wenn Legard aber besorgt nachfragte, ob dem so sei, bekam er keine Antwort. Weder ein Nicken noch ein Kopfschütteln, sondern gar nichts. Anbar zitterte nur vor sich hin, mal mehr, mal weniger, und starrte in das Notlicht, das Legard in der Mitte des Raums aufgestellt hatte.
    „Du wirst gebraucht“, sagte Legard und setzte damit zu einem weiteren Versuch an, Anbar aufzurütteln. „Wenn es sich so verhält, wie ich vermute, müssen wir uns das Universum jetzt mit hundert Altjas und entsprechend vielen gewöhnlichen Raben teilen. Hundert Altjas, so viele waren es doch, oder? Hat sie das nicht erzählt?“
    Keine Regung.
    „Wenn es hundert Altjas sind, wie viele Raben haben die wohl unter ihrer Knute? Eine herrschende Kaste, die aus hundert Leuten besteht, dürfte mindestens tausend Untertanen haben. Dann kämen auf einen Altja zehn Raben. Ich fürchte aber, dass es bis zu hundert oder noch mehr Raben für einen Altja sein könnten, dann hätten wir es mit zehntausend Raben zu tun. Wenn man bedenkt, wie viel Ärger allein ein einziger Rabe auf unserer Seite des Universums gemacht hat, dann können wir uns auf etwas gefasst machen …“
    Er warf einen Blick zur Seite, doch Anbar schien das Gesagte nicht zu interessieren.
    „Andererseits“, fuhr Legard fort, „handelt es sich um Raben mit einem Gewissen. Sie folgen einer Lehre und die Altjas nehmen für sich in Anspruch, das Gute zu vertreten. Was allerdings dazu geführt hat, dass in ihrem Wirkungsbereich keine Welt von der anderen weiß und selbst innerhalb der Welten eine Sprachverwirrung herrscht, die es jeder Welt schwer macht, sich zu vereinen. Was soll daran gut sein? Vor allem mache ich mir wenig Hoffnung, dass die Altjas mit unserem Stil, die Welten zu ordnen, einverstanden sein werden. Um uns vor Übergriffen feindlicher Altjas zu schützen, müssen wir sie mit den eigenen Waffen schlagen. Wenn du es geschickt anstellst, Anbar, hast du einen Altja und zwei Raben auf deiner Seite. Carlos, Morawena und Nikodemia. Carlos und Nikodemia waren sicher nicht die Einzigen, die mit dem Altja-System unzufrieden gewesen sind. Wir müssen rebellischen Raben eine Zuflucht bieten. Womit wir natürlich die Altjas erst recht gegen uns aufbringen, aber das Risiko müssen wir wohl eingehen. Schließlich sterben auch noch Raben und werden wiedergeboren. Wenn es uns gelänge, wiedergeborene Raben zu finden und aufzuziehen, bevor sie den Altjas  in die Hände fallen …“
    Es war sinnlos. Legard hatte Zweifel, ob Anbar ihn überhaupt wahrnahm.
    „Du bist der einzige, der sich mit Raben auskennt und ihr Vertrauen hat. Ohne dich sind wir aufgeschmissen. Hörst du mich, Anbar?“
    Eine Antwort blieb Legard verwehrt. Er lehnte sich an die Wand und starrte jetzt ebenfalls schweigend in das Notlicht. Abwarten. Vielleicht änderte sich Anbars Stimmung irgendwann von alleine. Auf ein paar Stunden mehr oder weniger kam es jetzt auch nicht mehr an.
    Es mochten zehn Minuten auf diese Weise vergehen. In dieser Zeit machte Legard Pläne für Antolias Zukunft, legte sich Strategien zurecht, wie man den Hochwelten die Geschehnisse der letzten zwei Tage am besten verkaufte, und fragte sich, wie es weitergehen sollte, wenn Anbar nun endgültig den Verstand verlor. Ein paar Monate lang würden sich die Hochweltler über das Ende des Krieges freuen und die wahre Größe des Universums bestaunen, doch spätestens wenn die fremden Raben und Altjas ins Spiel kamen, würden sie es wieder mit der Angst zu tun bekommen. Wenn die Leute dann keine Lichtgestalt hatten, der sie vertrauten und die ihnen erklärte, dass alles gut werde, dann kehrte das politische Chaos zurück. Antolia und die Hochwelten würden sich wieder in innenpolitische Streitereien verwickeln, ausgerechnet dann, wenn ein geeintes Vorgehen dringend notwendig war. Legard machte sich nichts vor. Ihn hielt niemand für eine Lichtgestalt. Man mochte ihn an der Seite von Anbar, doch nicht als Anführer an der Spitze.

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