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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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Verbindung zustande zu bringen.
    Er kratzte sich auf dem glänzenden kahlen Schädel und schob sich die klobige Hornbrille zurecht.
    Die Abbildung des Fundorts zeigte nicht besonders viel von Roswitha Kley, geborene Brabender. Ein unscheinbarer Leichnam, zugedeckt von einem dunklen Tuch, umstellt von ein paar Menschen in signalfarbenen Kunststoffwesten und weißer Kleidung. Den Hintergrund zu diesem Szenario bot der alte, stillgelegte Steinbruch im Scheebenbachtal in Richtung Pitscheid. Tonnen von nutzlos abgesprengter Grauwacke lagen hier herum wie in einem überdimensionierten Steingarten und harrten der Erosion. Pastor Rövenstrunck war schon ein paarmal in diesem Steinbruch gewesen. Ein oder zwei Sternwanderungen mit den Messdienern und der ein oder andere Spaziergang. Der Flecken war ihm immer besorgniserregend leblos vorgekommen. Nur dürres Unkraut wucherte zwischen den Steinen, die eine passable Kulisse für einen ollen Karl-May-Schinken abgegeben hätten. Ein paar magere Bäume, ein wenig Müll. Ansonsten war der Platz tot. So tot wie Roswitha Kley, geborene Brabender.
    »Ich weiß gar nicht, was das arme Kind da gesucht hat«, plapperte Frau Stoffels in enervierend weinerlicher Tonlage, als sie nunmehr zum fünften Mal durch die Türe zur Küche hereingepoltert kam.
    »Was kochen Sie da drinnen?«, maulte der knurrige Priester und zog die hohe Stirne kraus. »Das riecht ja furchtbar.«
    »Grünkohl«, lautete die knappe Auskunft. »Nein, aber jetzt mal ehrlich, was machte die da bloß? Was kann das Kind da bloß gewollt haben?« Sie schob das Glas Hausmacher-Leberwurst ordentlich in die Mitte das Tisches zurück. »Die Rosi war doch ein so umsichtiges Mädchen, die kann doch nicht so einfach einen steilen Abhang hinunter ...«
    »Dinge passieren eben«, sagte Pastor Rövenstrunck barsch, nahm das Leberwurstglas, trug es zur Anrichte, wo er es absetzte, und kehrte wieder zum Tisch zurück. Er dachte daran, dass Rosi nicht immer vorsichtig gewesen war. Sonst hätte sich ihre Ehe nicht so rasch in nichts aufgelöst. Zwei Frauen ... Er schüttelte sich und schob das auf die Hausmacher-Leberwurst, denn der Gedanke an zwei Frauen beim sogenannten Geschlechtsakt hatte ihn schon damals im Priesterseminar keineswegs erschauern lassen.
    »Als die Rosi vorige Woche hier war, da war sie doch, weiß Gott, das sprühende Leben selbst«, brabbelte Frau Stoffels und begann, das Frühstück abzuräumen.
    »Habe ich vielleicht gesagt, dass ich schon fertig bin?«, raunzte der Pastor grimmig.
    »Ich dachte nur, wo Sie doch schon die Leberwurst ...« Seufzend stellte sie die Kaffeekanne wieder ab. »Also, ich meine, die Rosi hat nie frischer ausgesehen als in den letzten Tagen. Ein bisschen besorgt vielleicht, als sie vorige Woche ... Na ja.«
    Der Pastor wünschte sich inständig, Fräulein Stoffels möge doch den ein oder anderen Satz einmal mit Anstand zu Ende bringen, und sagte: »Vielleicht war sie ja so munter, weil ihr Mann angekündigt hatte, sie zu besuchen. Ihr Mann ... ha!« Er schob den Teller mit dem halb verzehrten Marmeladenbrötchen von sich. »Jetzt bin ich fertig!« Dann erhob er sich ächzend und klopfte sich die Krümel vom schwarzen Schoß.
    »Kann es sein, dass Sie nur ein halbes Brötchen gegessen haben? Also, dass der Richard und die Rosi sich nicht wiedergesehen haben ... Was wollte sie denn eigentlich, vorige Woche?«
    Rövenstrunck fischte eine Zigarre aus einem kleinen Kästchen direkt neben der Leberwurst und steckte sie mit genüsslichem Saugen in Brand. Die Qualmentwicklung war gewaltig. »Glauben Sie mir vielleicht, wertes Fräulein Stoffels ...« Er zog heftig, und der graue Dunst um ihn herum nahm rasch an Umfang und Dichte zu. »... dass das unter das Beichtgeheimnis fallen könnte?«
    »Glaube ich nicht«, kam es blitzschnell von seiner Haushälterin, die seine Antwort bereits im Vorhinein erahnt hatte. Sie gab sich damit zufrieden, da sie wusste, dass in solchen Situationen nichts aus dem schwarzberockten alten Mann herauszuholen war, und verschwand mit einem vollbeladenen Tablett in der Küche. Ein neuer Schwall Küchendunst wehte in den Raum und vermengte sich mit dem hochnebelartigen Zigarrenmief.
    Rövenstrunck flüchtete ins Freie. Von seinem Pfarrhaus waren es nur wenige Schritte bis zur Kirche.
    Nein, zum Beichten war die Rosi schon seit Kindertagen nicht mehr bei ihm gewesen. Auch die Geschichte mit ihrer Freundin und ihre gemeinsamen Bemühungen auf dem heimischen Sofa hatte sie

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