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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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plattgesessen.«
    Es gab sicherlich keine Bestuhlung, wenn sich hier hundert Leute getummelt haben .
    Nebenan wurde erneut Tumult laut. Jemand rief zornig einen Namen durch den Raum. »Haffner!«, schallte es durch die Türe, an der ein Schwarz-Weiß-Plakat eine Aufführung von Dürrenmatts   Die Physiker   ankündigte.
    Herbie öffnete die großflügelige Glastüre nach draußen. Kalte, klare Herbstluft strömte herein. Sie traten auf die Terrasse hinaus.
    »Der einzige Weg, wenn du mich fragst. Und der einfachste zugleich. Mit Sicherheit ist Bärbelchen hier rausgeschmuggelt worden.«
    Dann den Gartenpfad hinunter, durch den Wald, zu dem Auto, das mit laufendem Motor wartet, und ab in die Fleischerei und hinein in die Wurst .
    »Klingt zu schön, um wahr zu sein. Hat nur einen Schönheitsfehler, Julius: So gerne ich diese linke Bazille von Pudel auch ins Kühlregal wünsche, so sehr ängstigt mich aber auch der Gedanke daran, was Tante Hetti mit mir anstellt, wenn das Vieh erst wieder auf ihrem Frühstücksbrot auftaucht.«
    In diesem Moment wäre die Verarbeitung zu Wurst für dich dann wahrscheinlich eine vergleichsweise tröstliche Vorstellung .
    »Du sagst es.«
    Herbie begann, die Treppe zu inspizieren.
    Was hoffst du, da zu finden?
    Herbie antwortete nicht. Hoch über ihnen krähten ein paar schwarz gefiederte Vögel durch die Luft. Mangels ornithologischer Grundkenntnisse war ihnen eine Identifizierung unmöglich. Herbie fegte ein wenig Laub mit den Füßen umher und schlenderte, anscheinend gedankenverloren, mit gesenktem Blick umher.
    Er erhaschte durch ein kleines Fenster einen Blick in den großen Saal. Eine Gruppe junger Leute turnte dort auf und vor der Bühne umher. Anscheinend war man im Begriff, ein Theaterstück einzustudieren. Ein dicker junger Mann mit rötlichem Kinnbart mühte sich auf der Bühne ab und deklamierte einen Text, mit dem er offensichtlich sein Gegenüber, eine junge Dame mit schulterlangem blonden Haar, beeindrucken wollte. Vor dem Bühnenpodest sprang entnervt ein anderer Bursche mit fliehendem Haaransatz und Schnurrbart herum, wedelte mit einem kleinen roten Heft, das augenscheinlich den Theatertext enthielt, und herrschte unentwegt einen bebrillten Schauspieler an, der hinter den anderen herumhampelte, aber offensichtlich dort nichts zu suchen hatte. »Haffner!«, drang es leise aus dem Inneren des Hauses.
    Herbie wandte sich wieder der Treppe zu. »Oho!«
    Julius wandte sich seinem Begleiter zu. Herbie hatte mittlerweile eine hockende Haltung auf den Treppenstufen eingenommen und fingerte im Laub herum.
    Triumphierend fischte er etwas hervor, das Julius nicht erkennen konnte. Über seine Wangen huschte eine erhebende Mischung aus Überraschung und Stolz. Er hielt den kleinen Gegenstand in die Höhe, und seine Umrisse zeichneten sich scharf gegen den sich mittlerweile verdunkelnden Nachmittagshimmel ab. Was Herbie da zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her drehte, war ein Hundekuchen.
    Steck ihn in ein Tütchen, damit keine Fingerabdrücke verwischt werden, und dann müssen wir unbedingt herausfinden, wo dieser Kuchen hergestellt wurde und wer ihn wo und wann gekauft hat. Der Rest ist ein Kinderspiel .
    »Gib zu, dass es sich hier um ein wichtiges Indiz handelt!«
    Könnte sein . Julius gab sich betont gelassen.   Um noch einmal auf die Kratzer auf den Händen zurückzukommen .. .
    »Was ist mit denen?«
    Die junge Dame, oder wie immer man diese Kreatur bezeichnen will, biegt dort gerade um die Hausecke .
    Die Dämmerung brach langsam herein. Die Hausecke, von der Julius sprach, befand sich bereits im langen Schatten des hohen Buchenwaldes. Als er die Bedienstete entdeckte, die sich ihrerseits rückwärts schleichend um besagte Hausecke tastete, ging Herbie instinktiv in Deckung. Nur das Laub raschelte leise, als er sich hinter dem steinernen Podest bückte, das am Fuße der Treppe eine riesenhafte, jetzt unbepflanzte Blumenschale trug.
    Die junge Frau, die er jetzt vorsichtig um die Ecke des Podests herum observierte, zuckte zusammen, als aus dem Veranstaltungsraum erneuter Lärm ertönte. Rasch schlich sie die Hauswand entlang zu einer kleinen Türe, die zwei Stufen unterhalb der Terrassenebene in die Mauer eingelassen war. Das verhielt sich bei ihrer Gestalt so unauffällig wie eine Giraffe im Streichelzoo.
    Julius hatte sich unterdessen zwanglos auf dem Podest niedergelassen und baumelte ungeniert mit den Beinen.
    Leise wurde ein zaghaftes Klopfen hörbar. Sie gab

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