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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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offensichtlich jemandem ein Zeichen, der hinter der Türe wartete. Im nächsten Moment öffnete sich die dunkelgrün gestrichene Holztüre, und irgendjemand, den Herbie von seiner Position aus nicht erkennen konnte, reichte ihr eine gefüllte Aldi-Tüte heraus. Wenige Augenblicke später wurde die Türe wieder verschlossen, und die junge Frau begann, hastige Blicke nach rechts und links werfend, einen zügigen Sprint über den Rasen.
    Wenn das keine Spur ist! Schluck deinen Hundekuchen runter, und häng dich dran, Teuerster!
    Herbie tat wie ihm geheißen. Bis auf den Hundekuchen. Als sie im Schutz der ersten Bäume verschwunden war, lief er in gebückter Haltung hinterher. Er war neugierig, was die junge Frau da durch die Landschaft schleppte, wo es doch offensichtlich brisant genug war, dass niemand es zu sehen bekommen durfte.
    Wie ich bereits sagte. Aus dem Haus, über die Wiese, in die Wälder .. . hörte Herbie Julius hinter sich.
    »Lass es nicht der Fleischereiwagen sein, bitte, bitte!«, keuchte Herbie, als er die erste Baumgruppe erreicht hatte. Weiter vorne machte er die Gestalt der jungen Frau aus, die über eine Lichtung fegte. Glücklicherweise war ihr Laufschritt dermaßen ungelenk und geräuschvoll, dass sie nicht Gefahr liefen, sie aus den Augen zu verlieren, selbst wenn sie in gemessenem Abstand folgten.
    Sie lief nun ein wenig den Berg hinan, und Herbie kam ins Schwitzen. Ihre Beine waren länger, und er war schon zu Schulzeiten stets derjenige gewesen, der wie ein nasser Sack die Tartanbahn entlangkroch, wenn ihm die anderen seiner Klasse bereits wieder fröhlich winkend entgegengelaufen kamen.
    Wenige Minuten später ließen sie das ausgedehnte Waldstück hinter sich, und die Jagd führte sie aufs freie Feld hinaus. Sie folgten nun einem schmalen, asphaltierten Wirtschaftsweg. Die ungehinderte Weitsicht veranlasste Herbie, den Abstand zu vergrößern. Die junge Frau allerdings glaubte sich nun ihrerseits unbeobachtet und dachte gar nicht mehr daran, sich umzuschauen. Der Feldweg führte geradewegs auf eine Kuppe zu, hinter der Herbie das Tal vermutete, das nach Buchscheid hinunterführte. Dann machte sie eine scharfe Biegung und lief im rechten Winkel weiter, parallel zum Talverlauf in Richtung Osten.
    Und plötzlich wusste Herbie, wo sie sich befanden.
    Keuchend erreichte er das Schild, das sich in der Biegung des Weges scharf gegen den rötlich werdenden Himmel abzeichnete.
    Du verlierst sie aus dem Blickfeld! Sie ist bereits da hinten hinter den Büschen verschwunden .
    »Ich weiß, ich weiß«, murmelte Herbie abwesend.
    Nur gut, dass das hier nicht   French Connection   ist und du keinem Drogendealer auf den Fersen bist. Dank deiner tatkräftigen Mithilfe wäre Europa bald fest in den Händen des Medellin-Kartells .
    Herbie entzifferte auf dem verwitterten Schild die letzten Buchstaben, die der Rost noch nicht weggefressen hatte: »Betreten verboten! Das Betreten des Steinbruchs ... eigene Gefahr ... Zuwiderhandlungen ...« Zaghaft kletterte er über den in Kniehöhe am Boden niedergetrampelten Zaun aus Maschendraht.
    Gottlob handelt es sich ja nur um das abgöttisch geliebte Schoßhündchen deiner eiskalten, unberechenbaren und rachsüchtigen Tante. Wenn du mich fragst, wärst du mit der Drogenmafia besser bedient . Brummelnd folgte ihm Julius auf die wildbewachsene Anhöhe.
    Dann sahen sie ihn. Richard stand auf einem Stück vorspringenden Fels und hatte den Blick starr in die Tiefe gerichtet. Als sie näher kamen, fuhr er erschrocken herum. Ein paar Steinchen prasselten den Abgrund hinunter. Er hatte Herbie nicht kommen hören und trat rasch ein paar Schritte vom Abgrund zurück. »Hallo, Herbie«, sagte er tonlos. Richard sah schlecht aus. Ein unrasiertes Gesicht, durchzogen von düsteren Schatten der Verzweiflung, blickte Herbie fragend an und signalisierte desinteressierte Verwunderung über ihr Treffen an diesem ungewöhnlichen Ort.
    Herbie trat zögernd näher. Er hatte Angst, nicht die richtigen Worte finden zu können. Was sagte man in so einer Situation? Bezeugte man sein Beileid? Tat man so, als sei überhaupt nichts geschehen, als habe nie eine Rosemarie Kley existiert? Rosi ... Wer? Und was machst du hier an diesem Steinbruch?
    Richard nahm ihm die Entscheidung ab. Er holte die Rechte aus den Tiefen seines Trenchcoats hervor und wies in die Tiefe. »Da unten ...«
    Herbie trat näher an den Abgrund und riskierte einen Blick hinunter. Ihm schwindelte auf der Stelle. Wenige

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