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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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an«, erscholl die Stimme des Regisseurs.
    Hals und Beinbruch! Oder wie heißt es unter Schauspielern?
    Nervös wackelte Herbie auf seinen hochhackigen Schuhen zur Bühne. Als er die Bretter betrat, die angeblich die Welt bedeuteten, knickte er sofort mit dem Fuß um.
    Ein gutes Vorzeichen. A star is born!
    »So, Herbie«, rief der Regisseur. »Jetzt leg dich mal bitte ganz ruhig da vorne hin!«
    * * *
    Rufus klopfte zaghaft an die Zimmertüre von Fritz. Er war vollkommen überrascht, als ihre Kollegin Gertrud zu ihm in die Küche gekommen war, um zu fragen, wo Fritz denn bloß steckte. Rufus war gerade damit beschäftigt, das Abendessen vorzubereiten. Während er die Lachsmousse schaumig schlug, musste er ununterbrochen an seine Heimat denken. Er dachte an Fritz und an den Flug und an das, was sie vorher noch hinter sich bringen mussten.
    Als Gertrud in die Küche gestürmt kam, wusste er wirklich nicht, was er denken sollte. Wieso hatte sich Fritz nicht an die Abmachung gehalten und am Nachmittag ihren Dienst nach Vorschrift abgeleistet? Wo steckte sie nur?
    In ihrem Zimmer stand ein großer, fertig gepackter Koffer. Das beruhigte ihn. Ihre Pläne waren also anscheinend noch immer unumstößlich.
    Dann fand er den Zettel auf ihrem Nachttisch.
    Will noch rasch etwas Wichtiges erledigen. Bin rechtzeitig zurück. Nichts Herbie sagen! Fritz
    Was hatte das zu bedeuten? Rufus ließ den Koffer aufschnappen. Im Inneren fand er ihre Kleidung. Zusammengelegt und keinesfalls säuberlich gefaltet. So, wie es nun mal eben ihre Art war. Dann erinnerte er sich an eine Diskussion, die sie vor ein paar Tagen hatten, als es um die Reisevorbereitungen gegangen war. Er hatte gesagt: »Du kanns das nich mitnehmen. Denk an de Flughafen. Die leuchten doch alles durch.« Fritz hatte das eingesehen und beschlossen, es einfach vor der Abreise in der untersten Schrankschublade zu verstecken, sodass es eine Weile dauern würde, bis es jemand fand. Und wenn sie dann erst einmal in Nigeria waren, würde sowieso kein Hahn danach krähen.
    Rufus ging zum Kleiderschrank und öffnete die unterste Schublade. Sie war leer.
    Er zog nacheinander die anderen drei Schubladen auf, öffnete die Türen der Schrankfächer und tastete mit den schwarzen Händen oben auf dem Schrank herum. Alles war leer. Die gesamte Habe von Fritz steckte in diesem schwarzen Koffer und war bereit für die große Reise.
    Beunruhigt machte er sich daran, den Koffer zu durchsuchen, aber auch hier wurde er nicht fündig. Er schluckte und begegnete seinem Blick im Spiegel. Über den blitzenden Augen hatte er die Stirne besorgt in Falten gelegt. Rufus bekam Angst.
    Rasch klappte er den Koffer wieder zu und verließ das Zimmer.
    Dann stürzte er die Feuertreppe hinunter und eilte einen kleinen, fensterlosen Gang entlang, der in das rückwärtige Foyer mündete. Zwei Akteure waren gerade dabei, mit einem Tisch und zwei Stühlen eine provisorische Theaterkasse zu errichten.
    Rufus stürzte an ihnen vorbei in den Saal hinein. Auf der Bühne kämpfte ein junger Mann mit seinem Text. »Nein, nein, Kim, das will ich nachher ein bisschen deutlicher!«, lamentierte der Regisseur.
    »Ja, wenn der Haffner nicht ordentlich souffliert ...«
    »Haffner!«
    Rufus unterbrach zwei junge Aktricen bei ihrem Geplauder und fragte nach Herbie. »Der ist hinten, mit Steffi in der Maske.« Rufus ging in die ihm gewiesene Richtung, während der Regisseur die beiden anschnauzte: »Kristina, Manuela, wenn ihr euch nicht bald umzieht, kriege ich einen Blutrausch! Wo ist Andrea? Und Kim!«
    »Hier, auf der Bühne!«
    »Nicht   der   Kim ...   die   Kim! Ihr macht mich wahnsinnig!«
    Herbie war tatsächlich im Umkleideraum. Rufus winkte ihm aufgeregt. Als Herbie ihn bemerkte, unterbrach er seine Unterhaltung und kam auf ihn zu. »Rufus, lach jetzt bitte nicht! Ich weiß, dass diese Ohrringe total behämmert aussehen, aber nachher mit der Perücke ist es ganz okay.«
    Du willst ja nur wieder süße Komplimente einheimsen .
    »Klasse, Herbie, echt groß Klasse. Aber weiß du, wo Fritz is?«
    »Fritz? Ich denke, die arbeitet noch.«
    »Eben nicht!« Der Schwarze rang verzweifelt die Hände.
    »Mach dir keine Sorgen! Fritz wird schon rechtzeitig wieder da sein. Vielleicht will sie noch etwas besorgen. Schließlich verlässt sie auf unbestimmte Zeit ihr Heimatland. Vergiss das nicht!«
    Wie steht’s mit dir? Was wolltest du unbedingt noch machen, bevor du dich auf der Flucht vor deiner Tante nach Papua-Neuguinea

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