Rabenschwarz
gewesen sein?
Sie erreichten wieder die Hauptstraße auf der Höhe der Kneipe Zum Ruppertsnück . »So hat das keinen Zweck. Da suchen wir ja, bis wir schwarz werden!« Er stellte den Wagen am Straßenrand ab und erklärte Rufus, er sei gleich wieder zurück. Dann stieg er aus und stapfte entschlossen auf die Kneipe zu.
Richtig so! Trink ein Gläschen Bier, und kühle dich ab!
»Ich habe jetzt keine Zeit für Bier!«
Oho, du hast es eilig. Ich bezweifle aber, dass du hier in Buchscheids Kneipe die passenden Burschen findest, die du mit deinem schnuckeligen Ohrring abschleppen kannst .
Im letzten Moment, bevor er die Kneipentüre öffnete, zupfte er sich den zweiten Ohrring, den er vergessen hatte auszuziehen, vom Ohrläppchen.
In der Kneipe erklärte ihm ein Bauarbeiter, der damit beschäftigt war, seine Feierabendration Bier und Korn zu vertilgen, wie er zu Feuser-Hännes gelangte, der im Oberdorf bei seiner Mutter lebte.
»Auf zum Feuser-Hännes!«, rief Herbie schwungvoll, als er die Kneipe verließ und wieder ins Auto sprang. Es dämmerte bereits, und Herbie schaltete das Licht an. Mit volltönenden Fehlzündungen fuhr er an und brauste die Hauptstraße entlang, die Steigung hinauf.
Das Haus von Mutter Feuser und ihrem Sohn war ein alter Backsteinbau, dessen Mauerfugen unbedingt eine Überarbeitung nötig hatten.
Feuser Castle. Scheint ja die beste Wohngegend Buchscheids zu sein . Julius rümpfte pikiert die Nase.
»Aber warum? Was hat de Richard davon?«, hakte Rufus nach, als sie aus dem Auto stiegen. Herbie fand zwei blanke Metalldrähtchen, die offensichtlich den Klingelknopf ersetzen sollten. Er klingelte, indem er sie aneinanderführte. Ein weißblaues Blitzen und der Duft von Verschmortem begleiteten das Klingelgeräusch.
»Er hat von Rosi schon am Telefon erfahren, dass Päul und Faßbender in diese alte Geschichte verwickelt waren. Wahrscheinlich auch alles über die Kassette. Das war das, was Rosi als ›schwere Gewissenslast‹ bezeichnete, die Richard ihr abnehmen würde. Er wird ihr gesagt haben: ›Warte, bis ich da bin. Unternimm nichts! Ich regle das.‹ Ja, so wird es gewesen sein!«
Julius hatte keine Skrupel, seinem Begleiter ein schlechtes Gewissen einzureden: Hättest du dein Köpfchen ein wenig früher angestrengt, bräuchtet ihr euch jetzt keine Sorgen um die verlorene Schönheitskönigin zu machen .
Was jetzt die Türe öffnete, schien ihn zu beeindrucken. Oh, die ist aber auch nicht ohne. Mal salopp ausgedrückt .
Eine fette, alte Frau öffnete die Türe. Herbie tippte auf irgendein Alter zwischen achtzig und neunzig. Ihr Gesicht war trotz ihrer Fülle von Knittern und Falten zerfurcht wie ein Rübenacker. Ihr hellgraues Haar war teils zum Dutt geknotet, und andernteils umkränzte es wirr und strähnig ihren breiten Schädel. »Jaaaa?«, raunzte sie breit. Aus ihrem Hausflur drang ein penetranter Geruch von Blumenkohl und abgestandenem Zigarettenrauch.
»Guten Tag, Frau Feuser.« Herbie bemühte sich um ein Mindestmaß an Charme, was ihm deutlich schwerfiel. »Ist Ihr Sohn vielleicht da?«
»Welcher?«
»Oh, äh ...«
»Dä Matthias, dä Pitter, dä Jäächt oder dä Oliver?«
»Der Hännes?«
»Ach, dä Johannes!« Sie drehte sich um, und Herbie entdeckte einen klaffenden Riss an der Seitenpartie ihres engen Jogginganzuges, der mit Sicherheitsnadeln notdürftig geflickt worden war. »Johannes!« Ihr raues Organ hätte ohne Mühe noch im Nachbarort zu hören sein können.
Julius hielt sich die Nase zu. Keine Tochter im Haus? Kein Wunder, dass alles verlottert .
Es dauerte eine Weile, bis ihr Sohn angewackelt kam. Er hustete gottserbärmlich, und bei näherer Betrachtung seiner bemerkenswert verwahrlosten Gestalt bedauerte es Herbie nicht, ihn am Vortag nicht mitgenommen zu haben.
»Häste im Lotto jewonne oder wat wollen die höck all vun dir?«
»War schon eine hier?«, entfuhr es dem aufgeregten Rufus, und die verkommene Alte musterte den Farbigen unverhohlen. »Du bis jedenfalls de erste Nejer für höck. Hammer dann at de Hillije drei Könije, oder wat? Wo is dann dä Melchior?« Sie lachte heiser und dröhnend.
Julius lachte ebenfalls. Herbie beschloss, ihn bei passender Gelegenheit darauf anzusprechen.
»Da hat eben schon en Frau anjerufen«, sagte ihr Sohn trübe. »Die hat misch nach enem Auto jefracht.«
Herbie trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Und? Konnten Sie ihr weiterhelfen?«
Der Gesichtsausdruck des fetten, alten Kerls
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