Rabenschwarz
wurde beinahe noch ein bisschen blöder als zuvor. »Wieso weiterhelfen? Ach, Sie meinen, ob ich dat Auto mit dem Mann jesehen hab.«
»Ganz genau!« Rufus verdrehte die Augen.
»Hab isch.«
»Welches?«
»Wieso welches?« Er wurde trotzig.
»Wir würden gerne wissen, was Sie der jungen Dame eben am Telefon erzählt haben.«
»Wat jeht Sie denn dat an?«
Dann packte Rufus den Alten am Kragen und näherte sich seinem Gesicht auf zwei Zentimeter. »Hör gut zu, Kerl! Wenn du jetz nich auspacks, dann hol ich Medizinmann von meine Stamm, und dann geht dir un deine Brüder un Mama ganz schlecht.« Seine Augen funkelten gefährlich.
Voller Panik schlug die Alte ein Kreuzzeichen und begann, auf der Stelle in ein »Oh Jesses, oh Jesses, oh Jesses ...« auszubrechen.
Ihr Sohn beeilte sich plötzlich wiederzugeben, was er Fritz am Telefon erzählt hatte. Er erklärte, immer noch schwerfällig, aber bereitwilliger als vorher, dass er Fritz bestätigt hatte, dass er am Vormittag von Rosis Todestag ihr Auto aus Buchscheid in Richtung Münstereifel hatte davonfahren sehen. Oder in Richtung Euskirchen. Je nachdem. Nein, Rosi habe nicht hinterm Lenkrad gesessen. Es sei ein Mann gewesen. Einer mit roter Jacke und einer Kappe, die er tief in die Stirne gezogen hatte. Mehr wisse er nun beim besten Willen auch nicht.
»Und vielleicht auch ein Taxi?«, hakte Herbie nach. »So ein altmodisches, weißes. Mit viel Reklame auf den Seiten.«
»Ach, en Taxi war dat ... isch hab misch schon jefracht ... dat war aber vorher. Fuhr auch in Richtung Euskirchen weg.«
Rufus und Herbie blickten sich an. Zustimmung und wachsende Beunruhigung mischten sich in ihrem Blick. Rufus ließ Hännes los, der sich sofort zwei Schritt in den Schutz des heimischen Hausflurs flüchtete.
Als sie zum Auto zurückliefen, begann Rufus, laut irgendeinen Sermon in seiner Heimatsprache zu intonieren. Es klang wie eine nicht enden wollende Verwünschung oder ein böser Voodoofluch, den er auf das Haus der Feusers legte. Seine Stimme schwoll an und ließ die beiden jämmerlichen Gestalten in ihrem Hauseingang erzittern.
Als sie die Autotüren schlossen, sah Herbie seinen schwarzen Begleiter fragend an.
»Kochrezepte«, grinste Rufus.
»So einfach ist das: Dieser Mistkerl ist schon früher in Köln gelandet und war auch schon am Morgen in Buchscheid. Nach Rosis Tod wäre es töricht gewesen, ein Taxi zu bestellen. Also nimmt er ihr Auto und begibt sich nach Euskirchen, um am späten Abend dann anscheinend nichts ahnend wieder aufzutauchen und die schreckliche Nachricht entgegenzunehmen. Wie simpel. Leicht nachprüfbar. Die Passagierlisten des Flughafens, Leute, die ihn in Euskirchen gesehen haben. Und doch kommt keiner drauf, weil keiner einen Mord vermutet.«
Außer dir , formulierte Julius betont beiläufig.
»Außer dir!«, sagte Rufus voller Anerkennung.
»Auf zu Richard Kley!« Herbie ließ den Motor an.
Dann fuhren sie los, und Mutter und Sohn blickten angsterfüllt dem klapprigen Fahrzeug nach, das im Halbdunkel verschwand und dröhnende orientalische Musik absonderte.
Verrate mir doch mal, mein Bester, was deiner Meinung nach deinen Freund Richard bewogen hat, seine Frau wegen dieser Kassette zu töten? Julius schien immer noch gewisse Zweifel an Herbies Theorie zu hegen.
»Vermutlich hat Richard sich in den Kopf gesetzt, Faßbender zu erpressen. Die Tatsache, dass er die Kassette hat oder wahrscheinlich eher eine Kopie, spricht deutlich dafür. Der Mann hat Angst um seinen Ruf, um seinen Sitz im Stadtrat, um sein Hotel. Und der Mann ist steinreich. Da ist viel Geld zu holen. Und dann musste Rosi sterben.«
»Wieso denn am Steinbruch? Wieso haben sich die nich bei Rosi getroffen?« Rufus kämpfte mit dem Sicherheitsgurt.
»Ich denke, sie sind von der Hütte zum Steinbruch rüberspaziert. Das sind ja nur ein paar Minuten. Vielleicht haben sie sich da oben getroffen, weil Richard Scheu hatte, wieder so hopplahopp ins Dorf einzumarschieren, das er zwei Jahre zuvor fluchtartig verlassen hatte. Könnte doch sein. Vielleicht haben sie sich aber auch bei Rosi getroffen und sind hochgefahren. Das wird die Polizei bei dem entsprechenden Taxifahrer schon noch herausfinden.«
»Die Polizei?«
Herbie nickte. »Aber keine Sorge. Erst finden wir Fritz, und dann macht ihr euch aus dem Staub. Erst dann werde ich dafür sorgen, dass Richard seiner gerechten Strafe zugeführt wird.«
Julius’ Kopf tauchte zwischen den beiden auf. Ganz schön
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