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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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Unsinn! Warum hätte ich das tun sollen?«
    »Weil sie Ihnen quasi Ihren Vater genommen haben.«
    Tonio lachte auf. »Was für ein Quatsch! Keiner hat mir meinen Vater genommen, das hat der schon selber getan. Ich hab ihn nie gekannt, nie gesehen.«
    »Was hatten Sie dann für ein Motiv, Gertrud Rabinsky zu töten?«
    Tonio sprang auf, reckte verzweifelt die Arme. »Keines! Glauben Sie mir! Ich hatte kein Motiv. Und ich habe sie auch nicht getötet! Das müssen Sie mir glauben!«
    »Setzen Sie sich wieder«, sagte Felix bestimmt. »Und wir müssen Ihnen gar nichts glauben. Ich hoffe, Sie wissen, dass Ihre Lage ernst ist. Sie sollten mit uns kooperieren.«
    Tonio sackte in seinem Sessel zusammen, ein Häufchen Elend. »Ich kooperiere ja«, sagte er, »ich erkenne schon, wann ich verloren habe.«
    »Gut«, sagte Felix, »ich höre.«
    Tonio wand sich noch ein bisschen. »Ich habe sie beobachtet. Ja, das stimmt. Es ist ein bisschen wie eine Sucht geworden. Plötzlich … steckst du im Leben eines anderen Menschen fest und kannst dich … nicht mehr lösen.«
    Er schüttelte den Kopf, wie ungläubig über sich selbst. »Alles bekommt eine eigene Dynamik, alles wird unglaublich schnell.«
    »Warum haben Sie sie beobachtet? Gab es irgendetwas, womit Sie sie hätten erpressen können? Und dann, als Sie sahen, dass das nicht funktionierte, haben Sie die Nerven verloren und zum Messer gegriffen, das vor Ihnen auf dem Tisch lag.«
    Wieder schüttelte Tonio den Kopf.
    »Nein«, sagte er, »nein, wirklich nicht. Es gab nichts, womit ich sie hätte erpressen können. Ich wollte einfach … ihre Geschichte hören. Ich wollte irgendetwas über meinen Vater hören. Was damals geschehen ist. Wie er zu Tode kam. Wie es möglich war, in einem Meer wie dem Mittelmeer zu ertrinken.«
    Er brach ab, lachte leise, ein wenig bitter. »Ob er jemals über mich gesprochen hat. Oder über meine Mutter. Was wir für ihn gewesen sind. Ob wir irgendetwas für ihn gewesen sind. Irgendetwas.«
    Er verstummte.
    Felix spürte Tonios vagen Schmerz und konnte plötzlich verstehen, dass dieses Fehlen von Erinnerungen ihn umgetrieben hatte, dass er wissen wollte, als sich die Gelegenheit dazu ergab, dass …
    Und glaubte ihm. Allmählich. Immer mehr.
    »Erzählen Sie«, sagte er. »Erzählen Sie von Anfang an.«
    Und Tonio erzählte. Von der Erbschaft. Von diesem plötzlichen Einbruch einer Familie in sein Leben, die neu für ihn war, unbekannt und unerwartet, dass der Schrecken darüber anfangs größer gewesen war als die Freude über das Erbe.
    Er erzählte, wie all diese Menschen aufgetaucht waren, erst sein Vater, dann die beiden Frauen, und wie erstaunt er gewesen war, dass sie derart tief im Leben seines Vatersverankert gewesen waren. Er fand ihre Spuren viel tiefer und nachdrücklicher als die seiner Mutter oder seine eigenen. Wenn man ehrlich war, hatten seine Mutter und er im Leben seines Vaters gar keine Spuren hinterlassen, absolut keine.
    Das war eine Kränkung gewesen, eine, die ihn völlig überrascht hatte, weil er niemals vermutet hatte, dass ihn das auf diese Weise treffen würde.
    Nun aber veranlasste sie ihn, der Vergangenheit hinterherzuspüren. Er wollte wissen, wissen, wissen.
    Und schickte Hanna, die in Frankreich lebte, diesen Brief. Und drang in Gertruds Leben ein.
    »Und mit all diesen Aktionen haben Sie eine Menge Steine ins Rollen gebracht«, sagte Felix.
    Tonio nickte und senkte den Kopf. »Ja, das habe ich wohl.«
    »Wo ist Lilli?«, fragte Felix.
    »Lilli?« Tonio blickte auf. »Meine kleine Schwester?« Er lächelte.
    »Ja«, sagte Felix, »genau die meine ich.«
    »Keine Ahnung«, sagte Tonio. »Wirklich! Keine Ahnung. Sie ist da gewesen. Wir haben geredet. Sie ist gegangen.«
    »Und wohin?«
    »Wollte Hanna suchen!«
    »Und wo ist Hanna?«
    »Auch das weiß ich nicht«, sagte Tonio. »Echt! Keine Ahnung!«
    Felix nickte. Und glaubte ihm. Es gab keinen Grund, ihm nicht zu glauben.
    »Aber Sie haben etwas gesehen in jener Nacht.«
    Tonio seufzte, blickte Kristin an.
    »Kanada«, murmelte er, »Kanada können wir wohl knicken.« Sie schwieg.
    »Macht doch nix«, sagte Felix, »ist doch hier auch ganz schön! Die Bäume verfärben sich hier auch.« Er lächelte. »Also: Was haben Sie gesehen? Und vor allem: Wen haben Sie gesehen? Wen, den Sie jetzt erpressen wollten?«
    Tonio seufzte.
    »Viele«, sagte er, »ich habe viele gesehen.«
    86 Hansen lehnte sich zurück in seinem Stuhl und starrte den Bildschirm an. Staunen

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