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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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Hat nicht jedes Alter seine Schmerzen?«
    »Ja«, sagte Dorothee, »wahrscheinlich haben Sie recht.«
    Franzas Handy klingelte, sie ließ es läuten.
    »Wissen Sie«, sagte Frau Brendler, »ich war so froh, als die beiden endlich die Reifeprüfung hatten. Ich dachte, jetzt ist alles vorbei, dieses heimliche Hickhack, das sie niemals öffentlich gemacht hatten, das sie all die Jahre heimlich ausgetragen hatten, dieser ewige Kampf, bei dem Gertrud immer die Unterlegene war. Ich dachte, jetzt können sie sich endlich trennen. Jetzt geht die eine zum Studium in diese Stadt, und die andere geht in eine andere, und dann können sie endlich beide leben. Aber nein.«
    Sie schüttelte den Kopf, lachte kurz und bitter.
    »Als Hanna verkündete, sie würde nach München gehen, um Fotografie zu studieren, sagte Gertrud auf der Stelle, sie käme mit. Sie würde eben in München Jura studieren und sie könnten sich zusammen eine Wohnung nehmen.«
    Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie es immer noch nicht glauben, und fuhr fort: »Ich weiß noch, dass ich dachte, ich höre nicht richtig. Auch Hanna schien verwundert, aber sie nickte und sagte: Wenn du meinst! Ich habe in Gedanken die Hände gerungen und später habe ich Gertrud zur Seite genommen und sie angefleht: Gertrud, tu das nicht! Fang mit deinem eigenen Leben an! Aber sie schaute mich an, ganz fremd, und kanzelte mich ab. Was das heißen solle. Ein eigenes Leben anfangen. Das tue sie doch und es sei ihre Sache, was ich mich da einmischte und wir sollten doch froh sein, sie helfe uns Geld sparen, so bräuchten wir nur eine Wohnung zu finanzieren. Es war aussichtslos, nichts zu machen.«
    »Sie gingen also nach München.«
    Dorothee nickte. »Ja, sie gingen gemeinsam nach München in eine Wohnung, und ich habe mich ununterbrochen gefragt, warum. Warum macht sie das? Warum lässt sie Hanna nicht ziehen?«
    Sie schüttelte den Kopf, ungläubiges Staunen im Gesicht.
    »Ich habe ewig lange gebraucht, bis ich es merkte. Ich bin blind gewesen. Wahrscheinlich wollte ich es nicht merken.«
    Schweigen. Wieder Kopfschütteln. Franza begann etwas zu ahnen.
    »Sie hatte sich … verliebt?«
    Dorothee schwieg eine Weile. »Ja, sie war verliebt, meine Kleine.«
    Franza nickte vorsichtig. »In Hanna.«
    Stille im Park, die Tauben gurrten, von weit her gedämpfte Stimmen, ein leiser Singsang, ein Radfahrer, der vorüberkam.
    »In Hanna. Ja. In Hanna.«
    In Dorothees Stimme lag die vorsichtige Traurigkeit der Ahnenden, die nichts hatte abwenden können.
    »Sie haben nicht zufällig eine Zigarette für mich?«
    »Doch«, sagte Franza, »doch«, und wühlte in ihrer Tasche. Es fanden sich zwei. »Der erste Zug«, sagte Dorothee hastig und blies Rauch aus Mund und Nase. »Es ist immer der erste Zug.« Franza nickte. Nicht nur, dachte sie.
    Sie rauchten, blickten den Schwaden nach, die sich in der Luft kringelten und auflösten.
    »Wissen Sie«, sagte Dorothee, »meine Gertrud war eine Kümmerin, von Kind an, zuerst kümmerte sie sich um ihre Puppen und als Hanna kam, kümmerte sie sich um Hanna. Aber die brauchte das nur eine kurze Weile, ging klar und gerade ihren Weg und zog mühelos an Gertrud vorbei.«
    Dorothee nahm einen tiefen Zug aus der Zigarette und fuhr fort: »Gertrud hat das nicht gemerkt, lange nicht. Dass wir da eine Gewinnerin hatten, eine, die immer gewann, immer und alles, die nur ein einziges Mal in ihrem Leben verloren hatte, nämlich ihre Mutter, und die dann wohl beschlossen hatte, nie mehr zu verlieren.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das ist natürlich Quatsch. Puppenpsychologie. Hausfrauenpsychologie!« Sie lachte bitter. »Ich habe mich manchmal gefragt, ob Gertrud Hanna hasste, weil die sich alles einfach nahm, sogar den Vater, aber … ich weiß es gar nicht.«
    Sie dachte nach, dann: »Das klingt jetzt, als ob Hanna eine schreckliche Person gewesen wäre, aber das war sie nicht, ganz im Gegenteil. Ganz im Gegenteil.«
    Dorothee verstummte. Franza spürte ihre Hilflosigkeit.
    »Und irgendwann«, fuhr Dorothee leise fort, »haben Gertruds Gefühle sich … in diese Richtung verändert. Sie konnte wohl einfach nicht von ihr lassen.«
    Franza nickte, zog an der Zigarette, blies den Rauch weg, wartete, nichts kam. Dorothee schien im Schweigen zu versinken. Vorsichtig fragte sie. »Und Hanna?«
    Die Frau blickte hoch, schaute Franza an, war ganz weit weg, dachte nach.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe nie gewagt, sie

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