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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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und seiner Unerschrockenheit nach und spürte sich selber nach und spürte ihre Vorsicht, die sie immer noch nicht losgelassen hatte. Vielleicht, dachte sie und musste bei dem Gedanken lächeln, vielleicht, wenn ich zweiundachtzig bin und er dann mit seinen jugendlichen siebzig immer noch in meinen Falten herumgräbt, dann vielleicht …
    »Ja«, wiederholte sie und lächelte traurig, »weil ich alt genug bin«, und dachte, dass sie es manchmal hasste, alt genug zu sein, weil das hin und wieder älter machte, als man tatsächlich war, aber das konnte sie Port nicht verklickern, das wusste nur jemand, der eben alt genug war.
    »Ja«, sagte sie. »Ja, so ist das wohl.« Sie dachte an die Wien-Geschichte und wusste mit der wunderbaren und klugen und beschissenen Abgeklärtheit ihrer fünfundvierzig Jahre noch viel mehr, nämlich dass zwölf Jahre nicht nur zwölf Jahre waren, sondern eben … zwölf Jahre.
    24 Die Wien-Geschichte. Diese blöde Wien-Geschichte.
    Natürlich würde ihm Wien gut zu Gesicht stehen, das war so klar wie das Amen im Gebet. Natürlich würde es weh tun. Aber so war das Leben, alter Spruch, der immer recht hatte.
    »Würdest du mitkommen?«, hatte er vor zwei Wochen in Franzas Rücken gefragt, während Franza in seiner Küche Salat wusch und kaltes Wasser über ihre Finger rann. »Würdest du das?«
    Sie hatte auf der Stelle gewusst, was das bedeutete. Es gelang ihr, noch einen Augenblick stillzuhalten. Dann stellte sie das Wasser ab und verließ die Wohnung, sein Rufen ignorierend, sein Bemühen sie festzuhalten. Sie streckte die Hände aus und es genügte. Er ließ sie fort, stumm, wie sie plötzlich war.
    Sie fuhr an die Donau, es war Abend, ein Sonntag, Stille hing über dem Fluss, sie hatte Lust auf das Wasser, auf das Kalte, zog sich aus, ging hinein. Die Wellen gluckerten um sie herum, die Kälte griff sie an, aber das machte nichts. Sie blieb eine Weile und lauschte dem Satz nach »Würdest du das?« und wusste, sie würde das nicht, und wusste, es würde vorbei sein, vielleicht nicht gleich, aber irgendwann, eher früher als später, und wusste, dass sie das doch immer gewusst hatte und schalt sich eine dumme Göre, die nicht in der Lage war, auf sich zu achten, auf sich und ihr Herz.
    Wie alt war sie noch mal? Bald sechsundvierzig? Sollte man da nicht endlich gelernt haben, ein wenig über den Dingen zu stehen, ein bisschen von oben herab zu klotzen?
    Als sie nach Hause kam, schlotternd vor Donaukälte, saß er auf den Stufen vor ihrer Eingangstür und schaute ihr entgegen. Sie setzte sich neben ihn, legte ihren Kopf an seine Schulter und murmelte: »Entschuldigung.«
    Später rubbelte er ihre Haare trocken, sie tranken Wein und er erzählte ihr, dass er diesen Anruf aus Wien bekommen hatte, ein Kollege hätte einen Unfall gehabt, sie bräuchten nun Ersatz und da war sein Name gefallen. Er hätte diese Rolle intus, also wäre es nicht besonders schwierig einzuspringen und es wäre auch nur für ein paar Wochen. Hier würden sie ihn solange freistellen, allerdings müsste er sich rasch entscheiden. Was sie, Franza, denn nun sage.
    Sie sagte: »Wow! Tolle Sache! Super Chance für dich!«, und dachte nebenher, dass Wien wie Alaska war, mit drei Meeren zwischen hier und dort, aber das sagte sie ihm nicht.
    Sie spürte seine Begeisterung genau wie seine Verzweiflung. Das tröstete sie ein wenig.
    »Komm mit«, sagte er ein ums andere Mal. »Lass dich freistellen. Sind doch nur ein paar Wochen. Schau dir die österreichische Polizei an. Polizisten brauchen sie überall. Sogar in Österreich. Und du bist doch eigentlich Österreicherin. Besuch deine Heimat.« Er war begeistert von dieser Idee. »Ja«, wiederholte er strahlend, »genau! Rückkehr! Was hält dich hier!«
    Sie lächelte und war gerührt von seiner Euphorie, mit der er sie dabeihaben wollte, und sagte: »Vielleicht. Ja, vielleicht werde ich das tun.«
    Aber sie wusste schon, dass sie es nicht tun würde, weil ihr Leben hier war. Seit vielen Jahren. An dieser Donau. Nicht an der anderen, nicht an der in Wien. Sein Leben hingegen würde dort sein, weil es so sein musste.
    »Ich muss das tun«, sagte er und sie nickte, weil es ja klar war, sonnenklar, »ich muss einfach. Wenn ich diese Chance nicht nütze, kann ich mir gleich eine Kugel geben.«
    »Klar«, sagte sie und legte ihre Hand an seine Wange, »klar musst du das! Das weiß ich doch. Natürlich musst du das.«
    Dann schliefen sie miteinander, weil es das Einzige war, was

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