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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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Beherrschung wiederzugewinnen. Das rettete Alinath das Leben, und wahrscheinlich Seraphs Leben ebenfalls, denn Magie, die in Zorn freigesetzt wurde, war bei ihren Zielen nicht wählerisch.
    Steingut zerbrach, als das Haus mit einem hohlen Dröhnen bebte. Kochlöffel, Holzspäne und Backbleche flogen durch den Raum. Die große Tür, die die beiden heißen Öfen von der Backstube trennte, wurde aus den Scharnieren gerissen und flog zwischen Seraph und Alinath hindurch, krachte gegen die gegenüberliegende Wand und ließ den Verputz in einer dicken weißen Wolke auffliegen. Alinath schrie erschrocken auf. Mehl gesellte sich zu dem Verputzstaub, während das Tor auf den Boden fiel und dabei zwei Tische und ein halb volles Mehlfass umriss.
    Seraph schloss angesichts dieser Zerstörung und des verängstigten Gesichts von Tiers Schwester die Augen und versuchte, die Magie, die sie losgelassen hatte, wieder zurückzuholen. Die Magie kämpfte gegen Seraphs Zugriff an, genährt von dem Zorn, der sie bewirkt hatte. Sie ließ Seraph für ihren Mangel an Beherrschung zahlen, raste zu ihr zurück und ging durch sie hindurch wie Glassplitter. Aber sie zog sich tatsächlich wieder zurück, und Backbleche und Schälmesser ließen sich sanft auf dem Boden nieder.
    Seraph öffnete die Augen, um sich den Schaden anzusehen. Alinath ging es gut - sie war offensichtlich erschüttert,
hatte aber sofort wieder aufgehört zu schreien. Die Wand würde neu verputzt werden müssen, die Tür wieder eingesetzt, die Schwelle repariert oder ersetzt. Die Behälter mit wertvollem Sauerteig, der für den Brotteig verwendet wurde, waren irgendwie davongekommen, und es gab weniger zerbrochene Töpfe, als sie gedacht hatte. Weder Tier noch den vier oder fünf Leuten, die ihm ins Haus gefolgt waren, war etwas Schlimmeres zugestoßen, als von Mehl und Verputzstaub überzogen zu werden.
    Ihre Schuldgefühle quälten Seraph beinahe so heftig, wie die Magie es getan hatte. Es war das Schlimmste, was ein Rabe tun konnte - Magie im Zorn freizusetzen. Dass niemand verletzt worden und nichts Unersetzliches zerbrochen war, hatte sie nur Tiers Geschenk und ihrem eigenen Glück zu verdanken, und daher milderte es ihr Verbrechen kein bisschen. Seraph stand wie erfroren mitten in der Backstube.
    »Ich habe dir doch gesagt, dass sie aufbrausend sein kann«, sagte Tier freundlich.
    »Ich habe Eure Gastfreundschaft schlecht vergolten«, sagte Seraph. »Ich hole meine Sachen und gehe.«
     
    Tier verfluchte den Impuls, der ihn veranlasst hatte, die Männer, mit denen er an diesem Nachmittag zusammen gesungen hatte, zu einem Bissen eines neuen Kräuterbrots einzuladen. Die Tür zur Backstube zu öffnen, als er - und alle anderen - Alinaths Schrei hörten, war einfach dumm gewesen. Er hatte seine Schwester schon vor Wochen gewarnt, Seraph nicht gegen sich aufzubringen.
    »Magier werden hier nicht geduldet«, sagte jemand hinter ihm.
    »Sie sagte doch schon, dass sie gehen wird«, erwiderte Ciro. »Sie hat niemandem wehgetan.«
    »Wir brechen morgen früh auf«, sagte Tier.

    »Fremde, die nach Redern kommen und Magie wirken, werden zum Tode verurteilt«, sagte Alinath in einem Tonfall, wie er ihn noch nie von ihr gehört hatte.
    Er sah sie an. Sie hätte lächerlich aussehen sollen, aber der kalte, von Angst getriebene Zorn auf ihren Zügen ließ sie furchterregend wirken, obwohl sie von weißem Pulver überzogen war.
    Jemand knurrte zustimmend.
    Das hässliche Geräusch erinnerte Tier an das Gasthaus, aus dem er sie gerettet hatte - oder hatte er eher die Dorfbewohner vor ihr gerettet? Wenn es ihm nicht gelang, die Lage zu wenden, würde das Dorf am nächsten Morgen vielleicht nicht mehr in der Stimmung sein, Seraph gehen zu lassen.
    Eine seltsame Idee, die ihm durch den Kopf gegangen war, seit er mit Willon und dann nach ihrem Albtraum mit Seraph gesprochen hatte, nahm in ihm Form an.
    »Sie ist keine Fremde«, log er plötzlich. »Sie ist meine Frau.«
    Schweigen breitete sich im Raum aus. Seraph warf ihm einen scharfen Blick zu.
    »Nein«, sagte Alinath. »Das lasse ich nicht zu.«
    Er wusste, sie befand sich im Schockzustand, oder sie hätte niemals etwas so Lächerliches gesagt.
    »Es steht dir nicht zu, darüber zu entscheiden«, erinnerte er sie mit sanfter, aber fester Stimme.
    »Ich werde sie in diesem Haus nicht dulden«, sagte Alinath.
    »Wir würden sowieso gehen müssen«, warf Bandor ein, der sich durch die Menge in die Backstube drängte. Er trat zu Alinath

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