Rache@
alleine war. Niemand konnte den Seidel leiden. Absolut niemand! Doch das konnte er doch hier nicht so offen aussprechen. Ben wurde richtig übel bei dem Gedanken, wie es ihm dann wohl demnächst im Matheunterricht ergehen würde. Nein, das war absolut unmöglich.
âIch habe alles gesagtâ, murmelte er und konnte dabei keinen der Männer anschauen. Justus Brandt seufzte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare und sagte: âNa gut. Dann erzähle ich eben, was du mir berichtet hast.â
Es war keine Frage, und deshalb wartete er auch Bens Antwort nicht ab, sondern fing an zu erzählen.
Ben starrte stur auf seine Hände, die verschränkt ineinander auf seinem Schoà lagen. Er hörte, wie Justus Brandt davon berichtete, wie es ihm, Ben, ergangen war â wie er sich gefühlt hatte, wenn Herr Seidel ihn mal wieder anbrüllte. Ihn vor der ganzen Klasse blamierte und vorführte. Vom ersten Tag an es auf ihn abgesehen hatte. Und Ben noch nicht mal den Ansatz einer Erklärung dafür hatte, warum eigentlich. Jede Hausarbeit machte er schlecht. Jeden verhauten Test kommentierte er, mit sichtlicher Freude, offen vor der ganzen Klasse. Er schmiss Ben Ausdrücke an den Kopf, die er zuvor von keinem anderen Lehrer gehört hatte. Lieà seine Launen hemmungslos an seinen Schülern aus. Lob gab es nur ganz selten. Und dann auch nur für ein paar ausgewählte Schüler. Zu denen gehörte Ben nie. Und er verschwieg auch nicht, wie Herr Seidel sich vor der gesamten Klasse über Marcel ausgelassen hatte.
Dr. Fischer sah betreten aus, als Justus Brandt mit seinem Bericht fertig war. Herr Seidel hingegen wirkte erbost. âDas ist doch alles nur ein Missverständnis. Ãble Nachrede, nichts weiter.â
Ben nahm seinen ganzen Mut zusammen, sah Herrn Seidel direkt in die Augen und sagte mit fester Stimme: âAlles ist ganz genauso, wie Herr Brandt es gesagt hat. Er hat nur vergessen, Ihnen von meinen Träumen zu berichten. Ich habe nachts davon geträumt, Sie zusammenzuschlagen. Mich an Ihnen zu rächen. Sie sollten sich auch mal klein, mies und dreckig fühlen. Ja, davon habe ich geträumt. Und das habe ich auch zu Marcel gesagt. Ich habe gesagt, ich möchte mich an dem Seidel rächen. Für seine Gemeinheiten und die vielen Ungerechtigkeiten. Aber jetzt tut es mir leid. Wirklich, das war absolut nicht okay â¦â Ben senkte den Blick und betrachtete erneut seine Hände.
Ein paar Minuten lang war es völlig still im Zimmer. Nur ihre Atemzüge hingen schwer in der Luft.
SchlieÃlich räusperte sich Dr. Fischer und sagte: âDas sind in der Tat keine erfreulichen Neuigkeiten, von denen wir nun erfahren mussten. Ich muss zugeben, ich bin etwas erstaunt darüber.â Er warf Herrn Seidel einen bedeutungsvollen Blick zu.
Der atmete vernehmlich durch und erklärte: âIch auch. Dazu kann und möchte ich mich momentan nicht weiter äuÃern.â Er erhob sich, nickte Dr. Fischer und Justus Brandt kurz zu und verlieà den Raum.
Wieder herrschte bedrückende Stille.
SchlieÃlich brachte Dr. Fischer es auf den Punkt. âDas ist wirklich alles äuÃerst unschön und bringt garantiert jede Menge Gesprächsbedarf mit sich. Fakt ist, du und dein Freund Marcel habt eindeutig Herrn Seidels Menschenwürde verletzt und ihn auf eine ganz üble Art und Weise verleumdet. Dabei müssen die Gründe dafür in den Hintergrund rücken. AuÃerdem hat Herr Seidel zu Recht Strafanzeige erstattet. Im Moment ist auch noch nicht geklärt, wer von euch beiden genau was gemacht hat, wer wofür verantwortlich ist und verantwortlich gemacht werden wird. Das alles ist deine Variante der Geschehnisse. Marcels kennen wir bislang noch nicht. Möglicherweise erzählt er uns etwas ganz anderes. Vielleicht behauptet er, du steckst hinter dem Handyvideo? Das heiÃt es zuerst einmal zu klären. Und dazu werden wir baldigst mit Marcel und natürlich seinen Eltern sprechen. Deine Eltern werden wir auch gleich benachrichtigen, und dann sehen wir weiter.â
Er wendete sich Justus Brandt zu und sagte: âSeien Sie bitte so freundlich und rufen im Sekretariat an. Frau Harmeling möchte doch Bens Eltern in die Schule bitten.â
Justus Brandt nickte schweigend und nahm den Hörer in die Hand.
Dr. Fischer richtete sich abermals an Ben: âUnd du
Weitere Kostenlose Bücher