'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Regalwänden wimmelte es nur so vor weihnachtlichen Dekorationen und Duftkerzen.
Während Nicole und Mario sich auf der Couch niederließen, positionierten Nora und Tommy sich in einigem Abstand vor ihnen. Sie wollten in dieser Situation unter keinen Umständen aufdringlich wirken. Immerhin mussten die beiden Angehörigen diese dramatische Nachricht erst einmal verdauen. Ihr gesamtes Leben änderte sich ab diesem Moment grundlegend. Es würde nie wieder dasselbe sein. Ein derart schlimmes Ereignis warf alles aus der Bahn.
„Was ist denn hier los?“, fragte plötzlich eine schwache Stimme. Die Ermittler drehten sich um und sahen eine winzige Frau in der Tür stehen. Sie konnte unmöglich größer als eins fünfzig sein und hatte kurze schwarze Haare. In ihrem Gesicht erkannten die Kommissare auf den ersten Blick sehr viele Falten.
„Frau Meier?“, tastete Nora sich vor, wobei sie auf die Frau zutrat.
„Ja, ich bin Gertrud Meier. Wer sind Sie? Was machen Sie in meinem Haus? Und warum weint Nicole so?“
„Wir sind von der Kripo“, klärte Nora sie auf. Sie zeigte Gertrud ihren Ausweis und überbrachte ihr schließlich mit äußerster Feinfühligkeit die Nachricht über den gewaltsamen Tod ihres Mannes. Trotz Noras Taktgefühls sackte Gertrud in Sekundenschnelle in sich zusammen. Es geschah so schnell, dass weder Nora noch Tommy reagieren konnten. Völlig überrumpelt fiel die 59-Jährige auf die Knie und stützte den Kopf in ihre Hände.
„Großer Gott“, stieß Thomas aus und beugte sich so schnell wie möglich zu Gertrud hinab. Er ergriff sie behutsam unter ihren Achseln und half ihr wieder auf die Beine.
Auch Mario reagierte sofort. Er sprang von der Couch auf und stürmte auf seine Mutter zu. „Ich bin hier, Mama. Es ist okay. Es wird alles gut. Wir schaffen das.“
„Wo ist die Küche? Ich hole ihr ein Glas Wasser“, sagte Nora.
„Die erste Tür rechts“, erwiderte Mario abweisend, da er voll und ganz damit beschäftigt war, seine Mutter zu stützen und sie zur Couch zu bringen.
Nora machte sich sogleich auf den Weg. Sie verließ das Wohnzimmer und schritt geradewegs auf die Küche zu.
Unterdessen begleitete Mario seine Mutter zum Sofa. Sie setzte sich neben Nicole, die sie umgehend umschlang.
Thomas schluckte. Zwar hatte er befürchtet, früher oder später solch eine dramatische Situation miterleben zu müssen, doch hätte er sich gewünscht, dass diese noch einige Zeit auf sich hätte warten lassen. Denn der Anblick der beiden verzweifelten Frauen zerriss ihm nahezu das Herz. Er wagte kaum zu atmen, wusste nicht, was er sagen sollte.
Im Augenwinkel sah er, dass Mario seine Hände zusammenpresste. Er fragte sich, ob dem Mörder auch nur annähernd bewusst war, dass er mit seiner Bluttat eine ganze Familie in Schmerz und Leid gestürzt hatte. Heute Nacht hatte er nicht nur eine weitere Frau und einen Familienvater getötet.
Zu einem gewissen Grad hatte er auch dessen gesamte Familie ermordet.
20
Tommy strich sich über seine Narbe, während Nora mit schnellen Schritten zurück ins Zimmer kam und den Meiers jeweils ein Glas Wasser überreichte. Doch während Nicole und Gertrud die Gläser entgegennahmen, schrie Mario: „Ich kann jetzt nichts trinken! Ich will, dass Sie das Schwein finden, das uns diesen Kummer bereitet! Haben Sie mich verstanden?! Ich will, dass Sie diesen Kerl so schnell wie möglich hinter Gitter bringen! Für immer!“ Wieder ballte er seine Hände zu Fäusten. „Ich verlange, dass Sie den oder die Verantwortlichen in den nächsten 96 Stunden dingfest machen! Sonst werde ich selbst dafür sorgen! Das schwöre ich Ihnen!“
„Wir können verstehen, dass Sie momentan sehr aufgebracht und wütend sind, aber es hat -“, begann Tommy zu erklären, als Mario ihn schreiend unterbrach: „Nichts können Sie! Sie haben nicht die geringste Ahnung, was meine Schwester, meine Mutter und ich gerade durchmachen! Oder wurde Ihr Vater etwa auch vor wenigen Stunden ermordet?! Haben Sie heute Nacht einen geliebten Menschen verloren oder wir ?! Mein Vater hat es nicht verdient, von irgendeinem Freak kaltblütig ermordet zu werden! Und wenn Sie nicht in der Lage sind, diesen Mord schnell aufzuklären, dann werde ich es machen!“
„Hör endlich auf!“, kreischte Nicole auf einmal aus vollem Hals. „Du redest puren Unsinn! Für Selbstjustiz ist hier kein Platz, verstanden?! Wir drei müssen jetzt zusammenhalten, um die kommende Zeit gemeinsam irgendwie zu überstehen! Nur
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