'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Kontrolle zu behalten!“
Nach dieser Maßregelung starrte Mario seine Mutter fassungslos an. Mehrere Sekunden herrschte erdrückende Stille. Dann sauste Mario Hals über Kopf los. Er flitzte an den Kommissaren vorbei, ließ Gertrud und Nicole links liegen und rauschte durch den Flur auf sein Zimmer zu. „Ihr könnt mich alle mal!“, fluchte er, ehe er seine Zimmertür hinter sich in die Angeln warf.
Als Folge schluchzte Gertrud auf. „Was ist nur los mit dem Jungen? Seit der Nachricht von Manfreds Tod ist er wie ausgewechselt. So kenne ich ihn gar nicht. Ich habe Angst um ihn.“
„Wenn Sie mich fragen“, begann Holt, „dann hat der Kleine ein ernsthaftes Problem. Und ich hoffe für Sie, dass Sie ihn und sein Temperament zügeln können, bevor er auf die unendlich dumme Idee kommt, mir noch einmal einen Schlag zu verpassen. Denn beim nächsten Mal schlage ich richtig zurück. Anscheinend braucht der Junge eine ordentliche Tracht Prügel, um wieder auf den Teppich zu kommen und Respekt vor älteren Mitmenschen zu zeigen.“
„Das ist nicht wahr“, wehrte Nicole ab. „Mario hatte sich bisher immer unter Kontrolle. Es ist einfach eine sehr schwere Zeit für uns. Das verstehen Sie doch wohl, oder?“
„Ja, das verstehe ich. Trotzdem verlange ich, dass Mario sich bald wieder einkriegt und sich bei mir entschuldigt!“
„Das wird er. Ich werde dafür sorgen“, garantierte Gertrud ihrem Nachbarn.
„Das hoffe ich. Ich kann diesen Vorfall vergessen, wenn ich mit Respekt behandelt werde.“ Er blickte von Gertrud zu Nora und Tommy. Nach kurzer Zeit nickte er den Ermittlern zu und begab sich zurück zu seinem Haus.
„Ich verstehe nicht, was in Mario gefahren ist. So voller Hass und Aggressivität habe ich ihn noch nie erlebt“, versicherte Gertrud den Kommissaren, nachdem Holt verschwunden war.
Nora trat näher auf Gertrud und Nicole zu. „Ich glaube Ihnen, dass Mario im Grunde ein friedliebender Mensch ist. Aber eine solch bittere Todesnachricht kann jeden Menschen von heute auf morgen verändern. Sie hat ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Sein Vater war offenbar sein Vorbild und ist auf einmal nicht mehr da. Es ist verständlich, dass Mario den Verantwortlichen umgehend bestraft sehen möchte.“
„Das möchten wir auch“, warf Nicole ein. „Trotzdem verhalten wir uns nicht wie Tiere und schlagen anderen Menschen ins Gesicht.“
„Jeder Mensch hat seine eigene Art, mit schlimmen Botschaften und Erlebnissen umzugehen“, wusste Thomas. „Man muss allerdings darauf achten, dass dabei niemand zu Schaden kommt. In Marios Fall scheint das leider nicht gewährleistet zu sein. Daher bitte ich Sie mit allem Nachdruck, ihn im Auge zu behalten. Mario darf nicht auf eigene Faust losziehen, um den Mörder zu suchen. Das wäre das Dümmste, das er machen könnte. Denn in seiner jetzigen Verfassung ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass er dabei überreagieren und einen fatalen Fehler begehen würde. Unter Umständen sogar einen Fehler, der sein gesamtes weiteres Leben bestimmen könnte.“
Gertrud sah ihn erschrocken an. „Meinen Sie etwa, dass Mario einen Mord verüben könnte?“
„Es ist alles möglich. Mario ist momentan voller Adrenalin und wird von blinder Wut angetrieben. Da kann wirklich alles passieren. Ich spreche aus Erfahrung.“
Nora bestätigte Tommys Worte. „Mein Kollege hat recht. Achten Sie auf Mario. Versuchen Sie ihn von der Idee der Selbstjustiz abzubringen. Sollte er trotzdem weiterhin etwas Dummes unternehmen wollen, dann melden Sie sich sofort bei uns. Sobald Sie zum Bespiel merken, dass Mario für längere Zeit nicht mehr bei Ihnen ist, rufen Sie uns unverzüglich an.“ Nora reichte Gertrud ihre Karte. „Das ist sehr wichtig. Im Interesse Ihres Sohnes.“
Gertrud nickte. „Nicole und ich werden auf ihn achten. Versprochen.“
30
Thomas balancierte die warme Pizzaschachtel gekonnt auf der linken Hand, während er mit der rechten seinen Schlüssel aus der Hosentasche angelte und seine Wohnungstür aufschloss. Dann stieß er die Tür mit der Fußspitze auf und beförderte die Pizza unversehrt in sein Reich. Zwar nahm er sich vom Italiener an der Ecke nur äußerst selten eine Pizza mit, aber am heutigen Abend hatte er aufgrund der aktuellen Morde keinen Nerv fürs Kochen. Auch wenn er sich selbst als mäßigen Koch bezeichnete, zauberte er regelmäßig internationale Gerichte mit grenzenloser Leidenschaft.
Wahrscheinlich bin ich der einzige männliche Bulle,
Weitere Kostenlose Bücher