'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
umklammerte sie mit seinen affenartigen Armen. „Im Prinzip ging es dabei nur um eine Lappalie, kaum der Rede wert.“
„Wir würden es trotzdem gerne hören.“
„Also schön. Es war vor ungefähr drei Jahren, als ich eines Tages von meiner Arbeit nach Hause kam und sah, dass Meiers Mülltonne auf dem Bürgersteig umgekippt war. Das musste natürlich geändert werden. Also bin ich zu den Meiers gegangen, habe geklingelt und Herrn Meier gebeten, seine Mülltonne wieder aufzustellen, da der Dreck sonst unsere ganze Straße verpestet hätte.“
„Und was geschah dann?“, erkundigte Nora sich leicht verdutzt.
„Dann hat dieser unverschämte Kerl mir ins Gesicht gesagt, dass ich das selbst machen solle, wenn es mich so sehr aufregt. Können Sie sich das vorstellen?! Wie frech kann jemand sein? Das war wirklich die Höhe!“
Nora schluckte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. „Ihr jahrelanger Nachbarschaftsstreit resultierte also aus einer umgekippten Mülltonne?“
„So ist es. Denn selbstverständlich habe ich Meier daraufhin an den Kopf geworfen, dass sein Handeln unverantwortlich ist. Was ist das denn für ein Beispiel für unsere Jugend? Eine umgekippte Tonne verpestet doch die ganze Stadt! Wenn das jeder so machen würde, dann wäre bald unser ganzer Planet verseucht! Und wie sollen dann unsere nachfolgenden Generationen leben?!“
„Und wie ist es dann von der Mülltonne zu Ihrem ausufernden Streit gekommen?“
„Meier wollte seine Mülltonne partout nicht wieder ordnungsgemäß hinstellen. Also habe ich ihm deutlich gesagt, dass er einen Beitrag zur Vernichtung unseres Planeten leistet und somit eine Schande für die Gesellschaft ist.“
„Haben Sie genau diese Worte benutzt?“
„Selbstredend. Es war doch keine Beleidigung. Es war die Wahrheit. Dann brüllte er mich an, dass ich mich gefälligst um meinen eigenen Dreck scheren solle und ohnehin nur ein unbedeutender Busfahrer sei, der von der Welt keine Ahnung hätte.“
„Das war alles? Nur wegen einer Mülltonne?“
„Ja. Danach haben wir kein Wort mehr miteinander gewechselt.“
Thomas schüttelte den Kopf. „Sind Sie eigentlich verheiratet, Herr Holt?“
„Nein.“
„Haben Sie Kinder?“
„Nein, das wäre ja noch schöner!“
„Können Sie uns denn sagen, wo Sie sich gestern und vorgestern jeweils zwischen 19 und 20 Uhr aufgehalten haben?“
„Natürlich kann ich das. Ich war wie immer hier, saß gemütlich auf der Couch und sah fern.“
„War jemand bei Ihnen?“
„Nein. Ich sagte doch schon, dass ich mit meiner direkten Art die meisten Menschen vergraule.“
„Ja, und Sie scheinen in gewisser Weise auch stolz darauf zu sein“, merkte Thomas mit einem kritischen Unterton an.
„Ich habe zumindest keine Probleme damit. Nach wie vor kann ich guten Gewissens in den Spiegel schauen. Das ist das Wichtigste für mich.“
„Kennen Sie eigentlich Greta Baum?“, fragte Thomas dann überfallartig, wobei er Holts Reaktion genau beobachtete. Doch der Busfahrer wirkte lediglich für einen kurzen Moment verwirrt. Dann antwortete er: „Nein, dieser Name sagt mir nichts.“
„Und Denise Turm?“
„Denise Turm? Hm, irgendetwas klingelt da bei mir, aber ich bin mir nicht sicher.“ Er überlegte weiter. „Oh nein, ich dachte an eine Denise Wurms. Mit der war ich früher in der Schule. Das war vielleicht ein heißer Feger. Mann, Mann.“
„Alles klar“, seufzte Nora. „Eine Anna Kohlhaas kennen Sie dann ganz gewiss auch nicht, oder?“
„Nein. Ganz gewiss nicht.“
„Gut. Dann danken wir Ihnen für Ihre Auskünfte, Herr Holt.“
Nora und Thomas erhoben sich, reichten Holt die Hand und begaben sich wieder zur Haustür.
„Wir hätten allerdings noch eine Bitte an Sie. Es wäre in Ihrem Interesse, wenn Sie in den nächsten Tagen in unsere Direktion kämen, um sich dort Ihre Fingerabdrücke abnehmen zu lassen. Zudem müssten Sie uns eine Speichelprobe geben.“
Holt hob die Achseln und erwiderte: „Kein Problem. Falls ich Ihnen sonst noch auf irgendeine Weise behilflich sein kann, dann können Sie jederzeit vorbeikommen. Meine Tür steht immer für Sie offen. Ich habe nichts zu verbergen. Auf Wiedersehen.“ Mit diesem Gruß nickte Holt den beiden noch einmal zu und schloss dann die Tür hinter ihnen.
Während die Ermittler zu Noras Ford zurückgingen, sagteNora: „Was soll man davon halten? Wegen einer umgekippten Mülltonne entwickelte sich zwischen den
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