'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
einen Mann vor sich, der kaum noch etwas mit dem Menschen gemein hatte, den sie als respektablen Vorgesetzten gewohnt waren. Frederik war vollkommen blass, wirkte in seinem ganzen Verhalten apathisch und gab kaum ein Wort von sich.
„Sie hat mich verlassen“, gab er schließlich kund. Von seiner ansonsten so durchdringenden, autoritären Stimme war nichts mehr vorhanden. All seine Kraft war aus ihm gewichen. „Sie hat mich einfach von heute auf morgen verlassen.“
Nora und Thomas warfen sich fragende Blicke zu.
„Vor acht Tagen packte sie ihre Koffer und verschwand. Ohne mir ein Wort zu sagen. Ich bin verloren ohne sie. Wie konnte sie mir das antun? Weiß sie denn nicht, wie sehr ich sie liebe?“
Langsam fiel der Groschen bei den Ermittlern. Wenngleich Kortmann mit ihnen noch nie über seine zwei Jahre jüngere Ehefrau Christina gesprochen hatte, waren sie sich im Stillen darüber einig, dass ihr Vorgesetzter nur sie meinen konnte. Diejenige Frau, mit der er seit fast zwanzig Jahren glücklich verheiratet war. Das dachten Nora und Thomas zumindest.
„Ohne ein Wort der Erklärung. Einfach so.“
„Sprechen Sie von Ihrer Frau?“, vergewisserte Thomas sich, wobei er sich bemühte, so taktvoll und kontrolliert wie möglich zu sprechen.
Kortmann blickte zu Tommy auf. Lange Zeit sah er ihn stumm an. Thomas dachte schon, dass seine Frage unangemessen gewesen sein könnte, doch letztlich nickte Kortmann. „Ja. Ich habe sie seit acht Tagen nicht mehr gesehen. Ich habe keine Ahnung, wo sie steckt. Sie ist einfach abgehauen.“
Nora wusste nicht, was sie sagen sollte. Erst nach einer ganzen Zeit erwiderte sie zurückhaltend: „Das tut mir sehr leid.“
„Nein, mir tut es leid, wie ich mich Ihnen gegenüber in den letzten Tagen verhalten habe. Das war nicht professionell. Ich habe meine privaten Probleme mit zur Arbeit gebracht und sie an Ihnen ausgelassen. Das ist unverzeihlich.“
Verblüfft hob Nora ihre Brauen. Sie hätte niemals damit gerechnet, von Kortmann eine Entschuldigung zu hören.
„Ich wollte Sie daher wissen lassen, dass meine Starrheit in diesem Fall sehr dumm war“, fuhr er fort. „In meiner Position darf ich es mir nicht erlauben, persönliche Schwierigkeiten in die berufliche Urteilsfähigkeit einfließen zu lassen. Aber genau das habe ich getan. Das war ein großer Fehler. Mittlerweile bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass Sie mit Ihrer Vermutung bezüglich der Vorgehensweise des Täters richtig liegen könnten. Womöglich versucht der Kerl uns in die Irre zu leiten. Daher gebe ich Ihnen ab sofort grünes Licht, um offiziell in diese Richtung zu ermitteln.“
Nora verharrte sprachlos auf ihrem Stuhl. Auch Tommy wusste nicht, was er sagen sollte.
„Und ich möchte mich auch noch einmal in aller Deutlichkeit dafür entschuldigen, dass ich bei unserem letzten Gespräch die schlimme Situation mit Ihrem Lebenspartner erwähnt habe, Frau Feldt. Das werde ich nie wieder machen. Ehrenwort. Ich hoffe, dass Sie mir verzeihen können.“
Nora nickte. „Ist schon vergessen. Machen Sie sich darüber keinen Kopf. Wir alle haben wohl in den letzten Tagen und Wochen viele schlimme Dinge erlebt und stehen demzufolge unter starkem Druck. Da kann es schon mal passieren, dass man unüberlegt etwas von sich gibt, das man nicht so meint und schnell bereut.“
Ihr Vorgesetzter schloss die Augen. „Ich danke Ihnen. Ich danke Ihnen wirklich sehr, Frau Feldt. Sie sind eine bemerkenswerte Frau und Kollegin.“
Weil Nora noch nie gut mit Komplimenten umgehen konnte und diese von Kortmann nicht gewohnt war, sah sie etwas unsicher umher und wechselte dann das Thema: „Ich verstehe allerdings nicht, wieso der Mörder gestern Abend noch einmal zugeschlagen hat. Er hat sein Ziel mit Manfred Meiers Ermordung doch schon längst erreicht. Nichtsdestotrotz zieht er seine Blutspur weiter durch die Stadt.“
„Gewiss wollte er aus Sicherheitsgründen noch eine weitere Frau ermorden, damit wir auf keinen Fall auf die Idee kämen, dass er eigentlich nur Meier töten wollte“, sagte Thomas.
Nora nickte, wollte dann von Kortmann wissen: „Wie steht es denn eigentlich mit Bernd Sattler und Sven Holt? Haben die beiden sich schon ihre Fingerabdrücke abnehmen lassen und Speichelproben abgegeben?“
„Ja, sie waren vor etwa einer Stunde kurz nacheinander hier. Anscheinend lag ihnen sehr viel daran, ihre Unschuld so schnell wie möglich zu beweisen. Aber die Ergebnisse liegen mir noch nicht vor.“ Kortmann
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