'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
faltete seine Hände. „Die Kollegen haben inzwischen übrigens das Waldgebiet abgesucht, in dem Anna Kohlhaas und Manfred Meier ermordet wurden.“
„Haben sie dort Blutspritzer finden können?“
„Ja, sie konnten gestern Abend vor dem nächsten Schneefall tatsächlich die charakteristischen Spritzer eines Kopfschusses sowie eine kleine Lache finden. Und zwar auf der anderen Seite der Grasfläche - zwei Kilometer von Meiers Fundort entfernt. Eine Probe hat ergeben, dass die Blutgruppe dieser Spritzer mit der von Meier übereinstimmt.“
„Also wurde Meier weder im Wald noch auf der Grasfläche ermordet. Sondern auf seiner Trainingsroute.“
„So ist es. Der Mörder muss ihn über den Waldweg hinüber zu der Stelle geschleppt haben, wo wir ihn schließlich fanden. Denn auf der Grasfläche wurden keine Fußabdrücke entdeckt, die auf einen Weg quer über die Fläche hindeuten würden.“
„Der Täter ist klug, aber nicht klug genug“, sagte Nora. „Er wusste, dass er keine Fußabdrücke im Gras hinterlassen durfte, um mit Meier die Illusion eines angeblichen Zeugen aufrechterhalten zu können. Also machte er sich die Mühe des Umwegs über den Waldpfad. Aber er hat nicht damit gerechnet, dass wir das Blut auf der anderen Waldseite finden würden, weil er nicht ahnte, dass wir das Detail mit den fehlenden Blutspritzern entdecken könnten.“ Sie hielt kurz inne, fragte dann: „Haben die Kollegen auch das Experiment durchgeführt, um das ich gebeten hatte?“
„Ja, und Sie lagen goldrichtig: Der Klang des tödlichen Schusses drang nicht einmal bis zur nächstgelegenen Stelle des Waldweges vor.“
„Somit steht fest“, schlussfolgerte Nora, „dass Meier nicht ermordet wurde, weil er ein Mordzeuge war. Ganz im Gegenteil. Er ist das eigentliche Hauptopfer des Mörders. Aber dieser wollte uns weismachen, dass Meier nur ein nebensächlicher Faktor bei einem Serienmord sei. Ein Faktor, den er zwangsläufig zum Schweigen bringen musste. Er wollte unsere Aufmerksamkeit auf einen irren Serienmörder mit religiösen Motiven lenken, den es jedoch gar nicht gibt.“
„Ich kann das einfach nicht glauben. Das klingt mir zu fantastisch. Wie krank muss ein Mensch sein, um sich so einen Plan auszudenken?“ Kortmann wollte gerade fortfahren, als das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte. Gereizt griff er zum Hörer. „Ja? Hier Kortmann, was gibt es?“
Nora und Thomas sahen, wie sich die Miene ihres Vorgesetzten im Bruchteil einer Sekunde versteinerte. Sie wussten, dass dies nur eines bedeuten konnte: Ein weiterer Mord wurde verübt.
Als Kortmann nach wenigen Sekunden auflegte, blickte er die Ermittler fassungslos an. „Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Was hat das nun wieder zu bedeuten?“
„Was ist los? Was haben Sie erfahren?“
„Es gab einen weiteren Mord. Aber diesmal wurde nur ein Mann ermordet.“
„Um wen handelt es sich?“
„Der Mann heißt Hans Braun.“
„Wie bitte? Etwa einer der Pförtner von Fairtex ? Dieser Gemeinschaftskanzlei, bei der Bernd Sattler arbeitet?“
„Ja. Braun wurde vor wenigen Minuten ermordet in seiner Wohnung aufgefunden. Der Mörder hat ihm eiskalt die Kehle durchgeschnitten.“
„Dann sollten wir uns schnell auf den Weg -“
Die Titelmelodie von Beverly Hills Cop ließ Nora diesen Satz nicht vollenden. Die bekannte Melodie schallte plötzlich so laut durch den Raum, dass die Kommissarin verdutzt innehielt.
Tommy sah sie und Kortmann entschuldigend an. Dann holte er sein Handy aus der Hosentasche, dessen Klingelton schon seit zwei Jahren seinem Lieblingsfilm entstammte, und nahm den Anruf entgegen. „Ja, hier Korn?“ Kurz darauf legte er seine Stirn in Falten. „Wie bitte? Seid ihr ganz sicher? - Okay, danke. Dann werden Nora und ich sofort zu euch kommen. Bis gleich.“
Er beendete das Gespräch wieder und sah Nora an. „Das war Peter Kranz. Sein Team von der Kriminaltechnik hat etwas Ungewöhnliches an den Überwachungsbändern aus Sattlers Kanzlei festgestellt. Wir sollten uns das möglichst schnell ansehen.“ Er sah zu Kortmann. „Können Dorm und Vielbusch den Tatort bei Hans Braun übernehmen? Das würde wertvolle Zeit sparen.“
„Kein Problem. Ich werde die beiden sofort dorthin schicken.“
Thomas rieb seine Hände aneinander, ehe er sich an Nora wandte: „Also los, auf zu Kranz. Ich habe das Gefühl, dass wir in diesem Fall endlich auf eine entscheidende Spur stoßen.“
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Ohne kostbare Minuten zu verlieren, machten Nora und
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