'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
fällig.
Nach ihrer Dusche trocknete Nora sich ab und schlüpfte in ihre frischen Klamotten. Kurz darauf holte sie sich einen Fön aus dem Schrank und bugsierte den Stecker in die Steckdose. Doch gerade als sie den Fön einschalten wollte, hielt sie aus heiterem Himmel inne.
Komisch. Mir ist, als hätte ich gerade etwas Scheppern gehört.
Sie lauschte. Aber es passierte nichts. Kein Ton drang an ihre Ohren. In ihrem Haus war es seelenruhig.
Schließlich schüttelte sie den Kopf und schaltete den Fön ein.
Ich bin schon paranoid. Ich höre überall nur noch seltsame Geräu…
Im Nu schaltete Nora den Fön wieder aus und warf ihn ins Waschbecken. Dann hechtete sie zur Tür, die ins Schlafzimmer führte, und sah sich eilig um. Diesmal hatte sie ganz deutlich ein lautes Scheppern gehört. Und das war zweifellos im Haus ertönt.
Im Schlafzimmer war jedoch niemand. Alles wirkte unverändert. Dennoch rannte Nora zum Holster, in dem sie ihre Waffe aufbewahrte. Sie hatte es vor Beginn des Duschens sorglos auf das Bett geworfen und den Pullover darüber gelegt.
Mit einem großen Satz stand sie jetzt neben dem Bett und warf den Pullover beiseite. Dann starrte sie fassungslos auf das Holster.
Das kann doch nicht …!
Im nächsten Moment öffneten sich die Türen ihres Kleiderschranks.
41
Thomas hatte den alarmierenden Anruf um Punkt 21 Uhr erhalten. Postwendend hatte er seine Lieblingsserie Die Simpsons auf DVDausgeschaltet und war so schnell wie möglich in seinen Wagen gestiegen, um hinab nach Geismar zu fahren. Als er in die Straße Am Rischen einbiegen wollte, in der Nora seit fast zehn Jahren auf der ersten Kreuzung wohnte, wurde er durch ein Absperrband aufgehalten. Dieses war in einem großen Radius um Noras Grundstück gespannt. Es umfasste beinahe die gesamte Kreuzung.
Für Thomas war es eine Sache, dieses Band an einem Tatort zu sehen, dessen Opfer er nicht kannte. Doch nun war es anders. Diesmal war Nora betroffen. Dieser Umstand jagte ihm eine Heidenangst ein. Zudem plagte ihn eine ungeheuer tiefe Wut auf sich selbst. Immerhin war Sattler ihm vor wenigen Stunden entkommen. Und nun hatte dieser Irre Nora in seine Gewalt gebracht.
Tommy parkte seinen Wagen vor dem Absperrband und machte sich so schnell er konnte ein Bild von der gegenwärtigen Situation. Als Erstes sah er auf Noras Haus, das etwa zwanzig Meter von ihm entfernt stand. Sowohl das Satteldach als auch die Garage und der Vorgarten waren bereits mit einer ansehnlichen Schneeschicht bedeckt. Bei dem derzeitigen Schneefall würde sich diese Schicht in wenigen Stunden schon verdoppelt haben.
Obgleich Noras Haus aufgrund dieser weihnachtlichen Kulisse überaus friedfertig wirkte, wusste Thomas nur zu gut von der Tragödie, die sich im Inneren der vier Wände abspielte.
Schnell ließ er seinen Blick weiterwandern. Dabei entdeckte er mindestens dreißig schaulustige Nachbarn, die sich trotz des Schneegestöbers in dicken Jacken und Mänteln um das Absperrband tummelten. Beinahe die gesamte Nachbarschaft schien sich in dieser Abendstunde versammelt zu haben, um das Drama um Nora hautnah mitzuerleben.
Diese widerlichen, sensationsgierigen Affen! , schäumte Thomas vor Wut. Wie können die sich hier versammeln und auf das Haus glotzen?! Das ist unfassbar!
Zu Tommys Überraschung hatten sich sogar schon einige Journalisten eingefunden. Mehrere Kameras waren auf Noras Grundstück gerichtet. Von allen Seiten versuchten die Blutsauger einen Einblick in das Haus zu bekommen, dessen Rollladen allesamt heruntergelassen waren.
Wie konnten die Blutsauger so schnell von der Geiselnahme erfahren?!
Tommy wandte seinen Blick ab. Ginge es nach ihm, dann würde er jeden einzelnen Reporter auf der Stelle von hier verjagen. Aber solange die Journalisten die Polizeiarbeit nicht behinderten, lag das nicht in seiner oder Kortmanns Macht.
Dämliche Pressefreiheit!
Als Nächstes blickte Thomas zu den Streifenwagen, die östlich vom Absperrband standen. Viele seiner Kollegen hielten sich dort auf und unterhielten sich angeregt über die derzeitige Situation.
Nachdem Thomas sich diesen Überblick verschafft hatte, nahm er Kurs auf Kortmann, den er in der Nähe entdeckte. Er trat an den Schaulustigen vorbei und nickte dem Schwergewicht zu. Dann kam er gleich zur Sache: „Was gibt es Neues? Wie sieht es aus?“
„Verdammt düster.“
„Haben Sie Kontakt zu ihm?“
„Nicht den geringsten.“
„Nora hat also nur kurz in der Direktion angerufen?“
„So ist
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