'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

beschattet?“
    „Ja. Ich hatte aber nicht geplant, Sie in Gretas Wohnung niederzuschlagen. Doch das war meine einzige Chance, dort unerkannt wieder herauszukommen.“ Er seufzte. „Greta wusste natürlich nicht, dass ich Melanies Bruder war. Sie hatte mich nie zuvor gesehen oder gar kennengelernt.“
    „Sie sind Melanie Holdtkamps Bruder?“, hakte Thomas verblüfft nach.
    „Ja, aber als sie sich damals das Leben nahm, war ich beruflich in Übersee. Ich habe erst nach einer Woche davon erfahren. Und ich wusste sofort, warum es soweit gekommen war. Melanie hatte sich mir schon Wochen vorher anvertraut. Aber ich hatte die Situation unterschätzt. Ich hatte ihr lediglich gut zugeredet und ihr gesagt, dass alles wieder in Ordnung käme. Mir war nicht bewusst gewesen, wie schlimm es tatsächlich schon war. Und als sie dann Selbstmord beging und die Justiz nichts gegen die eigentlichen Mörder unternahm, musste ich das selbst in die Hand nehmen. Ich musste es machen.“ Trader lehnte sich zurück. „Ein Detail dieser Mordserie wissen Sie allerdings noch nicht. Eine Verbindung haben Sie noch nicht erkannt.“
    „Und welche wäre das?“
    „Bernd Sattler. Er ist nicht einfach irgendein Unschuldiger, den ich mir aus Gefälligkeit als Sündenbock ausgesucht habe. Er und Manfred Meier hatten häufig Streit, ja. Daher passte er in die Rolle von Meiers Mörder.Aber Sattler ist auch Melanies Freund gewesen. Ich hatte vor, alle Menschen, die Melanie in den Tod getrieben haben, für ihre unwissenden Taten zu bestrafen. Dazu wollte ich fünf von ihnen ermorden und dem sechsten, demjenigen, der in meinen Augen die Hauptschuld an Melanies Selbstmord trägt, die Taten anhängen und ihn somit ins Gefängnis bringen. Bernd Sattler hat Melanie nach ihrer zweijährigen Beziehung vor den Kopf geknallt, dass er eine Affäre mit Greta Baum führte und zudem sogar verheiratet war. Davon hatte Melli keine Ahnung. Sattler hat sie nur benutzt und dann von heute auf morgen wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen.Daran ist Melanie letztendlich zerbrochen. Dessen bin ich mir sicher. Also sollte er jahrelang im Gefängnis verrotten! Aber nun sieht es so aus, als würde Sattler weiterhin auf freiem Fuß bleiben, während ich in den Knast wandere. So viel zu Gerechtigkeit.“ Er schüttelte den Kopf. „So viel zu unserem tollen Justizsystem.“

Epilog
    Timo
    Als Nora um kurz nach 22 Uhr die Polizeidirektion verließ, atmete sie mehrmals tief durch. Momentan fiel kein neuer Schnee und die Luft war herrlich klar.
    „Wenn du mich fragst“, begann Tommy, der hinter ihr aus dem Gebäude trat, „dann habe ich von irren Mördern für die nächsten zehn Jahre genug. Gleich zwei solcher Typen innerhalb eines halben Jahres! Das reicht mir vollkommen. Darauf kann ich wirklich verzichten.“ Er zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch und rieb seine Hände aneinander. Dann sah er Nora schelmisch lächelnd an.
    „Was ist los? Warum siehst du mich so komisch an?“
    „Nun, wie war das jetzt eigentlich mit deiner Enttäuschung?“
    „Weil Sattler dir entkommen war?“
    „Genau. Ich finde, dass ich ein kleines Dankeschön verdient habe. Immerhin habe ich dich letztlich aus den Fängen dieses Kerls befreit.“
    „Aus Fängen, in die ich nicht geraten wäre, wenn du ihn erst gar nicht hättest entwischen lassen.“
    Thomas dachte nach. Dann zog er seine Lippen an die Zähne und zischte leise: „Stimmt.“
    „Wie dem auch sei. Die Ereignisse der vergangenen Monate reichen auf jeden Fall für die nächsten paar Jahre aus. Nun hoffe ich nur noch, dass Timo endlich wieder aufwacht. Das ist alles, was ich mir jetzt noch wünsche.“
    Tommy legte ihr freundschaftlich den Arm um die Schulter. „Ich bin mir sicher, dass er schon bald wieder die Augen öffnet. Du musst ihn mit -“
    Das Klingeln von Noras Handy ließ ihn abrupt verstummen. Er nahm den Arm wieder von ihrer Schulter und beobachtete, wie sie hektisch in ihre Manteltasche griff, um ihr Mobiltelefon herauszuziehen. „Ja? Hier Feldt. - Hallo, Doktor Fischer. Was ist mit Timo? Was hat -“ Sie lauschte der Stimme am anderen Ende der Leitung.
    „Ich verstehe.“ Ihr Atem begann zu zittern. Ihre Augen wurden glasig. Dann stammelte sie: „Danke, Doktor. Auf … auf Wiederhören.“
    Tommy sah seine Kollegin an. „Und? Was hat der Arzt gesagt? Ist Timo wieder aufgewacht?“
    Nora steckte ihr Handy zurück in ihre Manteltasche und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Im nächsten Moment fiel