'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
absolut sicher ist, jede Eventualität bedacht zu haben. Dabei lassen die Opfer, deren Wunden, die Vorgehensweise des Gesuchten und meine langjährige Erfahrung darauf schließen, dass es sich um einen erwachsenen Mann zwischen 20 und 40 Jahren handelt.“
„Das bringt uns noch nicht sonderlich weiter“, merkte Tommy ebenso ungeduldig wie zänkisch an.
Wolf fuhr unbeirrt fort: „Die Entführung von Julia passt deshalb so gut in das Täterbild, weil er sich auf diese Weise immer näher an sein Hauptziel heranwagt. Und dieses Ziel war, ist und bleibt Jasmin Hausmann. Er hat ihr die Person genommen, mit der sie am Engsten in Kontakt stand. Sie können es sich wie ein Schachspiel vorstellen. Der Mörder tastet sich langsam zur Königin vor, indem er alle Figuren, die ihm auf dem Weg dorthin in die Quere kommen, beiseite schafft. Und da Julia Bartel bestimmt sehr gut über Jasmins Geheimnisse und Gefühle Bescheid weiß, hat er ihr mit Julia eine der wichtigsten Bezugspersonen genommen. Daher steht für mich außer Frage, dass der Mörder sie seine unmittelbare Nähe spüren lassen möchte. Er will sie in Angst versetzen und zehrt von ihrer Panik. Es verschafft ihm Freude, sie derart verängstigt zu sehen.“
„Hören Sie“, meldete Tommy sich aufbrausend zu Wort. „Ich pfeife auf Ihren ganzen verfluchten Psychologenmist! Ich will jetzt auf der Stelle wissen, wie wir den Irren aufhalten können, bevor er noch weiteren Mädchen das Leben nimmt! Also verschonen Sie uns gefälligst mit Ihrem nichtsnutzigen, selbstgefälligen Gefasel, Sie aufgeblasener Wichtigtuer, und geben Sie uns endlich einen hilfreichen Tipp! Und zwar schnell, verstanden?!“
Von Tommys Wutausbruch völlig überrumpelt, sah Nora ihn fassungslos an. Auch seine übrigen Kollegen bedachten ihn mit ungläubigen Blicken. Derart aus der Haut gefahren war er noch nie. Eigentlich war gerade er derjenige, der niemals Nerven zeigte. Aber offensichtlich setzte ihm der Fall noch weitaus mehr zu, als Nora schon in seinem Büro befürchtet hatte.
Wutentbrannt starrte er Wolf an. Doch der BKA-Beamte ließ sich von der Attacke nicht aus der Fassung bringen. Ruhig und gelassen entgegnete er: „Ich wollte Ihnen soeben einen hilfreichen Hinweis geben. Wenn Sie mich nur ein einziges Mal ausreden ließen, dann würden wirsehr viel Zeit sparen, Herr Kriminalhauptkommissar .“
Thomas trat seinen Stuhl zurück gegen die Wand. „Ich zeige Ihnen gleich, wie viel Zeit wir -“
„Reiß dich zusammen, Tommy!“, forderte Nora ihn auf, ehe er etwas von sich geben konnte, das er später bereute. Auch von Kortmann wurde er unmissverständlich gemaßregelt: „Beruhigen Sie sich gefälligst, Korn! Lassen Sie Herrn Wolf aussprechen. Sonst muss ich Sie von dieser Besprechung ausschließen, haben Sie verstanden?!“
Tommy sah erbost in die Runde. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Jeder wunderte sich über seinen Aussetzer.
„Bin ich denn der Einzige, der den Mörder so schnell wie möglich schnappen will?“
„Ganz sicher nicht“, antwortete Nora. „Wir alle wollen den Täter fassen. Und zwar besser gestern als heute. Aber es bringt überhaupt nichts, uns gegenseitig anzufahren. Also komm wieder runter, okay?“
„Ich … ich kann nicht …“, begann Thomas, ließ sich dann aber in seinen Stuhl zurücksinken. Schließlich blickte er von Kortmann zu seinen Kollegen und sagte nach einer kurzen Phase der Besinnung: „Na schön. Es tut mir leid. Es war nicht meine Absicht, derart auszurasten. Entschuldigt“, fügte er kleinlaut hinzu und hob die Arme, als Zeichen, dass er sich im Folgenden zusammenreißen würde.
„Schön, wo war ich denn jetzt?“, fragte Wolf nach kurzer Zeit. „Ach ja, der Hinweis. Ich bin aufgrund seiner bisherigen Vorgehensweise davon überzeugt, dass der Täter sehr bald bei Jasmin zuschlagen wird. Das ist ein positives Zeichen, denn die Schülerin ist nach meinem Informationsstand so gut geschützt, dass er unter keinen Umständen an sie herankommen kann. Aber so wie ich ihn einschätze, wird er es trotzdem mit allen Mitteln versuchen. Gewiss hat er auch diesmal einen gut durchdachten Plan, den er ausprobieren will. Komme, was wolle. Genau das ist der entscheidende Punkt.“ Sein Blick wanderte zu Kortmann. „Sie müssen nur noch warten, bis er Ihnen vor Ort in die Arme läuft.“
„Das ist Ihr Tipp?!“, schnaufte Tommy. „Darauf wären wir auch selbst -!“
Kortmann sprach schnell dazwischen: „Das klingt zwar sehr verlockend,
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