'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Ausfallschritt trat sie auf die geöffnete Tür der Waschküche zu. Ihr Blutdruck stieg parabelförmig an, als sie herumfuhr und die Waffe in den dunklen Raum hineinstreckte.
Ist er dort? Nora schaltete das Licht an und spannte den Finger um den Abzug der Waffe. Eine Waschmaschine stand vor ihr an der Wand. Daneben befand sich eine Kommode. Dieser gegenüber stand ein Holzschrank, der vom Boden bis hinauf zur Decke reichte. Einige Rohre ragten kreuz und quer durch das Zimmer und verschwanden in unterschiedlichen Höhen in den Wänden. Mehr gab es nicht zu sehen. In diesem Loch konnte sich unmöglich jemand versteckt halten.
Während ein modriger Geruch in Noras Nase stieg, schlich sie vorsichtig zurück zur Tür. Sie lugte um die Ecke und huschte wieder hinaus auf den Flur.
Geräuschlos näherte sie sich der zweiten Tür, wobei ihr mit jedem Schritt mulmiger zumute wurde. Jeden Moment konnte der Wahnsinnige aus einem der Räume springen und sie eiskalt über den Haufen schießen. Vor diesem Szenario graute ihr am Meisten, als sie vor der zweiten Tür stehen blieb.
Alles oder nichts!
Ihr Mut verlieh ihr neue Kraft. Sie trat die angelehnte Tür auf, die mit einem Krachen gegen die Wand knallte, und sprang vor. Dort! Ist er das?! Sie hechtete zur Seite und knipste die Beleuchtung an. Dann flitzte sie in den Raum hinein. Doch schon im nächsten Augenblick bereute sie diese Aktion. Denn hier hatte sie keine Deckung mehr. Fortan war sie von jeder Seite eine leichte Beute.
Ihr Blick flog durch das Zimmer. Zwei Schränke, beide verschlossen, drei Regale mit Einmachgläsern, ein Holztisch, sonst nichts. Kein Versteck, kein Hinterhalt, kein Einbrecher.
Sicher!
Im Entenmarsch schlich Nora zurück zur Tür und bündelte ihre Energie wie ein Laserstrahl. Dann schob sie zaudernd ihren Kopf um die Ecke.
Der Flur ist leer. A uf zu Runde drei!
Wenige Sekunden später stellte sie sich vor den dritten Kellerraum, holte aus und trat so kräftig gegen die Tür, dass diese schwungvoll aufflog. Allerdings nur bis zur Hälfte. Etwas stand dahinter. Umgehend zielte die Kommissarin auf die Tür.
Hältst du dich hier drin versteckt? Zeig dich! Los!
In dem Raum war es stockfinster, weshalb Nora mit der linken Hand um die Ecke tastete, um den Lichtschalter an der Wand zu suchen. Dann drückte sie auf diesen drauf, preschte in den Raum hinein und ging wieder in die Hocke . Alle Muskeln angespannt, richtete sie ihre Waffe hinter die Tür.
„Polizei, keine Beweg…!“
Nichts. Auch dieser Kellerraum war leer. Hinter der Tür stand lediglich ein alter Holzstuhl, gegen den die Tür geprallt war.
Enttäuscht sackte Nora zusammen. Lange könnte sie diesem psychischen Druck nicht mehr standhalten. Weller machte sie wütend, u nd sie lief Gefahr, aufgrund ihrer inneren Unruhe langsam aber sicher die Umsicht zu verlieren.
Bleiben noch zwei Räume übrig. Du entkommst mir nicht. Deine Zeit ist abgelaufen, du elender Mistke…!
Plötzlich ertönte ein Knall. Nora ging wieder in die Hocke und drehte sich um. Doch der Raum war nach wie vor leer. Niemand war gekommen. Niemand hatte sich gezeigt. Hatte sie sich verhört?
Nein. Denn jetzt vernahm sie wilde Schreie. „Hilfe! Helft mir!“, kreischte jemand wie verrückt. Aber es kam nicht aus dem Keller. Es kam von oben. Von einer Frau.
Von Anna.
Wie der Blitz raste Nora aus dem Zimmer. War Weller etwa die ganze Zeit oben gewesen? Hatte er sich dort versteckt gehalten?! Hatte er sie mit der Erdespur wie eine blutige Anfängerin in die Irre geführt? So zügig sie konnte, spurtete Nora durch den Kellerflur. Derweil hallte ein nächster Hilferuf durch das Haus. Ein erbärmliches Gurgeln folgte. Dann ein Knall.
Schneller, Nora! Beeil dich!
Noch drei Meter, zwei Meter, ein Meter. Dann noch die Treppe. Das nahm zu viel Zeit in Anspruch. Nora spürte, dass es zu lange dauerte. Sie würde zu spät kommen. Sie würde versagen. Auf ganzer Linie.
Noch sechs Stufen, fünf Stufen, vier ...!
Sie drosselte ihr Tempo und hielt sich geduckt, als sie in die Sichtweite des Flurs kam. Dann spähte sie über den Kellerrand und versuchte ihren Atem zu dämpfen.
Wo bleibt der verdammte Krankenwagen?! Wann kommt endlich die Verstärkung?!
Im selben Moment sah sie Anna und Jasmin. Beide lagen reglos im Flur. In zwei großen Blutlachen. Mit durchtrennten Kehlen.
Nora wurde schwindelig. Sie taumelte. „Herr Bruns? Wo sind -?“ Sie hatte ihre Frage noch nicht zu Ende gestellt, da wirbelten wie aus dem Nichts
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