'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
konservativen Kleidungsstil ablegen und sich ‚ihrem Alter gemäß kleiden’. Also zog sie immer häufiger Miniröcke an und benutzte sehr viel Make-up. Aufgrund dieser äußerlichen Verwandlung sei sie schließlich in das Beuteschema des Vergewaltigers geraten. Davon ist Bruns jedenfalls überzeugt.“
Während Kortmann interessiert zuhörte, ergriff Thomas wieder das Wort: „Weil die vier Mädchen juristisch aber nicht belangt wurden, gierte Bruns schon bald nach Rache. Der Tod seiner Tochter hat sein Leben vollkommen aus der Bahn geworfen. Er wurde regelrecht wahnsinnig vor Zorn.“
„Und deshalb ermordete er die Mädchen aus dieser Clique?“, fragte Kortmann bestürzt, wobei er sich an Viktor Wolfs Ausführungen erinnerte. Die Opfer aus Berlin mussten diejenigen Mädchen sein, deren Einträge der Fallanalytiker in der ViCLAS-Datenbank gefunden hatte.
Nora bejahte. „Jedoch ist Bruns an das vierte Mädchen aus der Clique nicht herangekommen. Die Polizei konnte Berta Kose rechtzeitig bewachen, weil sie mit den anderen Opfern eng befreundet war und somit als potenzielles nächstes Ziel des Mörders galt. Gleichwohl dachte Bruns, dass die Beamten sie nicht ewig beschützen könnten. Irgendwann hätten sie das Mädchen schon wieder aus den Augen gelassen, so hoffte er. Da die Kollegen den Täter aber weder identifizieren noch fassen konnten, brachten sie Berta ohne Bruns’ Kenntnis nach Hannover zu ihren Großeltern.“
„Notgedrungen wollte Bruns daraufhin seine Vergangenheit vergessen und ein neues Leben hier in Göttingen beginnen“, setzte Thomas wieder ein. „D och sein Hass ließ ihn nicht los. Er war besessen von dem Gedanken, das vierte Mädchen zu finden und zu töten, um die Ermordung seiner Tochter vollständig zu rächen. Also fasste er den Plan, hier eine zweite Mordserie zu beginnen und beide Serien einem Sündenbock anzuhängen. Dazu hat er Albert Weller die Ohren der aktuellen Opfer und die Fotos der Mädchenleichen aus Berlin untergeschoben. Denn er wusste, dass wir Berta Kose darüber informieren würden, dass der vermeintliche Mörder von damals nun tot ist und sie bedenkenlos nach Berlin zu ihren Freunden zurückkehren kann. Bruns hat also unsere Ermittlungsarbeit zu seinem Vorteil genutzt, um Berta nach Berlin zurückzulocken.“
„Und Anna und Jasmin hat er über Monate hinweg etwas vorgespielt?“, fragte Kortmann perplex. „Die ganze Zeit über empfand er nur Hass und Verachtung, während er den beiden vorgaukelte, dass alles in Ordnung sei und er sie liebte ?“
„Ich fürchte, so ist es“, seufzte Nora. „Letztlich haben seine Verachtung und sein Wahn aber so extreme Ausmaße angenommen, dass er auch die beiden reuelos getötet hat. Allerdings hatte er den Ablauf des betreffenden Abends exakt geplant: Der Anruf bei unserer Zentrale, die zerbrochene Terrassentür, die Erdespur im Wohnzimmer, einfach alles. Er wollte uns wie inkompetente Anfänger dastehen lassen und selbst als Held gelten, indem er Weller zur Strecke gebracht hat.“
Kortmann schwieg eine Weile. Dann hakte er bei seinen Kommissaren nach: „Wie hat er die Mordserie hier überhaupt begangen? Wie ist er an die Opfer herangekommen?“
„Nun“, räusperte Tommy sich, „nachdem er Anna Hausmann in einem Café kennengelernt und sie nach einigen weiteren Treffen von seinen ‚ehrlichen Absichten’ überzeugt hatte, lebte er sich rasch bei ihr und Jasmin ein. Kurz darauf hielt er bereits Ausschau nach potenziellen Opfern. Diese mussten sportlich und mit Jasmin bekannt sein, um erste Parallelen zu seinen damaligen Taten aufzuweisen. Er wählte aber bewusst nur Mädchen aus, die sich seiner Meinung nach zu aufreizend gekleidet haben und somit ähnlich aussahen wie die Mädels damals in Lenas Clique. Denn all diese ‚aufgetakelten Biester’ verachtete er seit Lenas Ermordung zutiefst. Er wollte diese Mädchen, die sich wohl für die schönsten auf der Welt hielten, auf entsetzliche Weise entstellen. Um sie größtmöglich zu demütigen, trennte er dem ersten die Ohren ab, schnitt dem zweiten die Augen aus und entfernte dem dritten sogar Augen und Ohren. Der Parallelität wegen wandte er dieselbe Vorgehensweise auch hier wieder an.“
Nora fuhr fort: „Zuerst hat er Laura Steffel aufgegriffen und sie zu meinem Nachbarhaus gebracht. Die Ziffern 1, 0 und 8 hat er dort absichtlich hinterlassen. Wir sollten herausfinden, dass diese Ziffern mit der damaligen Hausnummer der Koses übereinstimmen. Dasselbe gilt
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